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Hygiene hilft

Das Bundesamt für Risikobewertung rät dazu, Obst und Gemüse vor dem Verzehr gründlich zu waschen. Wenn möglich - wie bei Äpfeln oder Möhren - sollte auch die Schale entfernt werden. Vor der Zubereitung sollte man zusätzlich die Hände gründlich reinigen, empfiehlt Risikoforscherin Gaby-Fleur Böl.

Gaby-Fleur Böl im Gespräch mit Jule Reimer | 24.05.2011
    Jule Reimer: E-Coli-Bakterien gehören zu den normalen Bewohnern unserer Darmflora. Es gibt sie aber auch in einer gefährlichen Variante, die unter der Bezeichnung EHEC-Bakterien firmiert. Nutztiere wie Schafe, Rinder und Ziegen können diesen Erreger in sich tragen, ohne dass sie selbst erkranken. Seit einigen Wochen werden vor allem aus Norddeutschland EHEC-Infektionen und –Verdachtsfälle gemeldet. Normal sind 900 Infektionen pro Jahr, derzeit gibt es 100 gemeldete Fälle in wenigen Wochen. Kein Grund zur Panik, aber die Gesundheitsbehörden sind deshalb etwas wachsamer. Am Telefon in Berlin begrüße ich Dr. Gaby-Fleur Böl vom Bundesamt für Risikobewertung. Frau Dr. Böl, wie gefährlich ist denn so eine EHEC-Infektion?

    Gaby-Fleur Böl: EHEC-Bakterien können generell leichte bis schwere blutige Durchfallerkrankungen verursachen und in Einzelfällen kann es zu schwereren Krankheitsverläufen kommen und auch zu Nierenversagen. Das ist typischerweise der Fall bei kleinen Kindern.

    Reimer: Sind ältere Menschen gefährdet?

    Böl: Ältere Menschen sind auch gefährdet, aber momentan die Verdachtsfälle, die wir haben, und auch die gemeldeten Fälle betreffen vorwiegend Erwachsene, also nicht Kinder und nicht ältere Personen. Das ist eher eigentlich etwas untypisch.

    Reimer: Wie kommt denn normalerweise der EHEC-Erreger ins Tier und dann in den Menschen?

    Böl: Das lässt sich sehr einfach erklären. Die EHEC-Bakterien kommen ganz natürlicherweise im Darm von Wiederkäuern vor und können somit auch über den Kot der Tiere ausgeschieden werden. Dann ist es natürlich möglich, dass sie über die Lebensmittelkette in den Menschen gelangen. Das heißt also, dass sie zum Beispiel über den Kot der Tiere in Gras gebracht werden und auf Weideflächen, eventuell auch über Düngemittel. Das ist aber momentan nur eine Vermutung.

    Reimer: Jenseits des aktuellen Falls jetzt noch mal die Frage: Wie kann ich mich gegen eine klassische Infektion über Rohmilch, Fleisch oder Eier schützen?

    Böl: Die klassische Infektion, das betonen Sie, läuft eher über Fleisch, Eier und Rohmilch. Es ist ganz wichtig: die Lebensmittel, die man erhitzen kann, da besteht wenig Gefahr, weil wenn man die Lebensmittel mindestens zehn Minuten auf eine Kerntemperatur von 70 Grad erhitzt, dann kann man ganz sicher die EHEC-Bakterien abtöten und auch deren Giftstoffe. Bei Rohmilch sollte man insbesondere bei schwangeren Personen dann eher auf den Genuss verzichten.

    Reimer: Sie erwähnten schon: Bei tierischen Produkten hat man die Vermutung, dass die in den aktuellen Fällen als Quelle eher nicht infrage kommen. In Verdacht stehen Gemüse und Obst, die Rede ist von Gülle, die ausgebracht worden ist. Ist das dann die Quelle unter Umständen des Erregers und was kann ich dann als Schutz tun?

    Böl: Es ist wie gesagt sehr untypisch der Fall, der ist so in Deutschland bislang noch nicht berichtet worden. Man vermutet momentan, aber das wird momentan erst in verschiedenen Konferenzen bestätigt mit dem Bundesverbraucherschutzministerium, dem Robert-Koch-Institut und den Landesüberwachungsbehörden, man vermutet, dass es über kontaminiertes, also mit EHEC-Bakterien verunreinigtes Wasser auf Obst und Gemüse draufgekommen sein könnte. Das würde darüber passieren, wenn man düngt und Fäkalien, also Ausscheidungsprodukte von Tieren, aufgebracht werden auf die Lebensmittel. Das ist wie gesagt untypisch und es ist noch nicht bestätigt. Wenn das der Fall ist – und das könnte man Verbrauchern momentan raten, solange man noch nicht genau weiß, ob es wirklich dadurch verursacht ist -, ist der beste Rat, auch Obst und Gemüse, welches man roh verzehren möchte, einfach sehr gründlich waschen und wo die Gelegenheit besteht, zum Beispiel bei Äpfeln, Birnen oder auch bei Mohrrüben, dass man sie auch noch gründlich schält.

    Reimer: Gibt es weitere grundsätzliche Empfehlungen in der derzeitigen Situation? Hände waschen wahrscheinlich, oder?

    Böl: Genau. Ähnlich wie bei der Schweinegrippe vor einiger Zeit ist es generell sinnvoll, bevor sie Lebensmittel zubereiten, ganz egal welche Lebensmittel, selber immer die Hände gründlich mit Wasser und Seife reinigen. Und ansonsten ist es auch ein wichtiger Punkt, rohe Lebensmittel, insbesondere rohes Fleisch, getrennt von anderen Lebensmitteln lagern und auch zubereiten.

    Reimer: Empfehlungen für den Schutz gegen EHEC-Bakterien bekamen wir von Dr. Gaby-Fleur Böl vom Bundesinstitut für Risikobewertung. Vielen Dank nach Berlin.

    Böl: Gerne.