Amy Zayed: Ihr neues Album zeigt im Vergleich zu den Vorgängern beeindruckende Veränderungen. Ihre anderen Soloalben waren eher verletzlich und ruhig, zum Teil sogar fast klassisch angehaucht. Black Rainbows ist mehr Rock 'n' Roll. Wollten sie zeigen, dass sie auch das noch können?
Brett Anderson: Das stimmt! Ich habe die einfache Rockmusik sehr vermisst. Ich habe drei sehr obskure Platten gemacht, was auch so gewollt war, aber jetzt dachte ich, es wird mal wieder Zeit für eine Rockplatte. Und ich habs so sehr genossen wieder in einer Rockband zu sein! Als Suede sich wieder für ein paar Konzerte zusammentaten, hab ich mich wieder daran erinnert, wie magisch es sein kann, in einer Rockband zu sein. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, einfach nur mit ein paar Jungs und ihren Gitarren auf einer Bühne zu stehen! Und da hab ich gedacht, das mein Album genau so klingen soll. Es geht zwar immer noch um Songs und Melodien, aber ich bin es anders angegangen als sonst. Ich hatte keine Songs geschrieben, keine Melodien, keine Texte nichts! Ich bin einfach ins Studio und hab irgendwas ausprobiert, herumgejammt. So lange, bis die Songs überhaupt nicht mehr so klangen wie am Anfang. Erst dann hab ich die Texte geschrieben.
Zayed: Sie sagen, sie möchten gerne zurück zu den alten Suede-Tagen, und sich damit als Musiker befreien. Geht das überhaupt noch, wenn man Brett Anderson heißt, und so eine Vorgeschichte hat? Sie sind ja kein unerfahrener Musiker Anfang 20 mehr, sondern sie haben schon vor 15, 20, 50.000 Leuten gespielt. Das muss sie doch als Mensch verändern?
Anderson: Da haben Sie recht, das tut es. Aber man kann diese Unschuld oder Naivität wiedererlangen. Das Problem ist, dass man irgendwann in seiner Karriere anfängt, Dinge aus den falschen Gründen zu tun. Und davon muss man sich zu allererst freimachen. Ich probe jetzt gerade wieder mit Suede, und da gibt es nichts außer mir und der Band in einem Zimmer. Wir haben da keine Roadies rumstehen, wir haben keinen Manager dabei, der rumsitzt und Anweisungen gibt, wir versuchen gerade einfach wieder dahin zurückzugehen, wo wir angefangen haben. Das Allerwichtigste ist, seine Wurzeln wiederzufinden, und das versuchen wir gerade.
Zayed: Sie machen sich selber Druck, aber die Medien und Fans ja auch. Nun fragen doch alle, wie wird denn das neue Album. Und alles, was sie im Moment sagen können ist, dass sie es selbst noch nicht wissen. Das ist doch wahrscheinlich nicht einfach?
Anderson: Einfach von allen abschotten! Am besten man mietet sich den billigsten Proberaum, den man finden kann, schließt seine eigenen uralten Amps an, und lernt vor allem wieder, wie das geht, denn es ist ja kein Roadie da, und vor allem versuche ich, mich vor Fans und Medien abzuschirmen. Ich geb zwar jetzt ein Interview, aber das wird wohl vorerst das letzte sein.
Zayed: Sie haben offenbar eine Menge Energie. Jetzt sind gerade mit Ihrem Solo-Album auf Tour und Sie sprechen vom neuen Suede-Album. Wie sieht ihr Plan für 2012 aus? Noch mehr touren?
Anderson: Ich kanns noch nicht genau sagen. Aber wir schreiben gerade das neue Suede-Album, und da liegt gerade mein Hauptschwerpunkt. Ich kann zwar noch nicht sagen, ob es was taugen wird. Wenn nicht, bringen wir es halt nicht raus. Aber im Moment fühlt es sich gut und spannend an. Und wenn es was taugt, gibt's dann nächstes Jahr auch eine Suede Tour.
Zayed: Aber sie könnten uns wahrscheinlich jetzt noch nicht sagen, wann das Album nächstes Jahr rauskommen würde, falls es kommt?
Anderson: Ich wünschte, ich wüsste es selbst! Ich habe wirklich keine Ahnung! Wir haben gerade mal sieben oder acht Songs geschrieben. Keine Ahnung, ob auch nur einer davon auf dem Album landet. Ich finde Songschreiben ist so ein langer, ermüdender, schwerer Prozess. Manchmal schreibt man einen Song, und denkt, er ist gut genug, und plötzlich wird einem klar, dass das gerade erst der Anfang des Entwicklungsstadiums ist, und man sich jetzt erst richtig an den Song dransetzen muss. Vielleicht machen wir diesmal was ganz andres. Ich hab keine Ahnung!
Zayed: Ich könnte mir vorstellen, dass man sich auch erst wieder aneinander gewöhnen muss. Ist das nicht manchmal ein sehr langer, aber vielleicht auch sehr inspirierender Prozess?
Anderson: Das stimmt! Und hinzu kommt, dass wir alle akzeptieren müssen, dass alles, wofür es sich lohnt zu arbeiten, nicht leicht sein kann. Es ist Blödsinn zu behaupten, dass man als Band besser ist als alle anderen Musiker. Man steht immer im inneren Wettstreit mit der Musik seiner eigenen Vorbilder. Dann wird noch von seiner eigenen Historie verfolgt. Man will einfach nichts Zweitklassiges rausbringen. Aber der Preis, für den man arbeitet, ist es, der einen antreibt. Ich rede dabei nicht von Geld, sondern von der Überzeugung, es richtig gemacht zu haben. Im Moment kann ich an nichts anderes denken als an dieses neue Album! Und ich weiß, dass ich ein Wrack sein werde, wenn das Album fertig ist.
Zayed: Das letzte Mal, als ich mit ihnen gesprochen habe, haben Sie mir gesagt, dass sie sich selbst bekämpfen. Dass sie morgens aufstehen, und sich in den Hintern treten, weil sie sich nicht leiden können, dass sie manchmal morgens in den Spiegel gucken, und sich unmöglich finden. Haben sie diese Phase überwunden?
Anderson: Manchmal stehe ich immer noch auf, und find mich unmöglich. Aber ich habe mittlerweile herausgefunden, woran das liegt. Es liegt an der Person, die man von den Medien widergespiegelt bekommt, die aber oft wenig mit einem selbst zu tun hat. Jeder, der in der Öffentlichkeit bekannt ist, hat diese zwei Persönlichkeiten. Einmal die, die man selbst ist, und einmal das, was aus einem von der Öffentlichkeit gemacht wird. Und manchmal mag man diese öffentliche Person nicht. Vor allem dann, wenn sie Besitz von meinem wahren Ich ergreift. Aber wahrscheinlich war ich damals einfach schlecht drauf und hatte Tourstress. Touren kann einen richtig fertigmachen. Man ist nicht zu Hause, man ist müde und gestresst. Und dann geht man auf die Bühne, und bekommt einen Adrenalinkick von all der Bewunderung, die man bekommt. Dann geht man von der Bühne, und denkt, man wäre ein Held, und plötzlich wird einem bewusst, dass man ein Loser ist. Ich könnte darüber ein Buch schreiben! Ich finde es faszinierend, was für psychische Veränderungen mit bekannten Musikern passieren. Überhaupt als öffentliche Person. Ich finde es faszinierend, wie sehr es einen als Person verändert.
Zayed: Wäre das tatsächlich eine Überlegung, wenn das Suede-Album fertig ist, oder falls es am Ende doch nicht zustande kommt, dass Sie so ein Buch schreiben?
Anderson: Ich habe oft darüber nachgedacht und bin unentschlossen. Viele sagen, ich solle ein Buch über meine Zeit Anfang der 90er schreiben. Das finde ich allerdings total langweilig. Ich glaube, niemand braucht noch mehr Bücher über die Musikszene Anfang der 90er in England. Davon gibt's schon zu viele, und die meisten davon sind schlecht. Andererseits möchte ich sehr gern ein Buch schreiben, weil ich Literatur liebe. Am liebsten würde ich über meine Kindheit in Haywards Heath schreiben. Das wird dann wahrscheinlich sehr kitschig. Oder eine psychologische Betrachtung darüber, wie die Musikindustrie und der Ruhm den geistigen Zustand eines Musikers total verwirrt. Das fände ich, ehrlich gesagt, sehr interessant.
Brett Anderson: Das stimmt! Ich habe die einfache Rockmusik sehr vermisst. Ich habe drei sehr obskure Platten gemacht, was auch so gewollt war, aber jetzt dachte ich, es wird mal wieder Zeit für eine Rockplatte. Und ich habs so sehr genossen wieder in einer Rockband zu sein! Als Suede sich wieder für ein paar Konzerte zusammentaten, hab ich mich wieder daran erinnert, wie magisch es sein kann, in einer Rockband zu sein. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, einfach nur mit ein paar Jungs und ihren Gitarren auf einer Bühne zu stehen! Und da hab ich gedacht, das mein Album genau so klingen soll. Es geht zwar immer noch um Songs und Melodien, aber ich bin es anders angegangen als sonst. Ich hatte keine Songs geschrieben, keine Melodien, keine Texte nichts! Ich bin einfach ins Studio und hab irgendwas ausprobiert, herumgejammt. So lange, bis die Songs überhaupt nicht mehr so klangen wie am Anfang. Erst dann hab ich die Texte geschrieben.
Zayed: Sie sagen, sie möchten gerne zurück zu den alten Suede-Tagen, und sich damit als Musiker befreien. Geht das überhaupt noch, wenn man Brett Anderson heißt, und so eine Vorgeschichte hat? Sie sind ja kein unerfahrener Musiker Anfang 20 mehr, sondern sie haben schon vor 15, 20, 50.000 Leuten gespielt. Das muss sie doch als Mensch verändern?
Anderson: Da haben Sie recht, das tut es. Aber man kann diese Unschuld oder Naivität wiedererlangen. Das Problem ist, dass man irgendwann in seiner Karriere anfängt, Dinge aus den falschen Gründen zu tun. Und davon muss man sich zu allererst freimachen. Ich probe jetzt gerade wieder mit Suede, und da gibt es nichts außer mir und der Band in einem Zimmer. Wir haben da keine Roadies rumstehen, wir haben keinen Manager dabei, der rumsitzt und Anweisungen gibt, wir versuchen gerade einfach wieder dahin zurückzugehen, wo wir angefangen haben. Das Allerwichtigste ist, seine Wurzeln wiederzufinden, und das versuchen wir gerade.
Zayed: Sie machen sich selber Druck, aber die Medien und Fans ja auch. Nun fragen doch alle, wie wird denn das neue Album. Und alles, was sie im Moment sagen können ist, dass sie es selbst noch nicht wissen. Das ist doch wahrscheinlich nicht einfach?
Anderson: Einfach von allen abschotten! Am besten man mietet sich den billigsten Proberaum, den man finden kann, schließt seine eigenen uralten Amps an, und lernt vor allem wieder, wie das geht, denn es ist ja kein Roadie da, und vor allem versuche ich, mich vor Fans und Medien abzuschirmen. Ich geb zwar jetzt ein Interview, aber das wird wohl vorerst das letzte sein.
Zayed: Sie haben offenbar eine Menge Energie. Jetzt sind gerade mit Ihrem Solo-Album auf Tour und Sie sprechen vom neuen Suede-Album. Wie sieht ihr Plan für 2012 aus? Noch mehr touren?
Anderson: Ich kanns noch nicht genau sagen. Aber wir schreiben gerade das neue Suede-Album, und da liegt gerade mein Hauptschwerpunkt. Ich kann zwar noch nicht sagen, ob es was taugen wird. Wenn nicht, bringen wir es halt nicht raus. Aber im Moment fühlt es sich gut und spannend an. Und wenn es was taugt, gibt's dann nächstes Jahr auch eine Suede Tour.
Zayed: Aber sie könnten uns wahrscheinlich jetzt noch nicht sagen, wann das Album nächstes Jahr rauskommen würde, falls es kommt?
Anderson: Ich wünschte, ich wüsste es selbst! Ich habe wirklich keine Ahnung! Wir haben gerade mal sieben oder acht Songs geschrieben. Keine Ahnung, ob auch nur einer davon auf dem Album landet. Ich finde Songschreiben ist so ein langer, ermüdender, schwerer Prozess. Manchmal schreibt man einen Song, und denkt, er ist gut genug, und plötzlich wird einem klar, dass das gerade erst der Anfang des Entwicklungsstadiums ist, und man sich jetzt erst richtig an den Song dransetzen muss. Vielleicht machen wir diesmal was ganz andres. Ich hab keine Ahnung!
Zayed: Ich könnte mir vorstellen, dass man sich auch erst wieder aneinander gewöhnen muss. Ist das nicht manchmal ein sehr langer, aber vielleicht auch sehr inspirierender Prozess?
Anderson: Das stimmt! Und hinzu kommt, dass wir alle akzeptieren müssen, dass alles, wofür es sich lohnt zu arbeiten, nicht leicht sein kann. Es ist Blödsinn zu behaupten, dass man als Band besser ist als alle anderen Musiker. Man steht immer im inneren Wettstreit mit der Musik seiner eigenen Vorbilder. Dann wird noch von seiner eigenen Historie verfolgt. Man will einfach nichts Zweitklassiges rausbringen. Aber der Preis, für den man arbeitet, ist es, der einen antreibt. Ich rede dabei nicht von Geld, sondern von der Überzeugung, es richtig gemacht zu haben. Im Moment kann ich an nichts anderes denken als an dieses neue Album! Und ich weiß, dass ich ein Wrack sein werde, wenn das Album fertig ist.
Zayed: Das letzte Mal, als ich mit ihnen gesprochen habe, haben Sie mir gesagt, dass sie sich selbst bekämpfen. Dass sie morgens aufstehen, und sich in den Hintern treten, weil sie sich nicht leiden können, dass sie manchmal morgens in den Spiegel gucken, und sich unmöglich finden. Haben sie diese Phase überwunden?
Anderson: Manchmal stehe ich immer noch auf, und find mich unmöglich. Aber ich habe mittlerweile herausgefunden, woran das liegt. Es liegt an der Person, die man von den Medien widergespiegelt bekommt, die aber oft wenig mit einem selbst zu tun hat. Jeder, der in der Öffentlichkeit bekannt ist, hat diese zwei Persönlichkeiten. Einmal die, die man selbst ist, und einmal das, was aus einem von der Öffentlichkeit gemacht wird. Und manchmal mag man diese öffentliche Person nicht. Vor allem dann, wenn sie Besitz von meinem wahren Ich ergreift. Aber wahrscheinlich war ich damals einfach schlecht drauf und hatte Tourstress. Touren kann einen richtig fertigmachen. Man ist nicht zu Hause, man ist müde und gestresst. Und dann geht man auf die Bühne, und bekommt einen Adrenalinkick von all der Bewunderung, die man bekommt. Dann geht man von der Bühne, und denkt, man wäre ein Held, und plötzlich wird einem bewusst, dass man ein Loser ist. Ich könnte darüber ein Buch schreiben! Ich finde es faszinierend, was für psychische Veränderungen mit bekannten Musikern passieren. Überhaupt als öffentliche Person. Ich finde es faszinierend, wie sehr es einen als Person verändert.
Zayed: Wäre das tatsächlich eine Überlegung, wenn das Suede-Album fertig ist, oder falls es am Ende doch nicht zustande kommt, dass Sie so ein Buch schreiben?
Anderson: Ich habe oft darüber nachgedacht und bin unentschlossen. Viele sagen, ich solle ein Buch über meine Zeit Anfang der 90er schreiben. Das finde ich allerdings total langweilig. Ich glaube, niemand braucht noch mehr Bücher über die Musikszene Anfang der 90er in England. Davon gibt's schon zu viele, und die meisten davon sind schlecht. Andererseits möchte ich sehr gern ein Buch schreiben, weil ich Literatur liebe. Am liebsten würde ich über meine Kindheit in Haywards Heath schreiben. Das wird dann wahrscheinlich sehr kitschig. Oder eine psychologische Betrachtung darüber, wie die Musikindustrie und der Ruhm den geistigen Zustand eines Musikers total verwirrt. Das fände ich, ehrlich gesagt, sehr interessant.