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Olympia in Peking
Human Rights Watch rät Olympioniken zu schweigen

Zweieinhalb Wochen vor Beginn der Olympischen Winterspiele in Peking wird die Sorge um die Menschenrechtslage immer offensichtlicher. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch berichtet, gibt Ratschläge und wird dabei deutlich.

Von Andrea Schültke | 18.01.2022
Das Logo der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking
Am 4. Februar starten die Olympischen Spiele in China. Kritik ist unerwünscht. (imago / Imaginechina)
Die Situation ist besorgniserregend. Den allgemeinen Tenor der Veranstaltung brachte Rob Köhler auf den Punkt:
"Mach deinen Wettkampf, fahre heim und sag dort deine Meinung", empfahl der Generalsekretär der internationalen Athletenvertretung „Global Athletes“ allen Sportlerinnen und Sportlern, die in Peking an den Start gehen.
Eine traurige Aussage, aber das Risiko, von den chinesischen Behörden drangsaliert zu werden sei einfach zu groß. Etwa wenn Athletinnen und Athleten vor Ort Kritik äußern würden, zum Beispiel zur Situation der Uiguren in den Lagern in Xinjiang. Wer frei seine Meinung äußern wolle, sei in Gefahr. In diesem Punkt waren sich alle Teilnehmenden der Human Rights Watch Konferenz einig.
Angst um Teammitglieder
Er habe Angst um seine Teamkolleginnen und -kollegen, sagte der ehemalige nordische Skisportler Noah Hoffmann, zweimaliger Olympiateilnehmer für die USA. Es ärgere ihn, dass Athleten in die Lage gebracht wurden, nach Peking fahren zu müssen, weil die Spiele dorthin vergeben worden seien. Wir haben keine Wahl, sagte Hoffmann. Eine internationale Karriere ohne Olympiateilnahme sei unmöglich.
Die US-Olympiaathleten seien von der Regierung davor gewarnt worden, persönliche elektronische Geräte mitzunehmen - aus Angst vor Spionage.
Sicherheitslücken bei Olympia-App  
Ein Beispiel: die Olympia-App. Alle Teilnehmenden in Peking müssen sie auf ihr Mobilgerät laden, unter anderem zur Corona-Kontaktnachverfolgung. Gerade wurde bekannt, dass es bei der App erhebliche Sicherheitslücken geben soll, mit denen Nutzerinnen und Nutzer ausgespäht werden könnten.
Der ehemalige australische Fußballnationalspieler und Menschenrechtsaktivist Craig Foster sieht das Internationale Olympische Komitee und seinen deutschen Präsidenten Thomas Bach in der Pflicht. Er müsse die Verantwortung übernehmen, für die Sicherheit von Athletinnen und Athleten, denn das IOC habe die Spiele nach Peking vergeben:
"Das IOC ist für die Athleten verantwortlich, sie befinden sich während der Spiele unter seiner Obhut"
IOC-Präsident Bach verantwortlich
Auch Maximilian Klein vertritt diese Ansicht. Der sportpolitische Vertreter des unabhängigen Vereins „Athleten Deutschland“ erklärte, das IOC müsse sich klar zur Einhaltung von Menschenrechten positionieren, die Rechte von Athletinnen und Athleten ins Zentrum stellen.
"Bisher ist kein Handeln erkennbar, mit dem das IOC verlorenes Vertrauen wiederherstellen könnte", so Klein.
Richard Pound.
Richard Pound.
Pound: "Das IOC hat keine Rolle dabei zu spielen, Politik zu verändern"
Immer mehr Länder verkünden einen diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele 2022 in China. IOC-Funktionär Richard Pound verteidigt das Gastgeberland im Dlf. China sei ein geeigneter Kandidat gewesen, sagte er. Von den Menschenrechtsverletzungen im Land wisse er nichts.
Die Menschrechtslage im Land habe sich seit den Olympischen Sommerspielen vor 14 Jahren dramatisch verschlechtert, so die Chinaexpertin Yaqui Wang. Die Regierung würde Athleten und auch Bürger überwachen. Selbst wer etwas zu Corona poste, müsse mit Restriktionen rechnen.
Für sie ist der Fall der verschwundenen Tennisspielerin Peng Shuai symptomatisch für den Druck, den die Regierung auf Kritikerinnen und Kritiker ausübt.
Minky Worden von Human Rights Watch warf der chinesischen Regierung “sportswashing“ vor. Die Regierung benutze die Olympischen Spiele, um ihre repressive Politik zu kaschieren und zu legitimieren.