Montag, 29. April 2024

Humane Papillomviren
HPV-Impfung – Nie wieder Gebärmutterhalskrebs?

Humane Papillomviren (HPV) können Krebs verursachen, vor allem Gebärmutterhalskrebs. Mit einer HPV-Impfung könnte diese Krebsart eliminiert werden. Die Stiko empfiehlt sie bereits für Kinder ab neun Jahren. Doch noch immer sind zu wenige geimpft.

09.04.2024
    Ein Impfstoff wird in eine Spritze gezogen.
    HPV-Infektionen gehören zu den häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten. Das RKI empfiehlt daher eine HPV-Impfung bereits vor dem ersten sexuellen Kontakt. (picture alliance / dpa / Robin Utrecht)
    Seit Mitte der 2000er-Jahre gibt es eine Impfung, die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) bereits für Kinder empfohlen wird: Die HPV-Impfung kann Schutz vor Krebsarten wie Gebärmutterhals- oder Analkrebs bieten. Deutschland sind die Sterberaten bei diesen Krebsarten relativ hoch.

    Was sind HPV und für welche Krebsarten werden sie verantwortlich gemacht?

    Humane Papillomviren (HPV) sind winzige Partikel aus Erbmaterial und einer schützenden Hülle. Sie vermehren sich nur in lebenden Organismen - wie dem Menschen. Es gibt mehr als 200 verschiedene HPV-Typen. Die Niedrigrisikotypen können etwa Genital- oder Analwarzen verursachen, die Hochrisikotypen (wie die besonders gefährlichen HPV 16 und 18) können Krebs verursachen. Bei Frauen sind HPV fast zu 100 Prozent für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich. HPV können aber auch Tumore an anderen Stellen im Körper auslösen - zum Beispiel an Rachen, Kehlkopf, Scheide, Anus und Penis und somit sowohl Frauen als auch Männer infizieren.
    HPV-Infektionen gehören zu den weltweit häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen. Die Viren dringen dabei über kleine Verletzungen der Haut oder Schleimhaut ein - oft beim Vaginal- und Analverkehr. Gebärmutterhalskrebs entsteht oft über lange Zeiträume und tritt erst auf, wenn die Frauen schon älter sind. Die Ansteckung passiert oft schon bei den frühen Sexualkontakten, das Virus "schlummert" sozusagen 10 bis 15 Jahre im Körper. Deshalb wird die Impfung schon vor dem ersten Sexualkontakt empfohlen.

    Wie gefährlich ist Gebärmutterhalskrebs?

    Gebärmutterhalskrebs ist bei Frauen im Alter von 15 bis 44 Jahren nach Brustkrebs die zweithäufigste Krebserkrankung. Laut Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) erkranken jährlich etwa 4.600 Frauen in Deutschland neu an Gebärmutterhalskrebs.
    Etwa 2.300 Männer und Frauen sind von Analkrebs betroffen. Die Sterberaten für diese beiden Erkrankungen liegen mit gut 1.600 beziehungsweise über 600 Fällen pro Jahr hoch. Gebärmutterhals- und Analkrebs werden hauptsächlich durch HPV verursacht. Im Jahr 2020 starben laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit über 340.000 Frauen an Krebsarten, die durch HPV verursacht wurden.

    Löst jede HPV-Infektion auch Krebs aus?

    Nein. Fast jeder sexuell aktive Mensch infiziert sich mindestens einmal in seinem Leben mit HPV. Die meisten Infektionen verlaufen laut Angaben des RKI symptomlos.

    Warum soll gegen HPV an Schulen geimpft werden?

    Experten des RKI und der STIKO raten dazu, sich vor dem ersten Sexualkontakt impfen zu lassen, denn nach der Aufnahme von sexuellen Kontakten kommt es sehr schnell zu HPV-Infektionen: Studien bei Frauen zeigen, dass sich etwa 40 Prozent der Frauen in den ersten ein bis zwei Jahren danach infizieren.
    Im Schulalter werden die meisten Menschen sexuell aktiv. Den besten Schutz bietet die HPV-Impfung (meistens zwei Impfdosen) also für Kinder und Jugendliche im Alter von 9 bis 14 Jahren. "Manchen Eltern mag die Altersempfehlung für die HPV-Impfung ab 9 Jahren recht früh erscheinen. Hier muss man bedenken, dass HPV-Viren auch durch enge körperliche Kontakte, wie sie bei Kindern häufig erfolgen, und nicht nur durch Geschlechtsverkehr übertragen werden können", erklärt Norbert Brockmeyer, Präsident der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Sexuellen Gesundheit (DSTIG). Die Impfung kann bis zum Alter von 17 Jahren nachgeholt werden, auch nach Beginn der sexuellen Aktivität. 
    Europäische Länder mit Schulimpfprogrammen verzeichnen laut der Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V. (DDG) zudem die höchsten Impfraten. Norwegen und Island haben erfolgreich solche Programme durchgeführt, während vergleichbare Initiativen in Großbritannien, Spanien und Schweden zu Impfquoten von über 80 Prozent geführt haben.

    Können sich auch Erwachsene gegen HPV impfen lassen?

    Ja, eine offizielle Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission gibt es aber nicht. Ohne STIKO-Empfehlung übernehmen einige Krankenkassen die Kosten für die Impfung nicht.
    Die HPV-Impfung kann vor allem für diejenigen erwachsenen Frauen sinnvoll sein, die eine Konisation (Entfernung eines kegelförmiges Teils) wegen Zellveränderungen des Gebärmutterhalses benötigen. Studien deuten darauf hin, dass die Impfung das Risiko eines Rückfalls nach der Konisation um etwa 60 Prozent senken kann. Obwohl weitere Forschung erforderlich ist, empfehlen einige Fachleute bereits heute die Impfung in solchen Fällen.
    Regelmäßige Krebsvorsorgeuntersuchungen werden dennoch für Mädchen und Frauen empfohlen - auch nach erfolgter Impfung.

    Wie wirksam ist die Impfung?

    HPV-Impfstoffe schützen laut RKI zu nahezu 100 Prozent vor einer Infektion mit den in den Impfstoffen enthaltenen HPV-Typen. Das zeigen zwei große Studien aus Schweden und Großbritannien. Die Impfung mit den derzeit verfügbaren Impfstoffen schützt aber nicht gegen alle HPV-Typen, die potenziell zu Krebs führen können.
    Die Forschung hat auch ergeben, dass die HPV-Impfung zwar eine Herdenimmunität gegen die geimpften Hochrisikovarianten erzeugen kann, sie führt aber auch zu einer stärkeren Verbreitung der Varianten, gegen die nicht geimpft wurde.

    Welche Nebenwirkungen gibt es bei einer HPV-Impfung?

    Die HPV-Impfung hat sich seit ihrer Einführung im Jahr 2007 als äußerst sicher erwiesen. Die Verträglichkeit der Impfstoffe ist laut STIKO "hervorragend". Sowohl das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Deutschland als auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben dies durch regelmäßige Bewertungen von Sicherheitsdaten bestätigt. Seitdem wurden keine schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen gemeldet, die direkt mit der Impfung in Verbindung standen. Lokale Reaktionen an der Injektionsstelle wie Schwellung, Rötung und Schmerzen sind zwar häufig, aber vergleichbar mit anderen Impfungen und von vorübergehender Natur.
    In Bezug auf Todesfälle, die vor allem in Internetforen mit der HPV-Impfung in Verbindung gebracht wurden, führten Untersuchungen des PEI zu dem Schluss, dass kein ursächlicher Zusammenhang besteht.

    Wie hoch ist die Impfquote in Deutschland?

    In Deutschland wird die HPV-Impfung für Mädchen seit 2007 empfohlen, seit 2018 auch für Jungen. Doch noch immer sind zu wenige Kinder geimpft. Die Impfrate bei Mädchen unter 15 Jahren beträgt laut RKI bundesweit etwa 50 Prozent, bei Jungen dieses Alters etwa 27 Prozent. Deutschland hat somit noch einen langen Weg vor sich, um einen flächendeckenden Schutz vor HPV zu erreichen, der erst bei einer Durchimpfungsrate von mindestens 70 Prozent als gegeben gilt.
    Bis zum Jahr 2030 streben die WHO und die EU-Kommission an, eine Impfquote von mindestens 90 Prozent bei 15-jährigen Mädchen zu erreichen sowie eine deutliche Zunahme der Impfungen bei 15-jährigen Jungen. Forschende halten dieses Ziel für sinnvoll, aber unrealistisch. Sie weisen darauf hin, dass eine für die Herdenimmunität nötige Impfquote nur in Ländern mit Schulimpfprogrammen erreicht werden kann.
    * Anmerkung der Online-Redaktion: Wir haben den Teaser präzisiert.

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