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Hoyzer-Affäre vor 15 Jahren
Das Skandalspiel: Paderborn gegen den HSV

Vor 15 Jahren gewinnt der Regionalligist SC Paderborn im DFB-Pokal überraschend gegen den Hamburger SV. Später wird klar: Schiedsrichter Robert Hoyzer war gekauft - von der Wettmafia. Es wurde zu einem der größten Skandale des deutschen Fußballs. Die Opfer von damals haben dem Ex-Schiri bis heute nicht verziehen.

Von Mats Nickelsen | 01.04.2019
Hamburgs bosnischer Stürmer Sergej Barbarez (l) diskutiert nach dem zweiten Gegentreffer mit Schiedsrichter Robert Hoyzer. Fußball-Bundesligist Hamburger SV verliert am 21.08.2004 im Hermann-Löns-Stadion in Paderborn das DFB-Fußballpokalspiel der 1. Runde gegen den ostwestfälischen Regionalligisten SC Paderborn mit 2:4 und scheidet überraschend aus. | Verwendung weltweit
Vor 15 Jahren flog die Spielmanipulation des Schiedsrichters Robert Hoyzer auf. (picture-alliance / dpa/dpaweb)
Bastian Reinhardt sitzt in seinem Büro im Nachwuchsleistungszentrum des HSV und kramt ganz tief in den Erinnerungen.
"Jede Menge Frust"
Wir spielen dem Ex-Profi seine Aussage von damals vor. Direkt nach dem Spiel:
"Also, ich hab noch nie ein Spiel gegen einen Schiedsrichter verloren, das war heute das erste Mal. Also Hut ab, für meine Begriffe hat der Schiri heute das Spiel entschieden." Reaktion heute: "Anscheinend hatte ich heute schon ein ganz gutes Gefühl dafür, was da in dem Spiel abgeht."
Ein unvergessliches Spiel. Auch fast 15 Jahre später sind die Details noch sehr präsent.
"Anstoß in Paderborn. Nach einer halben Stunde führt der Favorit aus Hamburg! Bis dato lief alles wunderbar, dann wurd's kurios."
Schiedsrichter Robert Hoyzer hat einen Auftrag der Wettmafia - Paderborn muss dieses Spiel gewinnen. Später kehrt Hoyzer in einer ZDF-Dokumentation an den Tatort zurück:
"Es war ja nach dem 2:0 auch so gewesen, dass man dann auch handeln musste."
Schon während des Spiels verdächtig
"Ist es wirklich wahr, dass er Bescheid weiß?"
Ja, wusste er. Auch der Paderborner war von der Wettmafia gekauft.
Nach diesem ersten Elfmeter wird Bastian Reinhardt und seinen Hamburgern langsam klar: "Irgendwas läuft hier gegen uns."
"In der Halbzeit hat dann noch ein Mitspieler von uns gesagt - der hatte ein Gespräch mitgehört - der Schiedsrichter hätte irgendwas davon gesagt: mach dir keine Gedanken, ich mach das schon."
Schiri Hoyzer hat auch noch Glück. Er wird von HSV-Stürmer Mpenza beleidigt und kann ihm die Rote Karte geben. Paderborn ist wieder drin, dreht das Spiel führt, 3:2 kurz vor Schluss …
"Ja, da wollte er dann wahrscheinlich auf Nummer sicher gehen."
Von links kommt ein Ball in den Hamburger Strafraum …
HSV rutscht in die Krise
Der HSV ist raus. Ausgeschieden bei einem Regionalligisten.
"Ich kann mich noch erinnern an Szenen, wo wir von unseren eigenen Fans, erst am Zaun, dann später am Bus noch, beschimpft worden sind. Zu dem Zeitpunkt hat uns das sicher noch tiefer in die Krise geführt."
Fans, Medien und auch die HSV-Bosse wollen den Schiedsrichter nicht als Ausrede gelten lassen.
"Da machst du dich dann eher lächerlich. Und machst dich dann eher noch mehr angreifbar."
Eine schlechte Schiedsrichterleistung, sowas kommt vor.
Sportschau: "Robert Hoyzer, 24 Jahre alt, schwierige Angelegenheit für ihn heute."
Vier Monate aber später dann der große Knall. Hoyzer fliegt auf! Und sitzt bei Johannes B. Kerner in der Talkshow.
Kerner: "Was haben Sie nachdem Spiel in Paderborn gegen den HSV bekommen?"
Hoyzer: "Insgesamt 20.000 Euro … in bar."
Haft- und Geldstrafe für Hoyzer
Später muss der Schiedsrichter ins Gefängnis. Nach der Entlassung zieht er sich aus der Öffentlichkeit zurück, darf mit seiner Geschichte kein Geld verdienen - also zum Beispiel keine Biografie schreiben. Das ist Teil eines Vergleichs mit dem DFB. Robert Hoyzer zahlt 126.000 Euro an den Verband. In Raten - bis ins Jahr 2026.
"Wie man eine abstrebende Schiedsrichterkarriere so wegwirft für das schnelle Geld. Für mich ist es immer noch völlig unlogisch und ich kann es immer noch nicht nachvollziehen."
Hoyzer arbeitet heute in Berlin im Marketingbereich, er darf immerhin als Amateur wieder selbst Fußballspielen im DFB. Ex-HSV-Profi Bastian Reinhardt ist von Hoyzers Reue bis heute nicht wirklich überzeugt.
"Mir tut er auch nicht leid, muss ich sagen. Ich hätte es an seiner Stelle auch menschlich groß gefunden, wenn er auch hier mal nach Hamburg gekommen wäre und sich persönlich hier entschuldigt hätte. Das wäre eine Geste gewesen, da würde ich sagen: Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, jetzt können wir die Sache abhaken. Aber das hat er leider nie gemacht."