Nun also geht es um Brechts Literaturproduktion und um seine wichtigste Mitarbeiterin, Elisabeth Hauptmann. Von 1925 an arbeitete sie - mit einigen Unterbrechungen - mit Brecht und für sein Werk. Sie tippte seine Manuskripte, sie übersetzte für ihn Kurzgeschichten und Stücke; sie lieferte ihm Anregungen, von der "Bettleroper" bis zu den japanischen No-Spielen. Wieweit sie selbst Texte, auch endgültige, beisteuerte, ist allerdings schwer zu klären. Nach Brechts Tod 1958 kümmerte sich Elisabeth Hauptmann um die Herausgabe seiner Werke und galt In der DDR als Vorbild für den Umgang mit dem Meister. Der Brecht-Forscher Werner Hecht lobte sie dafür mit dem Satz: "Elisabeth Hauptmann beschämt alle, die von Brecht sprechend, zu sehr von sich sprechen."
So dauerte es auch lange, bis es jemand wagte, von Elisabeth Hauptmann zu sprechen. Sie starb 1973; erst 1992 erschien die erste Publikation über sie: "Prima inter pares. Elisabeth Hauptmann, die Mitarbeiterin Bertolt Brechts", von Astrid Horst. 1995 folgte eine Arbeit der amerikanischen Germanistin Paula Hannsen. Gegen diese beiden Autorinnen und natürlich gegen die Angriffe von John Fuegi - ist Sabine Kebirs neues Buch gerichtet.
Wiederum ist Brecht für sie mehr als nur ein akzeptabler Mann. Er sei ein Autor gewesen, der gerne im Kollektiv arbeitete, dem es um die Sache ging und nicht um sein persönliches Werk, und der darum Menschen zu faszinieren vermochte. Nicht nur Frauen, das ist Sabine Kebirs vielleicht gewichtigster Einwand, und das Gewicht besteht in einem Bild. Im Buch ist nämlich ein Foto wiedergegeben, das Emil Hesse-Burri zeigt, wie er begeistert in eine Schreibmaschine tippt, neben ihm Brecht, der offensichtlich diktiert. Auch Emil Burri ist an der Arbeit zu mehreren Stücken Brechts beteiligt gewesen; daneben schrieb er - wie Elisabeth Hauptmann - eigene Kurzgeschichten und Hörspiele, später Filmdrehbücher.
Von allen Mitarbeitern Brechts, zu denen auch Komponisten, Regisseure und Schauspieler zählen, war Elisabeth Hauptmann die ausdauerndste. Nach Ansicht von Sabine Kebir hat diese Frau aus politischer Überzeugung, unabhängig und stolz, mit Brecht gearbeitet; von Ausbeutung oder Aufopferung könne keine Rede sein. Die Belege aber, auf die sich Sabine Kebir stützt, sagen auch etwas anderes aus. So zitiert sie etwa aus den Interviews, die in Vorbereitung zum DEFA-Film "Die Mitarbeiterin" von 1972 entstanden sind. Darin beteuerte die Hauptmann, wie sehr ihr die Arbeit mit Brecht Spaß machte, aber sie erzählte zum Beispiel auch, wie sie Brecht kennengelernt hatte: " Ich glaube, was ihn bestochen hat - das hat er mir auch gesagt - ich hatte so gut zugehört! Wir sind dann am selben Abend spazieren gegangen .... Also, das Zuhören war es! Daß ich so erkältet war, das hatte er gar nicht wahrgenommen, daß auch das ein Grund war, warum ich den Mund nicht aufmachte. Das war es dann in Zukunft sehr viel, das Zuhören, bei der Arbeit zumindest."
Sabine Kebir publiziert in ihrem Buch auch die originalen Tagebuchnotizen von Elisabeth Hauptmann aus dem Jahr 1926. Sie wurden 1957 erstmals veröffentlicht, aber in einer bearbeiteten Fassung. Kebir macht die Veränderungen sichtbar. Das ist spannend, weil es zeigt, wieviel Selbstzensur die Hauptmann sich auferlegte, wenn sie vom Meister sprach: "8. Juni 1928. Brecht sagte mir eines Nachmittags Mitte Mai, es sei eine der übelsten Auswirkungen meiner Faulheit, daß ich nicht immer alle Sachen gleich von ihm aufschriebe."
Diese Notiz hat Hauptmann später korrigiert in: "Brecht sagt mir eines nachmittags wütend, es sei schlimm, daß ich nicht alles gleich aufschriebe."
Und statt wütend heißt es in der letzten Fassung: bekümmert. Bekümmert reagiert ein Mann, dem es um die Sache geht, während die Wut ja doch auf egomanische Züge hindeuten könnte. Wie die Notizen belegen, erledigte Elisabeth Hauptmann für Brecht klassische Sekretariatsarbeiten; sie organisierte seine Reisen, verschaffte ihm Freiflüge; sie übersetzte Texte für ihn - und sie schrieb mit: "27. Februar - wieder mehr bei Brecht gearbeitet; Geschichte geschrieben: Zuviel Glück ist kein Glück oder 4 Männer und eine Pokerpartie. Daneben zur Hauptsache Gespräche über Schwierigkeiten des Stückeschreibens anläßlich der Tollerschen Premiere: ‘Der entfesselte Wotan’."
Jetzt, wo man ernsthaft, nämlich auch vor Gericht, über Elisabeth Hauptmanns Anteile an Brechts Werk zu streiten beginnt, wirken solche Sätze wie Beweise. Aber da sollte man vorsichtig sein, denn die Hauptmann meinte mit schreiben in erster Linie tippen. So erwähnte sie auch einmal, daß sie bis 33 alle Gedichte geschrieben habe, es sei ja sonst keiner da gewesen, der geschrieben habe. - Bei ihrer grenzenlosen Hochachtung vor Brecht, wird sie damit ja wohl kaum ihn gemeint haben! Daß sie allerdings beim Mitschreiben auch mitdachte und ein inhaltliches Mitspracherecht hatte, belegen die Erinnerungen des Rundfunkredakteurs Alfred Braun, der beobachtete, wie die Sekretärin, wie er sie nannte, sofort Einspruch erhob bei Ideen und Formulierungen, die ihr nicht gefielen. Und daß das Stück "Happy end", das 1929 unter dem Autoren Pseudonym Dorothy Lane auf die Bühne kam, von Elisabeth Hauptmann stammte, hat auch Brecht nie bestritten.
Dennoch belegen bereits die frühen Notizen, daß sich Elisabet Hauptmann zuweilen ausgebeutet und vor allem immer wieder vernachläßigt fühlte - und den Selbstmordversuch von 1929 kann Sabine Kebir auch nicht weginterpretieren.
Marieluise Fleißer hat die Firma Brecht & Co übrigens schon viel früher beschrieben, nämlich 1930 in ihrem Theaterstück "Der Tiefseefisch". In der DichtfabriK von Hauptling Tütü arbeitet eine Staffel B von Mitarbeitern dem Ruhm einer Staffel A zu. Und einem abtrünnigen Mitarbeiter legte sie Fleißer den Satz in den Mund: "Furchtbar sind diese Frauen, die um Sie herumwimmeln und von denen jede in einer anderen Hilfeleistung erstirbt."
Daß sie allerdings beim Mitschreiben auch mitdachte und ein inhaltliches Mitspracherecht hatte, belegen die Erinnerungen des Rundfunkredakteurs Alfred Braun, der beobachtete, wie die Sekretärin, wie er sie nannte, sofort Einspruch erhob bei Ideen und Formulierungen, die ihr nicht gefielen. Und daß das Stück "Happy end", das 1929 unter dem Autoren Pseudonym Dorothy Lane auf die Bühne kam, von Elisabeth Hauptmann stammte, hat auch Brecht nie bestritten.
Dennoch belegen bereits die frühen Notizen, daß sich Elisabet Hauptmann zuweilen ausgebeutet und vor allem immer wieder vernachläßigt fühlte - und den Selbstmordversuch von 1929 kann Sabine Kebir auch nicht weginterpretieren.
Marieluise Fleißer hat die Firma Brecht & Co übrigens schon viel früher beschrieben, nämlich 1930 in ihrem Theaterstück "Der Tiefseefisch". In der DichtfabriK von Hauptling Tütü arbeitet eine Staffel B von Mitarbeitern dem Ruhm einer Staffel A zu. Und einem abtrünnigen Mitarbeiter legte sie Fleißer den Satz in den Mund: "Furchtbar sind diese Frauen, die um Sie herumwimmeln und von denen jede in einer anderen Hilfeleistung erstirbt."
So dauerte es auch lange, bis es jemand wagte, von Elisabeth Hauptmann zu sprechen. Sie starb 1973; erst 1992 erschien die erste Publikation über sie: "Prima inter pares. Elisabeth Hauptmann, die Mitarbeiterin Bertolt Brechts", von Astrid Horst. 1995 folgte eine Arbeit der amerikanischen Germanistin Paula Hannsen. Gegen diese beiden Autorinnen und natürlich gegen die Angriffe von John Fuegi - ist Sabine Kebirs neues Buch gerichtet.
Wiederum ist Brecht für sie mehr als nur ein akzeptabler Mann. Er sei ein Autor gewesen, der gerne im Kollektiv arbeitete, dem es um die Sache ging und nicht um sein persönliches Werk, und der darum Menschen zu faszinieren vermochte. Nicht nur Frauen, das ist Sabine Kebirs vielleicht gewichtigster Einwand, und das Gewicht besteht in einem Bild. Im Buch ist nämlich ein Foto wiedergegeben, das Emil Hesse-Burri zeigt, wie er begeistert in eine Schreibmaschine tippt, neben ihm Brecht, der offensichtlich diktiert. Auch Emil Burri ist an der Arbeit zu mehreren Stücken Brechts beteiligt gewesen; daneben schrieb er - wie Elisabeth Hauptmann - eigene Kurzgeschichten und Hörspiele, später Filmdrehbücher.
Von allen Mitarbeitern Brechts, zu denen auch Komponisten, Regisseure und Schauspieler zählen, war Elisabeth Hauptmann die ausdauerndste. Nach Ansicht von Sabine Kebir hat diese Frau aus politischer Überzeugung, unabhängig und stolz, mit Brecht gearbeitet; von Ausbeutung oder Aufopferung könne keine Rede sein. Die Belege aber, auf die sich Sabine Kebir stützt, sagen auch etwas anderes aus. So zitiert sie etwa aus den Interviews, die in Vorbereitung zum DEFA-Film "Die Mitarbeiterin" von 1972 entstanden sind. Darin beteuerte die Hauptmann, wie sehr ihr die Arbeit mit Brecht Spaß machte, aber sie erzählte zum Beispiel auch, wie sie Brecht kennengelernt hatte: " Ich glaube, was ihn bestochen hat - das hat er mir auch gesagt - ich hatte so gut zugehört! Wir sind dann am selben Abend spazieren gegangen .... Also, das Zuhören war es! Daß ich so erkältet war, das hatte er gar nicht wahrgenommen, daß auch das ein Grund war, warum ich den Mund nicht aufmachte. Das war es dann in Zukunft sehr viel, das Zuhören, bei der Arbeit zumindest."
Sabine Kebir publiziert in ihrem Buch auch die originalen Tagebuchnotizen von Elisabeth Hauptmann aus dem Jahr 1926. Sie wurden 1957 erstmals veröffentlicht, aber in einer bearbeiteten Fassung. Kebir macht die Veränderungen sichtbar. Das ist spannend, weil es zeigt, wieviel Selbstzensur die Hauptmann sich auferlegte, wenn sie vom Meister sprach: "8. Juni 1928. Brecht sagte mir eines Nachmittags Mitte Mai, es sei eine der übelsten Auswirkungen meiner Faulheit, daß ich nicht immer alle Sachen gleich von ihm aufschriebe."
Diese Notiz hat Hauptmann später korrigiert in: "Brecht sagt mir eines nachmittags wütend, es sei schlimm, daß ich nicht alles gleich aufschriebe."
Und statt wütend heißt es in der letzten Fassung: bekümmert. Bekümmert reagiert ein Mann, dem es um die Sache geht, während die Wut ja doch auf egomanische Züge hindeuten könnte. Wie die Notizen belegen, erledigte Elisabeth Hauptmann für Brecht klassische Sekretariatsarbeiten; sie organisierte seine Reisen, verschaffte ihm Freiflüge; sie übersetzte Texte für ihn - und sie schrieb mit: "27. Februar - wieder mehr bei Brecht gearbeitet; Geschichte geschrieben: Zuviel Glück ist kein Glück oder 4 Männer und eine Pokerpartie. Daneben zur Hauptsache Gespräche über Schwierigkeiten des Stückeschreibens anläßlich der Tollerschen Premiere: ‘Der entfesselte Wotan’."
Jetzt, wo man ernsthaft, nämlich auch vor Gericht, über Elisabeth Hauptmanns Anteile an Brechts Werk zu streiten beginnt, wirken solche Sätze wie Beweise. Aber da sollte man vorsichtig sein, denn die Hauptmann meinte mit schreiben in erster Linie tippen. So erwähnte sie auch einmal, daß sie bis 33 alle Gedichte geschrieben habe, es sei ja sonst keiner da gewesen, der geschrieben habe. - Bei ihrer grenzenlosen Hochachtung vor Brecht, wird sie damit ja wohl kaum ihn gemeint haben! Daß sie allerdings beim Mitschreiben auch mitdachte und ein inhaltliches Mitspracherecht hatte, belegen die Erinnerungen des Rundfunkredakteurs Alfred Braun, der beobachtete, wie die Sekretärin, wie er sie nannte, sofort Einspruch erhob bei Ideen und Formulierungen, die ihr nicht gefielen. Und daß das Stück "Happy end", das 1929 unter dem Autoren Pseudonym Dorothy Lane auf die Bühne kam, von Elisabeth Hauptmann stammte, hat auch Brecht nie bestritten.
Dennoch belegen bereits die frühen Notizen, daß sich Elisabet Hauptmann zuweilen ausgebeutet und vor allem immer wieder vernachläßigt fühlte - und den Selbstmordversuch von 1929 kann Sabine Kebir auch nicht weginterpretieren.
Marieluise Fleißer hat die Firma Brecht & Co übrigens schon viel früher beschrieben, nämlich 1930 in ihrem Theaterstück "Der Tiefseefisch". In der DichtfabriK von Hauptling Tütü arbeitet eine Staffel B von Mitarbeitern dem Ruhm einer Staffel A zu. Und einem abtrünnigen Mitarbeiter legte sie Fleißer den Satz in den Mund: "Furchtbar sind diese Frauen, die um Sie herumwimmeln und von denen jede in einer anderen Hilfeleistung erstirbt."
Daß sie allerdings beim Mitschreiben auch mitdachte und ein inhaltliches Mitspracherecht hatte, belegen die Erinnerungen des Rundfunkredakteurs Alfred Braun, der beobachtete, wie die Sekretärin, wie er sie nannte, sofort Einspruch erhob bei Ideen und Formulierungen, die ihr nicht gefielen. Und daß das Stück "Happy end", das 1929 unter dem Autoren Pseudonym Dorothy Lane auf die Bühne kam, von Elisabeth Hauptmann stammte, hat auch Brecht nie bestritten.
Dennoch belegen bereits die frühen Notizen, daß sich Elisabet Hauptmann zuweilen ausgebeutet und vor allem immer wieder vernachläßigt fühlte - und den Selbstmordversuch von 1929 kann Sabine Kebir auch nicht weginterpretieren.
Marieluise Fleißer hat die Firma Brecht & Co übrigens schon viel früher beschrieben, nämlich 1930 in ihrem Theaterstück "Der Tiefseefisch". In der DichtfabriK von Hauptling Tütü arbeitet eine Staffel B von Mitarbeitern dem Ruhm einer Staffel A zu. Und einem abtrünnigen Mitarbeiter legte sie Fleißer den Satz in den Mund: "Furchtbar sind diese Frauen, die um Sie herumwimmeln und von denen jede in einer anderen Hilfeleistung erstirbt."