Neues Kapitel im Sommermärchen-Prozess
24-Millionen-Euro-Klage gegen Ex-Präsident Zwanziger

Der Deutsche Fußball-Bund hat Klage gegen Ex-Präsident Theo Zwanziger eingereicht, es geht um mögliche Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe. Was dahinter steckt und was dies mit dem Sommermärchen-Prozess zu tun hat - ein Überblick.

Der frühere DFB-Vorsitzende und Angeklagte im Sommermärchen-Prozess Theo Zwanziger
Neues Kapitel im Sommermärchen-Prozess - Schadensersatzklage des DFB gegen Ex-Präsident Zwanziger (picture alliance/dpa/dpa Pool | Andreas Arnold)
Worum geht es bei der neuen Klage gegen Zwanziger?
Welche Rolle spielt der Sommermärchen-Prozess?
Warum jetzt die Klage gegen Zwanziger?
Wie geht es weiter im Sommermärchen-Prozess?

DFB-Klage auf Schadensersatz gegen Zwanziger

Wie der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger am Mittwoch (29.01.2025) gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigte, hat der DFB beim Landgericht Frankfurt eine Schadensersatzklage über einen Streitwert von 24 Millionen Euro eingereicht.
Zuvor hatte die "Süddeutsche Zeitung" exklusiv berichtet. Die Klage steht im engen Zusammenhang mit dem Sommermärchen-Prozess, der seit knapp elf Monaten ebenfalls am Frankfurter Landgericht gegen frühere DFB-Spitzenfunktionäre läuft, unter ihnen auch Zwanziger, DFB-Vorsitzender von 2006 bis 2012.

Nächste Runde im Sommermärchen-Prozess um WM 2006

Im Mittelpunkt steht dabei eine Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro, die im Jahr 2005 vom deutschen WM-Organisationskomitee, besetzt mit damaligen DFB-Spitzenfunktionären unter dem Vorsitz von Franz Beckenbauer, über die FIFA mutmaßlich an den früheren "adidas"-Chef Robert Louis-Dreyfus überwiesen wurde.
Exakt diese Summe war im Jahr 2002 offenkundig in Form von Vorleistungen von Beckenbauer und Louis-Dreyfus an den früheren FIFA-Funktionär Mohamed bin Hammam nach Katar geflossen. Bin Hammam saß seit 1996 im Exekutitvkomitee der FIFA, während der Zeit, als die Weltmeisterschaft nach Deutschland vergeben wurde.
Zu welchem Zweck die ominöse Millionenzahlung vom deutschen WM-OK an FIFA-Spitzenfunktionär Bin Hammam ging, konnte bislang nicht aufgeklärt werden. Beim Sommermärchen-Prozess am Frankfurter Landgericht geht es auch nicht um die Frage möglicher Bestechung rund um die WM-Vergabe, sondern um den Vorwurf der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall. Der DFB, so der Vorwurf, soll die Zahlung der 6,7 Millionen Euro an die FIFA unberechtigt als Betriebsausgabe deklariert und dadurch Steuern in Millionenhöhe hinterzogen haben.
Bei der Schadensersatz-Klage, die der DFB nun gegen seinen früheren Präsidenten Zwanziger eingereicht hat, geht es im Kern um die finanziellen Schäden, die dem Verband im Laufe der juristischen Aufarbeitung der Sommermärchen-Affäre bereits entstanden sind oder noch entstehen könnten. Und um die Frage, inwieweit Ex-Präsident Zwanziger dafür verantwortlich gemacht werden kann.
Im Zuge des laufenden Verfahrens in Frankfurt war dem DFB bereits rückwirkend für das Jahr 2006 der Status der Gemeinnützigkeit aberkannt worden, daraus resultierte eine Steuernachzahlung von 22 Millionen Euro.

DFB klagt gegen Zwanziger - warum jetzt?

Die Frage nach einem möglichem Schadensersatzanspruch durch den DFB gegen seine ehemaligen Spitzenfunktionäre begleitet den Sommermärchen-Prozess schon von Beginn an. Theo Zwanziger ist wiederum der einzige verbliebene Angeklagte vor dem Landgericht Frankfurt. Das Verfahren gegen Wolfgang Niersbach, der DFB-Präsident im Jahr 2015 war, als der Skandal um die WM 2006 publik wurde, ist gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden. Der ebenfalls angeklagte, damalige Generalsekretär Horst R. Schmidt war zuletzt aus gesundheitlichen Gründen nicht verhandlungsfähig.
Unabhängig davon hatten alle drei Angeklagten in dem Verfahren sogenannte Verjährungsverzichtserklärungen abgegeben. Dies sollte sicherstellen, dass der DFB auch weiterhin Anspruch auf Schadensersatz erheben könnte, obwohl es um Vorgänge geht, die schon fast zwei Jahrzehnte zurückliegen. Der DFB hatte bereits 2017 mögliche Schadensersatzansprüche gegen seine früheren Top-Funktionäre hinterlegt.
Zwanziger hat allerdings für das Jahr 2025 keine Verjährungsverzichtserklärung abgegeben. Aus diesem Grund hat der DFB nun eine Klage auf Schadensersatz eingereicht, um sich für den Fall einer Verurteilung im laufenden Steuerverfahren rechtlich abzusichern, wie der Verband auf Anfrage der "Süddeutschen Zeitung" angab.
Ein kurioser Aspekt dabei ist, dass der DFB und Zwanziger in dem Verfahren bislang auf einer Seite standen. Zwanziger beteuerte vor Gericht in Frankfurt immer seine Unschuld. Er gab an, von der ominösen 6,7-Millionen-Zahlung keine Kenntnis gehabt zu haben. Buchungstechnisch habe er im Nachhinein nichts Fragwürdiges gesehen. Damit teilt Zwanziger im Kern die Aufassung des DFB, der immer betonte, dass die damalige Zahlung an die FIFA korrekt als Betriebsausgabe deklariert worden sei.
Aus diesem Grund hat der DFB auch vor dem Finanzgericht in Kassel geklagt, um sich die aus seiner Sicht ungerechtfertigte Steuernachzahlung in Höhe von 22 Millionen Euro zurückzuholen. Die Schadensersatzklage gegen Zwanziger mutet vor diesem Hintergrund seltsam an, nachdem der DFB ja in einem anderen Verfahren behauptet, dass dieser Schaden niemals entstanden ist. Dies lässt sich wohl nur so erklären, dass sich der Verband mit der Klage gegen Zwanziger rechtlich für alle Eventualitäten absichern möchte.

Schadensersatz-Klage gegen Zwanziger - wie geht es weiter?

Wann es zu einer möglichen Verhandlung über die Schadensersatz-Frage kommt, ist nach Angaben des Frankfurter Gerichts gegenüber der Süddeutschen Zeitung noch völlig unklar. Das Gericht hat Zwanziger zunächst eine Frist für eine Stellungnahme gesetzt. Zwanzigers Anwalt Hans-Jörg Metz reagierte gelassen auf die Klage: "Wir sind seit Jahren mit dem DFB im Gespräch, um eine einheitliche Bewertung der Haftungsfrage zu erzielen, dies nicht zuletzt auf der Grundlage der vom DFB selbst in Auftrag gegebenen Gutachten, die sich zur Haftungsfrage sehr kritisch geäußert haben."
Bei einem Schadensersatz-Prozess könnte es auch um die Frage gehen, ob der frühere DFB-Vorsitzende Zwanziger im Falle einer Verurteilung persönlich haften muss. In der Regel werden, vor allem bei großen Verbänden wie dem DFB, Versicherungen abgeschlossen, die bei Pflichtverletzungen von Führungspersonen die Kosten übernehmen.
Der Sommermärchen-Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt. Sollte Zwanziger am Ende vom Vorwurf der Steuerhinterziehung freigesprochen werden, dann hätten sich auch mögliche Ansprüche auf Schadensersatz an die Adresse Zwanzigers erledigt. Und der DFB hätte wohl gute Chancen, sich seine Steuernachzahlung vor dem Finanzgericht zurückzuholen.
Quellen: rs, mix, Süddeutsche Zeitung, Sportschau, dpa, sid