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Hygiene in der Großstadt
Katzen sind schlechte Rattenfänger

Großstädte haben durch Essensreste im Müll oder in der Kanalisation oft mit einem Ratten-Problem zu kämpfen. Daher hat die Stadt New York auf einen natürlichen Feind gesetzt: auf Katzen. Eine aktuelle Studie zeigt jedoch, dass die Haustiere keine sonderlich effektiven Rattenjäger sind.

Von Michael Boeddeker | 19.10.2018
    Katze steht neben Müllsäcken auf der Straße
    Im Kampf gegen Ratten sollte man besser nicht auf Katzen setzen - eher Müll vermeiden. (Matthias Toedt / dpa)
    Ratten sind in New York allgegenwärtig - auch wenn man sie nicht ständig sieht.
    "Die Ratten sind hier wie Geister. Meist erhascht man nur einen flüchtigen Blick, und schon sind sie wieder weg."
    Der Ökologe Michael Parsons von der New Yorker Fordham-Universität erforscht das Verhalten der geisterhaften Großstadt-Bewohner. Und das sei gar nicht so einfach, sagt er. Denn in New York habe kaum jemand Verständnis dafür, Ratten erst einzufangen, sie dann zu markieren, und sie am Ende wieder freizulassen. Schließlich haben er und sein Team aber doch noch den perfekten Ort entdeckt: Eine Recycling-Anlage in Brooklyn - der Himmel für Ratten.
    "Es war auch himmlisch für uns, endlich eine Firma zu finden, die uns Ratten erforschen lies. Es gibt unter Schädlingsbekämpfern das alte Motto: 'Kenne deinen Feind!'. Wenn also Ratten der Feind sind, dann müssen wir sie erforschen."
    Auch Katzen aus der Nachbarschaft fanden ihren Weg in die Recycling-Anlage. Allerdings zeigte sich schnell: Im Kampf gegen Ratten sind die Hauskatzen offenbar ziemlich nutzlos.
    "Während des gesamten Projekts haben die Katzen insgesamt nur drei Mal Ratten angegriffen, und das nie auf offener Fläche. Dort haben die Ratten das Sagen. Wenn eine Katze und eine Ratte sich auf offener Fläche begegnen, dann führen sie so einen kleinen Tanz miteinander auf: Die Katze geht ein paar Schritte vor, hält an, und beobachtet. Und das immer wieder. So geht ein Angreifer vor, wenn er Ausschau hält nach einem schwachen, kranken oder verwundeten Tier."
    Katzen schaden dem Ökosystem mehr als sie ihm nutzen
    Immerhin etwas: Wenn Katzen anwesend waren, hielten sich die Ratten öfter in ihren Verstecken auf. Sie waren also seltener zu sehen. Aber sie waren immer noch da. Deshalb sagt der Forscher: Im Kampf gegen Ratten sollte man besser nicht auf Katzen setzen.
    "Ganz im Gegenteil. Nicht nur haben die Katzen in unserer Studie weniger als ein Prozent von einem Prozent der Rattenpopulation erledigt. Was dazu kommt: Bei kleineren Tieren sind Katzen sehr effiziente Killer. Sie erlegen Vögel, Eidechsen und Tiere, die Pflanzensamen verbreiten oder Pflanzen bestäuben."
    Laut Michael Parsons schaden die Katzen dem Ökosystem in der Stadt somit deutlich mehr, als sie ihm nutzen. Für sinnvoller hält er Prävention - die Ratten also gar nicht erst anzulocken.
    Rattenprobleme durch Hygiene beheben
    So sieht es auch Gerhard Wiesmüller. Er ist beim Gesundheitsamt der Stadt Köln Leiter der Abteilung für Infektions- und Umwelthygiene.
    "Man sollte alle Lebensmittel nicht im Freien liegen lassen, vor allen Dingen: nicht entsorgen. Das gilt dann für Grillfeste und so weiter. Und: Man sollte keine Lebensmittel übers Abwasser entsorgen. Weil die natürlich auch in den Abwasserkanälen leben. Und wenn wir alle schön unsere Lebensmittel über das Abwasser in den Kanal bringen, dann sitzen die da wie im guten Restaurant, legen das Lätzchen um, und bedienen sich sozusagen."
    In Deutschland sehe der Kampf gegen Ratten üblicherweise so aus:
    "Es werden dann Giftköder ausgelegt, auch in entsprechenden Schutzboxen, damit andere Tiere da keinen Schaden nehmen. Da ist dann eben ein Stoff drin, der auf die Blutgerinnung der Ratten geht, damit sie mit einem Zeitversatz sterben.
    In New York dagegen, wo das Rattenproblem deutlich größer ist, werden inzwischen auch unkonventionellere Maßnahmen ergriffen. Michael Parsons:
    "Unsere Stadt hat solarbetriebene Müllpressen, um den Abfall effizienter zu entsorgen. Außerdem wird Trockeneis verwendet. Das darf zwar nicht in geschlossenen Räumen eingesetzt werden, aber in den Parks lassen sich Ratten damit sehr gut bekämpfen. Und es gibt Verhütungsmittel, damit sich die Ratten nicht mehr so stark vermehren. Aber viel wichtiger als all das ist, dass die Menschen ihr Verhalten ändern!"