Donnerstag, 28. März 2024

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"Ich bereue es keinen Meter, dass ich hergekommen bin"

Zum Abschluss unserer Reihe über Studienabbrecher erzählen wir die Geschichte eines "glücklichen Studienabbrechers". Sie spielt im südhessischen Langen, dem Sitz der Akademie der Deutschen Flugsicherung. Dort werden Fluglotsen ausgebildet.

Stephan Güttlich im Gespräch mit Ludger Fittkau | 30.07.2010
    Treffpunkt Zentralpforte der Deutschen Flugsicherung in Langen. Der 22 Jahre alte Stephan Güttlich kommt entspannt im blauen T-Shirt mit einer Windsurfing-Aufschrift, schließlich hat er seinen Dienst schon vor anderthalb Stunden beendet. Mit sichtbarem Stolz deutet er auf den Gebäudekomplex hinter der gläsernen Pforte, in dem ein Fluglotsencenter untergebracht ist:

    "Das ist das Center Langen hier, das ist das Größte in Deutschland. Es gibt insgesamt vier Stück, Langen, München, Bremen und Karlsruhe, wobei in Karlsruhe die Flieger nur ganz, ganz oben sind. Und in eines dieser Center werde ich dann später hinkommen."

    Die Deutsche Flugsicherung in Langen bei Frankfurt ist eine exklusive Adresse der deutschen Luftfahrt. Eine Adresse, wo auch Stephan Güttlich seinen Platz hat: Hier wird er zum Fluglotsen ausgebildet. Zuvor hatte er nach drei Semestern sein Mechatronik-Studium an der Fachhochschule Darmstadt abgebrochen:

    "Ne, ich bereue es keinen Meter, das ich hergekommen bin. Die Konditionen sind einfach besser geworden, dass macht auf jeden Fall mehr Spaß. Noch ein Bonus dabei ist, man ist in der Ausbildung und verdient noch sein Geld dazu. Im Studium gibt man Geld dafür aus, muss sich nebenbei noch einen Job suchen, hat dafür kaum Zeit und da fehlt dann auch irgendwie das Geld und hier ist es ganz anders."

    Bis zum Alter von 24 Jahren kann man sich in Langen für die Fluglotsenausbildung bewerben. Hätte Stephan Güttlich versucht, vorher sein Studium abzuschließen, wäre es zeitlich eng geworden. Dass er den richtigen Zeitpunkt für eine Bewerbung bei der Deutschen Flugsicherung kannte, liegt ein bisschen auch in der Familie: Sein Vater arbeitet am Frankfurter Flughafen, so war es für Güttlich kein Problem, genaueres über die Bedingungen der Fluglotsenausbildung zu erfahren.
    Fit muss man schon sein für den Job, betont er, regelmäßiger Sport sei aber keine Bedingung.
    Konzentrationsfähigkeit und Reaktionsvermögen seien wichtig. Die Fluglotsenausbildung liege ihm einfach viel mehr als das aus seiner Sicht doch sehr theorielastige Mechatronik-Studium im benachbarten Darmstadt, erzählt Stephan Güttlich:

    "Da ist auf jeden Fall die Praxis vorhanden, auch die Theorie macht Spaß, es ist eher wieder schulmäßiger, man hockt mit 16 Leuten da und hört einem Lehrer zu und der geht auf Fragen ein und das kann man mit einer FH gar nicht vergleichen."

    Noch anderthalb Jahre lang dauert seine Fluglotsenausbildung – zurzeit verbringe er viel Zeit im Simulator.

    "Wir haben hier so einen Center-Simulator, wo alles Mögliche simuliert wird. Wenn Flugzeuge in den Sektor rein fliegen, wenn sie herauskommen. Den Flugzeugen Richtungen geben, das alles wird hier simuliert und das ist das, was man später dann auch macht."

    Nach der Ausbildung wird Stephan Güttlich so viel Geld verdienen, dass er wohl auch gut in Frankfurt am Main oder München leben kann, wo Fluglotsen gebraucht werden. Aber auch mit Karlsruhe kann Stephan Güttlich sich anfreunden. Er ist glücklich mit der Entscheidung, das Studium abgebrochen und den spannenden Beruf des Fluglotsen gewählt zu haben.

    "Ja klar ist es mit Stress verbunden, aber die Arbeitszeiten sind dann wieder so geregelt, dass man zwei Stunden arbeitet und dann wieder Entlastung hat. Und dann wieder zwei Stunden arbeitet, es ist so das man zwei Stunden wirklich voll konzentriert da sitzen muss und dann aber auch wieder Ruhephasen hat. Von daher, abschreckend finde ich das nicht so. Man muss halt vorher wissen, was man macht."

    Um das zu wissen, kann also ein Studienabbruch eine gute Voraussetzung sein. Der Weg zur Berufszufriedenheit ist nicht immer gradlinig. Das zeigt das Beispiel des glücklichen Studienabbrechers an der Pforte der Deutschen Flugsicherung in Langen.

    Campus & Karriere-Serie "Studienabbruch in Deutschland":

    "Ich fang' jetzt bei null an" - Teil 1: Porträt Sandra Walus

    Psychotherapeut: "Scheitern gehört dazu" - Teil 2: Ursachen der persönlichen Krise

    "Bewerben, bewerben, bewerben! Und nicht müde werden!"
    Serie "Studienabbruch in Deutschland" - Teil 3: Was tun ?


    "Ich sehe reelle Chancen"
    Serie "Studienabbruch in Deutschland" - Teil 4: Arbeitsagentur bietet Hilfen für Abbrecher