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Hut ab vor dieser großen Geste!

Gestern Abend erschütterte die Meldung vom tragischen Freitod des Hannoveraner Nationalspielers Robert Enke nicht nur die fußballinteressierte Öffentlichkeit.

Von Peter C. Fischer |
    Heute Nachmittag versetzte die Ankündigung von DFB-Präsident Theo Zwanziger, das Fußball-Freundschafts-Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft am kommenden Samstag in Köln gegen Chile abzusagen, in Erstaunen.

    Diese Entscheidung, so Zwanziger, sei nach intensiven Gesprächen mit Spielern und Trainerrat absolut alternativlos gewesen. Da kann man eigentlich nur voller Achtung ausrufen: Hut ab vor dieser großen Geste! Der Fußball - noch dazu auf professioneller Ebene - ist offensichtlich nicht nur Showbusiness und Kommerz. Noch nie hat es in der langen Länderspielgeschichte des DFB eine Entscheidung von ähnlicher Tragweite gegeben. Nachdem beim größten Sportfachverband der Welt, wie im Übrigen auch bei Sport- und Fußballfans sowie der breiten Öffentlichkeit, Fassungslosigkeit, gepaart mit Hilflosigkeit um sich gegriffen hat, kommt dieser bemerkenswerte Entschluss zur rechten Zeit. Die Spieler wären einfach nicht in der Lage gewesen, sofort zur Tagesordnung überzugehen und sich mit einer gewissen Spielfreude und der nötigen Konzentration auf dem Platz zu bewegen.

    Der 32-jährige Nationaltorwart litt seit dem Jahre 2003 unter starken Depressionen, die schließlich zu seinem Selbstmord führten. Es wäre gut und wünschenswert, wenn der DFB dieses tragische Ereignis zum Anlass nehmen würde, mit solchen Tabuthemen, ähnlich wie der Homosexualität, offensiver umgehen würde und an der Problemlösung mitarbeiten könnte.

    In diesen Minuten nimmt der komplette Trainerstab, Manager Bierhoff, Mannschaftskapitän Ballack und Präsident Zwanziger in Hannover an einem Gedenkgottesdienst für Robert Enke teil. Am Sonntag trifft sich dann das gesamte Team wiederum in der niedersächsischen Hauptstadt, um an einer Trauerfeier für den achtmaligen Nationalspieler beizuwohnen. Danach beginnen die Vorbereitungen für das Länderspiel am kommenden Mittwoch in Gelsenkirchen gegen die Elfenbeinküste und auch dann wird es mit Sicherheit nicht heißen: "Business as usual".