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"Ich bin Schauspielerin, wissen Sie!"

Sie war einer der wenigen internationalen Stars die Nachkriegsdeutschland hervorbrachte: Romy Schneider starb am 29. Mai vor 30 Jahren Die Bundeskunsthalle zeigt die wechselhafte Karriere der Schauspielerin, der Mitte der 50er-Jahre als "Sissi" Millionen Deutsche zu Füßen lagen. Doch als Schneider nach anderen Filmen und Rollen sehnte, musste sie nach Frankreich gehen.

Von Bernd Sobolla | 05.04.2012
    Den Film "Die Dinge des Lebens" drehte Romy Schneider 1969 mit Regisseur Claude Sautet. Es war einer ihrer größten Erfolge. Dass das Werk im Zentrum der chronologisch aufgebauten Ausstellung steht, mag Zufall sein. Aber was für ein passender… Denn das Melodram schildert, wie Pierre, gespielt von Michel Piccoli, einen Autounfall hat und im Sterben liegend seine Liebesgeschichte mit Romy in Rückblenden erlebt. Ein großartiges Werk und in seiner Tragik Romy Schneiders Leben durchaus ähnlich. Davon ist am Anfang der Ausstellung noch nichts zu sehen, der den 50er Jahren und den Erfolgen der drei Sissy-Filme gewidmet ist. Aber von ihrem Kampf gegen das Image der herzlichen, aber angepassten Prinzessin ist in den Interviews zu hören.

    "Ich versuchte jedenfalls, aus einer Art Zwangsjacke auszubrechen, aus einer Art kleinen Welt. Ich wollte weg von immer denselben Dingen. Weg von dem um sich herum im Kreise drehen."

    Deshalb geht sie Ende der 50er-Jahre nach Paris, wo sie Alain Delon kennen und lieben lernt und mit ihm den ersten gemeinsamen Film "Christine" dreht. Ihre privaten Fotos aus den frühen 60er Jahren sprühen voller Lebens- und Liebesfreude, z.B. beim Federballspielen, wo sie beide laut lachend in die Luft springen. In dieser Zeit arbeitet Romy Schneider mit Regisseuren wie René Clément und Luchino Visconti, mit Louis Malle und Otto Preminger. Und für ihre Rolle als verführerische Leni in Orson Welles Kafka-Verfilmung von "Der Prozess", wird sie in Frankreich als "Beste ausländische Darstellerin" ausgezeichnet. Für die Kuratorin Daniela Sannwald, die die Räume nach Jahrzehnten aufgeteilt und die 60er Jahre unter das Motto "Aufbruch" gestellt hat, eine bedeutende Zeit.

    "Aufbruch, damit ist die internationale Periode in den 60er Jahren gemeint. Da hat sie in Frankreich, Spanien, den USA gedreht. Da hat sie versucht, in verschiedenen Genres, verschiedene Typen hat sie ausprobiert, Rollen. Und das wäre sicher noch weiter gegangen. Also ich finde, das ist ihrer fruchtbarste Periode, wenn sie nicht Harry Mayen geheiratet hätte, 1966, und Mutter- und Hausfrauendasein proklamiert hätte."

    Dass die Zeit mit Harry Meyen in Deutschland einer gewissen Orientierungslosigkeit nach der Trennung von Alain Delon geschuldet war, zeigen auch die Fotos. Nie wirkt Romy Schneider mit Harry Meyen wirklich glücklich. Und als er ihr in einer Talkshow jeglichen rationalen Verstand abspricht, ist sie entsetzt.

    "Das ist eine Frechheit. Nein, nein, so ist es doch."

    1968 geht Romy Schneider wieder nach Frankreich und dreht mit Alain Delon "Swimmingpool", ein erotisch aufgeladener Krimi, der zum Welterfolg wird. Fortan wechselt sie ihre Charaktere mit fast jedem Film: Mal spielt sie eine Übermutter, mal eine Depressive, dann eine Jüdin auf der Flucht oder auch eine Prostituierte in "Das Mädchen und der Kommissar".

    "Mein Job ist genau so viel Wert wie deiner. Du behandelst wahrscheinlich jeden wie den letzten Dreck. Ich bin zwar nur eine Nutte, aber nicht für so was wie dich."

    Romy Schneider ist Femmes fatal, berechnende Bankiersfrau oder auch – was für eine Ironie - in "Nachtblende" von Andrzej Zulawski, eine erfolglose Schauspielerin, die sich in Pornofilmen verdingen muss. Für die Rolle gewinnt sie 1975 den César.

    "Nein, keine Fotos machen, bitte nicht! Nein, ich bin Schauspielerin, wissen Sie! Ich kann wirklich was. Das hier mache ich, um leben zu können. Also bitte machen sie keine Fotos!"

    Die Ausstellung zeigt, wie Romy ihr Image wechselt, zur modernen und modischen Ikone avanciert und das Publikum zu überraschen weiß. So auch in der Talkshow "Je später der Abend", als sie dem Bankräuber Burkhard Driest Avancen macht.

    "Dann ist das nicht politisch, sondern das ist Lachen, unanständig oder ungezogen… Und wenn Sie, Sie gefallen mir! Sie gefallen mir sehr."

    Neben unzähligen Fotos, zahlreichen Kostümen sowie Film- und Interviewausschnitten, präsentiert die Kuratorin Daniela Sannwald auch einen außergewöhnlichen Briefwechsel zwischen Rainer-Werner Fassbinder und Romy Schneider.

    "Wo sich ein Hinweis darauf befand, dass Romy Schneider und Fassbinder gemeinsame Filmprojekte hatten. In der Tat war es wohl so, dass Romy Schneider Maria Braun spielen sollte ursprünglich."

    Die Ausstellung ist visuell gelungen gestaltet, bietet prägnante Text, schöne Kostüme und den Wagen aus "Die Dinge des Lebens". Wobei die erotischste, aber auch tragischste Romy Schneider in den Räumen der 70er-Jahre zu finden ist. An deren Ende sie vor allem Filme spielt, die vom Tod handeln – kurz vor dem Unfalltod ihres Sohnes und ihrem eigenen 1982 an Herzversagen.


    Die Romy-Schneider-Ausstellung" läuft vom 5. April bis zum 24. Juni in der Bundeskunsthalle in Bonn