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"I have a dream"

Auch dieser Tage hat die afroamerikanische US-Bevölkerung mit Barack Obama ähnlich wie mit Martin Luther King in den 60er Jahren wieder einen hoffnungsvollen Fürsprecher. Damals setzte sich King wie kein Zweiter für die Schwarzen in den USA ein. Doch auch vier Jahrzehnte nach dem gewaltsamen Tod Kings am 4. April 1968 herrscht noch immer keine völlige Gleichbehandlung.

Von Matthias Bertsch | 04.04.2008
    Es war eine der größten Demonstrationen in der Geschichte der USA, als Martin Luther King im August 1963 die Rede hielt, die ihn berühmt machen sollte.

    "Ich habe einen Traum, dass eines Tages auf den roten Hügeln von Georgia die Söhne früherer Sklaven und früherer Sklavenhalter miteinander am Tisch der Brüderlichkeit sitzen können. Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der man sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilen wird."

    Geboren im US-Bundesstaat Georgia hatte Martin Luther King die Rassentrennung in den Südstaaten am eigenen Leib erfahren. Schulen, Kirchen, öffentliche Verkehrsmittel: Nirgends hatten die Schwarzen gleichberechtigten Zugang. King war 26 Jahre alt als er 1955 als Pfarrer nach Montgomery im Nachbarstaat Alabama kam. Am 1. Dezember wurde dort die schwarze Näherin Rosa Parks verhaftet, weil sie sich weigerte, im Bus einem Weißen Platz zu machen. Es kam zu einer großen Solidarisierungsbewegung innerhalb der schwarzen Bevölkerung, die städtischen Busse wurden über ein Jahr lang boykottiert. Die Leitung des Boykotts lag in den Händen schwarzer Pastoren. Als Sprecher wurde Martin Luther King gewählt, erinnert sich der Theologe Heinrich Grosse, der King mehrfach in den USA getroffen hat.

    "Er war ganz jung dort hin gekommen, noch nicht lang im Pfarramt, also konnte man ihn nicht irgendwelchen politischen oder theologischen oder Frömmigkeits-Lagern zuordnen, und ich denke, das Großartige war, dass dieser vorher nicht sehr bekannte Martin Luther King dann das besondere Talent, die Begabung hatte, sowohl wohlhabende liberale Weiße anzusprechen als auch die Ärmsten der Armen unter den Schwarzen."

    Der Boykott endete mit dem Verbot der Rassentrennung in den Bussen von Montgomery durch den Obersten Gerichtshof. Zahlreiche weitere Protestaktionen folgten und führten zur Gründung einer afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung, aus der Mitte der 60er Jahre auch die Black Panther Party hervorging. Während die zweite Führungsfigur der Bewegung, Malcom X, stärker auf einen "schwarzen Nationalismus" setzte, wurde Martin Luther King zur Symbolfigur für den gewaltfreien Kampf gegen den Rassismus im Süden der USA. 1964 erhielt King den Friedensnobelpreis, das amerikanische Nachrichtenmagazin "Time" ernannte ihn im gleichen Jahr zum "Mann des Jahres".

    "Als er dann aber in der zweiten Phase seines Lebens das Thema Armut und Vietnamkrieg aufnahm und es nicht nur um die Aufhebung von Rassentrennung in öffentlichen Einrichtungen ging oder um das Wahlrecht für Schwarze, also in seinen beiden letzten Lebensjahren, ich nenne das immer den späten Martin Luther King, schlug diese Bewunderung und auch die Benutzung Martin Luther Kings für alle möglichen Zwecke um in viel Abwehr."

    Am 3. April 1968 hielt Martin Luther King in Memphis, Tennesse, seine letzte Rede, in der er sich mit Moses verglich. Nachträglich wirkt die Rede wie einer Vorahnung dessen, was ihn erwartete.

    "Manche haben angefangen von Drohungen zu reden: Mir könnte durch einige unserer kranken weißen Brüder etwas zustoßen. Ich weiß nicht, was passieren wird. Wir haben schwere Tage vor uns. Aber das macht mir nichts aus, weil ich auf dem Gipfel des Berges gewesen bin."

    Am Nachmittag des nächsten Tages, am 4. April 1968, wurde Martin Luther King auf dem Balkon seines Hotelzimmers von James Earl Ray erschossen. Ray, der für seine rassistischen Ansichten bekannt war, wurde wenig später zu 99 Jahren Haft verurteilt. Bis heute ist unklar, ob er als Einzeltäter oder im Auftrag gehandelt hat.