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"Ich bin für eine Berufsarmee, weil wir heute überall Profis brauchen"

Es ist eines jener Versprechen, das die konservativ-liberale Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk tatsächlich schnell umgesetzt hat. Seit gut anderthalb Jahren gibt es in Polen keine Wehrpflicht mehr.

Von Jan Pallokat |
    Verteidigungsminister Bogdan Klisch, übrigens ein früherer Pazifist, meldet:

    "Die Armee wurde vom Spielball der Politik zu einer demokratischen und zivilen Einrichtung. Vor unseren Augen hat sie sich verändert; der Umbauprozess ist abgeschlossen. Heute haben wir eine Berufsarmee. Das Einberufungssystem wurde umgestellt, die Schulung, die Unterbringung, die Führung der Reserve."

    Der Umwandlungsprozess hin zur Berufsarmee sei tatsächlich noch längst nicht abgeschlossen, widerspricht der Publizist Andrzej Godlewski, aber schon jetzt zeichne sich doch ab, dass die Entscheidung grundsätzlich richtig gewesen sei.

    "Wir haben 100.000 Soldaten, viel weniger als in kommunistischer Ära, es ist der beste Ausweg, eine Berufsarmee zu haben, die professionell wirkt."

    Ende 2008 traten die letzten Rekruten ihren Dienst an. Eine 200-jährige Tradition ging damals zu Ende. Aber so richtig nachweinen will der Wehrpflicht niemand.

    "Ich war noch nicht bei der Armee und will auch nicht hin. Es ist gut, dass nur diejenigen hingehen, die das auch wollen."

    "Eine Berufsarmee ist kleiner und professioneller. Professionell bedeutet besser."

    "Ich bin für eine Berufsarmee, weil wir heute überall Profis brauchen. Ich denke, das ist gut für unser Land."

    Die Soldaten der polnischen Wehrpflicht-Streitkräfte, so Militär-Experte Godlewski, hätten hingegen einen miserablen Ruf gehabt.

    "Es sind damals Leute eingezogen worden ... das waren nicht die besten Leute, die unser Vaterland beschützt haben."

    Heute muss keiner mehr in die Uniform schlüpfen, aber viele wollen – verstärkt auch junge Frauen. Der Job bietet Aufstiegsmöglichkeiten sowie ein gutes und sicheres Einkommen. Die Waffen, Fahrzeuge und militärischen Geräte sind zum Teil zwar sehr veraltet, aber das Image der Armee habe sich schon jetzt deutlich verbessert, erklärt der Militärexperte Godlewski.

    "Es sind viele Leute, die in dieser modernen Armee arbeiten wollen; heute zehn Mal mehr, als Plätze da sind."

    Bis 2012 wird sich die Zahl der Soldaten bei rund 120.000 einpendeln. Drei Viertel dieses Kontingents müssen permanent ihren Dienst tun. Ein Viertel soll als "Nationale Armeereserve" unter anderem bei Naturkatastrophen eingesetzt werden, wie zuletzt beim Hochwasser der Weichsel und der Oder. Parallel zur Umstellung auf eine Berufsarmee sollte eigentlich auch eine Professionalisierung der Armee einhergehen – doch das ist ein langer Prozess, wie unlängst auch der polnische Verteidigungsminister einräumte. So wurden gerade erst die Lehrpläne an den Armeeschulen auf einen dreijährigen Zyklus umgestellt. Knapp zwei Prozent der Wirtschaftsleistung stehen den Streitkräften eigentlich zu, so will es das Gesetz; in der Praxis aber stehen regelmäßig geringere Summen zur Verfügung. Janusz Zemke von der Linksallianz, die anders als die deutsche Linke keineswegs generell gegen Kampfeinsätze ist:

    "Die Zeit wird über diese Reform hinwegziehen. Sie ist unrealistisch: Wir modernisieren die polnische Armee, um sie zu professionalisieren, aber gleichzeitig reduzieren wir die Mittel. Wir sollten erst einmal klären, wie viel Geld zur Verfügung steht, aber immer, wenn wir uns erkundigen, ist es weniger."

    Hinzu kommt: Polen ist als großes europäisches Land stark engagiert bei Auslandseinsätzen etwa in Afghanistan; das Land war auch drittgrößter Truppensteller im Irak. Wegen der guten Bezahlung bei Auslandseinsätzen fanden sich hier auch zu Wehrpflichtzeiten immer genügend Freiwillige unter den Rekruten, obwohl die Einsätze im Land selbst hoch umstritten sind. Großen Einfluss auf den Zivildienst hatte die Abschaffung der Wehrpflicht übrigens nicht. Die Möglichkeit, einen Wehr-Ersatzdienst zu leisten hat es in Polen zwar gegeben, aber kaum jemand wollte davon Gebrauch machen.