Archiv


"Ich bin davon überzeugt, dass es eine solche Fortschreibung geben wird"

Der Dresdner Bildungsgipfel setzte zum Ziel, mehr Studienplätze zu schaffen. Auch bei der Sitzung der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern heute war der Akademikernachwuchs Thema, natürlich verbunden mit der nicht ganz neuen "wie finanzieren?"-Frage, mit der sich auch der Wissenschaftsminister Sachsen-Anhalts, Jan-Hendrik Olbertz, beschäftigt.

    Kate Maleike: Der Termin für die heutige Sitzung der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern stand zwar schon lange im Kalender, nach dem Bildungsgipfel in Dresden in der vergangenen Woche hat er aber durchaus so etwas wie einen Nachsitzcharakter bekommen. Denn dass man gemeinsam mehr Studienplätze schaffen will, das wurde in Dresden zwar bekräftigt, schließlich benötigt Deutschland dringend mehr Akademiker. Was fehlte, war jedoch eine verbindliche Festlegung darauf, wie viele Studienplätze finanziert und wie diese ausgestattet sein sollen. Außerdem fehlte die Zusicherung einer Laufzeit bis 2020. Die GWK-Sitzung ist zu Ende und ich begrüße deshalb am Handy in Bonn Jan-Hendrik Olbertz, den Wissenschaftsminister in Sachsen-Anhalt. Guten Tag, Herr Olbertz.

    Jan-Hendrik Olbertz: Ich grüße Sie, guten Tag.

    Maleike: Wie ist denn nun die Lage? Wird es eine Fortschreibung des Hochschulpaktes bis 2020 geben?

    Olbertz: Ich bin davon überzeugt, dass es eine solche Fortschreibung geben wird und wir haben uns hier auch darauf verständigt, dass wir eine solche Fortschreibung länderseitig ausdrücklich begrüßen würden. Wir haben uns da ja auch in eine Bringschuld hineinbegeben, was die Schaffung der notwendigen Studienplätze, der zusätzlichen Studienanfängerplätze betrifft, und wir gehen auch davon aus, dass der Bund über den jetzigen ersten Zeitraum 2010 hinaus die Schaffung dieser Studienplätze anteilig finanzieren wird.

    Maleike: Heißt das, Sie haben das heute beschlossen?

    Olbertz: Nein, wir haben das natürlich noch nicht beschlossen, sondern wir wollen in der nächsten Sitzung dann auf der Basis des abschließenden Berichts der Staatssekretärsarbeitsgruppe eine Vorlage erarbeiten, mit deren Hilfe dann Bund und Länder die Verweisungsvereinbarung, die sie in diesem Punkt geschlossen haben, fortschreiben beziehungsweise eine neue schließen.

    Maleike: In Dresden hieß es, ab 2015 sollen 275.000 neue Studienplätze geschaffen werden, damit das Ziel, 40 Prozent aus einem Jahrgang, aus einem Abiturjahrgang an die Hochschulen zu bringen, auch umgesetzt werden kann. Im Moment ist es ja so, dass es bereits den Hochschulpakt I gibt und da es die Hochschulen schon nicht schaffen oder die Länder, die zugestandenen Studienplätze zu schaffen, weil die Studierneigung nachlässt. Wie soll das denn dann für das noch größere Ziel gelingen?

    Olbertz: Na ja, dieses Ziel ist ja von der KMK in der Prognose abgeleitet aus einem Fachkräftebedarf und einem gewollten Anteil an Hochschulabsolventen beziehungsweise jungen Leuten mit Studienzugangsberechtigung an dem Anteil der entsprechenden Altersgruppen in der Gesamtbevölkerung. Da sind wir tatsächlich von dem Ziel noch ein bisschen entfernt. Man kann übrigens nicht sagen "die Länder". Wenn Sie sich angucken, dass 2007, die Daten liegen uns ja jetzt seit wenigen Tagen vor, sind insgesamt 12.546 zusätzliche Studienanfänger aufgenommen worden, davon haben immerhin die sogenannten Halteländer, das sind fast ausschließlich die neuen Länder, 53 Prozent erbracht. Und die großen alten Aufbauländer, die also zusätzliche Plätze bereitstellen sollten, nur 47 Prozent. Insofern ist die Bilanz im Moment auch zwischen neuen und alten Ländern noch unterschiedlich. Man muss allerdings sagen, die Studierneigung hängt ja von ganz unterschiedlichen Prämissen ab. Dadurch, dass Fachkräftebedarf auch in den nichtakademischen Berufen ziemlich dramatisch signalisiert wird und dass Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten auch in diesen Berufen enorm zugenommen haben an der Nachfragesituation, wägen die jungen Leute genauer ab und ziehen zum Beispiel nicht nur Gesichtspunkte der sozialen Absicherung oder Arbeitsplatzsicherheit und so weiter in Betracht und da sind wir mit den Hochschulen in eine ernsthafte Konkurrenzsituation geraten, die wir nur durch Qualität, meiner Ansicht nach, und durch Attraktivität zugunsten der Hochschulen auffangen können.

    Maleike: Jetzt hat die Hochschulrektorenkonferenz mehrfach angemahnt, dass eigentlich zu wenig Geld für den Ausbau dieser Kapazität bereitgestellt wird. Sehen Sie das auch so?

    Olbertz: Also, das ist nicht ungerechtfertigt, diese Anmerkung der Rektorenkonferenz. Die Bemessungszahlen mit diesen 22.000 Euro pro Studienanfängerplatz, pro neuem, sind bilanziert auf der Basis von Berechnungen des Jahres 2001, glaube ich. Das ist jetzt sieben Jahre her. Jeder weiß, dass zu den Kosten, allein, wenn wir uns angucken, welche Dynamik die Exzellenzinitiative von Bund und Ländern ins System gebracht hat, wie teuer hochqualifizierte Spitzenkräfte geworden sind, welche Kosten die Ausstattung verursacht und Vieles mehr. Wir werden sicherlich darüber nachdenken müssen, diesen Pro-Kopf-Satz der Förderung anzuheben, was dann übrigens bedeutet, dass sowohl Bund als auch Länder die Hochschulen besser ausfinanzieren müssen. Im Übrigen ist das nun auch ein Ziel des Bildungsgipfels, denn wenn wir wirklich auf die sieben plus drei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt kommen wollen, dann müssen wir uns ohnehin anstrengen und dann wird man sicherlich die Hochschulen schon von der Grundfinanzierung her besser stellen müssen.

    Maleike: Also, da ist einiges auf dem Weg. Noch mal abschließend die Frage: Der Hochschulpakt II, wann wird der unterschrieben?

    Olbertz: Das kann ich im Moment nicht genau sagen. Wir wollen zur nächsten Sitzung sozusagen eine beschlussfähige Vorlage hier haben. Wir haben uns grundsätzlich verständigt, dass sowohl die Länder als auch der Bund dezidiert dafür eintreten, diesen Pakt fortzuschreiben. Ich gehe davon aus, dass wir das tun werden, ähnlich übrigens wie bei dem Pakt für Forschung und Innovation, wo es ja immerhin um fünf Prozent Steigerung jährlich geht für die außeruniversitäre Forschung. Also, ich bin ganz sicher, dass wir das sehr zeitig im neuen Jahr so weit bekommen, dass es eine beschlussfähige Grundlage hat. Einvernehmen im Sinne einer Grundsatzübereinkunft haben wir heute schon getroffen.