In der Warteschleife der Telefonanlage des Kraftwerks Plessa dudelt der Steiger-Marsch, die Hymne des Bergbaus und der Kohleindustrie. Das Kraftwerk Plessa liegt im Süden der Lausitz, 50 km vor Dresden. Es ist das älteste, in seiner Bausubstanz noch erhaltene, Braunkohlekraftwerk Europas und eines der 22 Projekte der Internationalen Bauaustellung. Es ist 75 Jahre alt und wurde kurz nach der Wende stillgelegt. Da ist ein bißchen Nostalgie erlaubt, wenn auch nur in den Klängen der Warteschleife. Denn für Nostalgie hat Geschäftsführer Hans-Joachim Schubert gar keine Zeit. Er kümmert sich mit großer Begeisterung um die Nachnutzung des alten Kraftwerks. Schubert macht Dampf. Ein Museum soll entstehen. Eine Destille für edle Obstbrände und andere Unternehmen werden angesiedelt:
"Kernpunkt wird dabei eine im Jahr 22 Mio. Liter produzierende Biodieselanlage sein, die aus heimischem Raps Biodiesel produzieren wird. Der Investor wird dann im Umkreis von 100 km von Plessa, also bis kurz vor Cottbus, diese 22 Mio. Liter auch wieder in der Region vermarkten."
Schuberts Lieblingsgeräusch: das alte Dach wird abgerissen. Anfang Februar ist Baubeginn für die Biodieselanlage. Bis dahin müssen die Kraftwerksbauten saniert sein. Im Hauptgebäude sind noch der Schaltraum und die Kessel aus den 20er Jahren erhalten. Für den Rundgang hat sich der Geschäftsführer einen knall-orangefarbenen Bauhelm schief auf den Kopf gestülpt. Der kräftig gebaute Mann raucht eine Zigarette nach der anderen und ist ganz in seinem Element. Vorbei an Arbeitern, die Rohre zusammenschweißen, in die riesigen Hallen des Hauptgebäudes - die Metalltreppe rauf zur alten Turbine. Hier soll später die Geschichte des Kraftwerks erzählt werden. Mit Hilfe von Multimedia-Bildschirmen:
"Hier stehen wir also vor der ersten Turbine, die 1926 von Siemens-Schuckert gebaut worden ist. Sie ist im Originalzustand. Wir werden diese Turbine restaurieren und anschließend soll diese Turbine den Mittelpunkt einer Event-Fläche auf dem Turbinentisch bilden. Also Rock und Jazz im Kraftwerk können wir uns schon vorstellen. Dann kommt eine feuerfeste Wand in dieses Maschinen- und Kesselhaus und dahinter wird dann zukünftig Biodiesel produziert."
100 Arbeitsplätze sollen im Kraftwerk Plessa entstehen. Besucher können hier die Industriegeschichte der Lausitz kennenlernen. Und die Einheimischen sollen sie wieder entdecken, sagt der Geschäftsführer Rolf Kuhn. Begeistert erzählt er vom derzeitigen Vorzeigeprojekt der IBA: Der liegende Eiffelturm der Lausitz. Es ist die größte, noch intakte Förderbrücke für Braunkohle. In Fachkreisen F 60 genannt. Sie steht in dem kleinen Ort Lichterfeld am Bergheider See. Schon von weitem ist die riesige Stahlkonstruktion zu sehen, sie überragt alles in der Gegend. Nächstes Jahr soll sie begehbar sein und DIE Attraktion in Lichterfeld werden.
"Wenn dieser Bergheider See, das ist der See, der neben der F 60 entstehen wird, da ist, dann würden wahrscheinlich höchstens die Leute aus Finsterwalde kommen und dort baden. Aber der Bergheider See mit dieser F 60, dieser Förderbrücke, die 500 m lang und 74 m hoch ist, einer Einmaligkeit in der Welt, wenn sie als Besucherbergwerk und als Licht-Ton-Kunstwerk, wie wir es planen, vor Ort sein wird, wird eine Aufmerksamkeit deutschlandweit haben."