Sigrid Fischer: Jeff Bridges, Sie haben als Schauspieler ein Spektrum ungewöhnlicher Typen etabliert, Antihelden, Grenzgänger, einer markanter als der andere -, zuletzt den Countrysänger in "Crazy Heart" und den Marshall in "True Grit", es scheint, da haben Sie Ihr Fach gefunden.
Jeff Bridges: Ich will eigentlich nichts etablieren, sondern gute Geschichten erzählen mit interessanten Figuren. Früher hätte ich einen Film wie "True Grit" wahrscheinlich abgelehnt, weil ich damals sehr darauf geachtet habe, keine zu markanten Figuren zu kreieren, um nicht drauf festgelegt zu werden. So wie mein Vater Lloyd Bridges mit seinem Film "Seahunt - Abenteuer unter Wasser". Der war sehr erfolgreich, die Leute dachten, er wäre wirklich ein Rettungstaucher, weil er so echt rüberkam. Das war ein Kompliment für ihn, aber er bekam dann nur noch solche Rollen angeboten. Und da hab ich mir gesagt, dass ich gar nicht erst so eine so eine markante Figur spielen will. Vor ungefähr zehn Jahren hab ich das dann aber aufgegeben, wenn Rollen in zwei Filmen nacheinander mal ähnlich angelegt sind, mach ich mir da heute keinen Kopf mehr drum.
Fischer: Ihr Vater hat auch viele andere Rollen gespielt, Western wie "Zwölf Uhr mittags" zum Beispiel. Mussten Sie daran denken, als Sie den Marshall in "True Grit" spielten?
Bridges: Die meisten Kinder, besonders die Jungen, spielen Cowboy und Indianer, und so ein Western erinnert einen dann unweigerlich an die Kindheit. Und wir haben uns damals ja auch verkleidet. Wenn mein Vater dann von einem Westerndreh nach Hause kam in voller Montur, die ledernen Cowboyhosen und all das, den Staub noch in den Klamotten - dann hab ich meine Freunde gerufen: "Hey, kommt rüber, hier haben wir die echten Sachen."
Fischer: Die Schauspielerfamilie hat sie geprägt, Ihre Mutter Dorothy hat mit den Kindern geübt, wie war der Weg ins Business für Sie?
Bridges: Meine Eltern liebten das Showbiz und waren sehr eifrig dafür zu sorgen, dass ihre Kinder auch einsteigen, aber wie Kinder so sind, wollte ich eben genau nicht das machen, was meine Eltern wollten, sondern was ich wollte, Musik oder Kunst oder so. Deshalb habe ich erst sehr spät entschieden, dass ich die Schauspielerei wirklich als Beruf ausüben möchte, etwa nach meinem zwölften Film wusste ich das erst. Und habe dann aber festgestellt, dass ich ja die anderen Interessen, die ich habe, in die Filme einbringen kann. Die Musik zum Beispiel in "Crazy Heart". Und das funktioniert ja alles sehr gut für mich, deshalb bin ich froh, dass ich schließlich doch auf meine Eltern gehört habe.
Fischer: In "Crazy Heart" spielen Sie Country-Gitarre, wie auch auf ihrem Album, das bald erscheint, in den "Fabelhaften Baker Boys" sah man Sie am Klavier sitzen, das heißt, an Ihnen ist nicht wirklich ein Musiker verloren gegangen?
Bridges: Na ja, da hätte ich mal besser auf meine Mutter gehört und weiter Klavierstunden genommen. Sie hat gesagt: Okay, du kannst aufhören zu üben, aber du wirst es bereuen. Und sie hatte recht. Ich meine, Klavier, das ist das wichtigste Instrument überhaupt, ich kann es auch ein bisschen spielen, aber nicht gut genug. Bei den "Fabelhaften Baker Boys" haben wir getrickst. Ich habe den Regisseur gebeten, mir zu sagen, wann er von meinen Händen auf mein Gesicht schwenken will mit der Kamera, damit ich genau die Passagen lerne. Man hört im Film zwar Dave Grusin am Klavier, aber man sieht, wie ich die Noten spiele, und ich denke, es sieht echt aus.
Fischer: Heute kann man noch ganz anders tricksen, in "Tron Legacy" begegnen Sie sich selbst als jüngeres, digitalisiertes Ich. Wie gefällt Ihnen denn die Arbeit am digitalen Set, wo nichts mehr real vorhanden ist?
Bridges: Ja, sehr komisch ist das, aber genau deshalb wollte ich "Tron Legacy" ja auch machen, weil ich mal sehen wollte, wie das funktioniert, Filme ohne Kamera zu drehen. Denn dahin geht ja die Entwicklung, dass wir Filme ohne Kamera drehen. Davon werden wir immer mehr sehen. Der eigentliche Film entsteht erst in der Postproduktion. "Performance Capture" heißt das glaube ich. Man steht in einem Raum, egal wie groß der ist, und sie richten Hunderte von Sensoren auf dich, man hat diese Markierungspunkte auf dem Gesicht und dann spielt man seinen Part. Und alles - vom Make-up über Kostüme und Drehort bis zur Kameraeinstellung - wird nachträglich hinzugefügt. Also das war schon sehr ungewöhnlich, um das hinzukriegen, braucht man ganz andere Fertigkeiten. Das ist in etwa so, wie, wenn man als Kind beim Spielen nur so tut als ob, weil man die echten Sachen nicht zur Verfügung hat und sich das alles in der Fantasie vorstellen muss. Ich meine, echte Kostüme und echte Drehsets sind mir schon lieber, darauf stütze ich mich gerne. Aber man muss ja mal in die Zukunft des Films hineinschnuppern. Und das Gute an dieser Technologie ist ja, dass Schauspieler ihre Figuren jetzt in allen Altersstufen spielen können. Ich könnte auch einen Achtjährigen spielen. Noch sind sie nicht ganz soweit, aber bald.
Fischer: Im Vergleich zum Theater gilt ja beim Film immer: Weniger ist mehr. Ihr Spiel bezeichnet man gerne als sehr "lässig", "entspannt". Ist das also ein goldenes Gesetz auch für Sie?
Bridges: Ja, da ist vielleicht was dran. Andererseits kann man aber genauso gut sagen: Man kann auch mehr machen. Bei Lee Marvin war es zum Beispiel immer so, dass, wenn die Kamera sehr nah an sein Gesicht fuhr, und es hieß er solle sich zurücknehmen, dann hat er immer gesagt: Nein, mehr, mehr! Also das funktioniert auch. Ich glaube, es kommt vor allem darauf an, dass man ehrlich und überzeugend ist. Man sollte nichts erzwingen, das merken die Leute nämlich. Wenn man übertreibt. Auch wenn im Drehbuch manchmal solche Regieanweisungen stehen, darf man sich nicht verpflichtet fühlen, zu dramatisieren und man darf den Zuschauern nicht vorschrieben, wie sie empfinden sollen. Die sind wie die Fliege an der Wand. Mir gefallen die Filme und Darstellungen am besten, wo ich als Zuschauer die Fliege an der Wand bin, die nur zuschaut.
Fischer: Es hat lange gedauert, bis Sie sich mit Ihrem Können einen Oscar erspielt haben - letztes Jahr mit "Crazy Heart". Machen Sie sich da überhaupt was draus?
Bridges: Schön an all diesen Preisgeschichten ist es, dass man von den Kollegen in seiner Leistung anerkannt wird. Ansonsten sind die Preise vor allem wichtig für den kommerziellen Erfolg, was ja auch gut ist, man will ja schließlich, dass die Leute unsere Filme sehen. Es ist Werbung, auch das ist ein wichtiger Aspekt dabei.
Fischer: Aber rote Teppiche hat man das Gefühl, sind nicht so unbedingt Ihre Sache oder?
Bridges: Ach, das hängt dann von meiner jeweiligen Laune ab, wie ich mich gerade fühle. Manchmal finde ich es witzig, manchmal nervt es mich auch. Aber das ganze Tamtam, das Blitzlichtgewitter, tschtsch, - man denkt immer, man gewöhnt sich dran, aber mir gelingt das nicht. Daran kann mich nicht gewöhnen. Und ich vergesse das auch immer wieder. Erst wenn ich aus dem Auto steige, den roten Teppich sehe und das Geknipse los geht, bababam, fällt es mir wieder ein. Es überrascht mich jedes Mal wieder. Und was die Fans angeht, da hat sich auch einiges geändert, oder? Ich vermute ja, dass es richtig professionelle Fans gibt. Die gehen raus, versuchen so viele Autogramme und Fotos zu kriegen wie möglich, um sie zu verkaufen. Also geb ich meine Unterschrift und denke mir: Na, vielleicht kann er die für zehn Dollar oder so verkaufen. Das finde ich cool.
Jeff Bridges: Ich will eigentlich nichts etablieren, sondern gute Geschichten erzählen mit interessanten Figuren. Früher hätte ich einen Film wie "True Grit" wahrscheinlich abgelehnt, weil ich damals sehr darauf geachtet habe, keine zu markanten Figuren zu kreieren, um nicht drauf festgelegt zu werden. So wie mein Vater Lloyd Bridges mit seinem Film "Seahunt - Abenteuer unter Wasser". Der war sehr erfolgreich, die Leute dachten, er wäre wirklich ein Rettungstaucher, weil er so echt rüberkam. Das war ein Kompliment für ihn, aber er bekam dann nur noch solche Rollen angeboten. Und da hab ich mir gesagt, dass ich gar nicht erst so eine so eine markante Figur spielen will. Vor ungefähr zehn Jahren hab ich das dann aber aufgegeben, wenn Rollen in zwei Filmen nacheinander mal ähnlich angelegt sind, mach ich mir da heute keinen Kopf mehr drum.
Fischer: Ihr Vater hat auch viele andere Rollen gespielt, Western wie "Zwölf Uhr mittags" zum Beispiel. Mussten Sie daran denken, als Sie den Marshall in "True Grit" spielten?
Bridges: Die meisten Kinder, besonders die Jungen, spielen Cowboy und Indianer, und so ein Western erinnert einen dann unweigerlich an die Kindheit. Und wir haben uns damals ja auch verkleidet. Wenn mein Vater dann von einem Westerndreh nach Hause kam in voller Montur, die ledernen Cowboyhosen und all das, den Staub noch in den Klamotten - dann hab ich meine Freunde gerufen: "Hey, kommt rüber, hier haben wir die echten Sachen."
Fischer: Die Schauspielerfamilie hat sie geprägt, Ihre Mutter Dorothy hat mit den Kindern geübt, wie war der Weg ins Business für Sie?
Bridges: Meine Eltern liebten das Showbiz und waren sehr eifrig dafür zu sorgen, dass ihre Kinder auch einsteigen, aber wie Kinder so sind, wollte ich eben genau nicht das machen, was meine Eltern wollten, sondern was ich wollte, Musik oder Kunst oder so. Deshalb habe ich erst sehr spät entschieden, dass ich die Schauspielerei wirklich als Beruf ausüben möchte, etwa nach meinem zwölften Film wusste ich das erst. Und habe dann aber festgestellt, dass ich ja die anderen Interessen, die ich habe, in die Filme einbringen kann. Die Musik zum Beispiel in "Crazy Heart". Und das funktioniert ja alles sehr gut für mich, deshalb bin ich froh, dass ich schließlich doch auf meine Eltern gehört habe.
Fischer: In "Crazy Heart" spielen Sie Country-Gitarre, wie auch auf ihrem Album, das bald erscheint, in den "Fabelhaften Baker Boys" sah man Sie am Klavier sitzen, das heißt, an Ihnen ist nicht wirklich ein Musiker verloren gegangen?
Bridges: Na ja, da hätte ich mal besser auf meine Mutter gehört und weiter Klavierstunden genommen. Sie hat gesagt: Okay, du kannst aufhören zu üben, aber du wirst es bereuen. Und sie hatte recht. Ich meine, Klavier, das ist das wichtigste Instrument überhaupt, ich kann es auch ein bisschen spielen, aber nicht gut genug. Bei den "Fabelhaften Baker Boys" haben wir getrickst. Ich habe den Regisseur gebeten, mir zu sagen, wann er von meinen Händen auf mein Gesicht schwenken will mit der Kamera, damit ich genau die Passagen lerne. Man hört im Film zwar Dave Grusin am Klavier, aber man sieht, wie ich die Noten spiele, und ich denke, es sieht echt aus.
Fischer: Heute kann man noch ganz anders tricksen, in "Tron Legacy" begegnen Sie sich selbst als jüngeres, digitalisiertes Ich. Wie gefällt Ihnen denn die Arbeit am digitalen Set, wo nichts mehr real vorhanden ist?
Bridges: Ja, sehr komisch ist das, aber genau deshalb wollte ich "Tron Legacy" ja auch machen, weil ich mal sehen wollte, wie das funktioniert, Filme ohne Kamera zu drehen. Denn dahin geht ja die Entwicklung, dass wir Filme ohne Kamera drehen. Davon werden wir immer mehr sehen. Der eigentliche Film entsteht erst in der Postproduktion. "Performance Capture" heißt das glaube ich. Man steht in einem Raum, egal wie groß der ist, und sie richten Hunderte von Sensoren auf dich, man hat diese Markierungspunkte auf dem Gesicht und dann spielt man seinen Part. Und alles - vom Make-up über Kostüme und Drehort bis zur Kameraeinstellung - wird nachträglich hinzugefügt. Also das war schon sehr ungewöhnlich, um das hinzukriegen, braucht man ganz andere Fertigkeiten. Das ist in etwa so, wie, wenn man als Kind beim Spielen nur so tut als ob, weil man die echten Sachen nicht zur Verfügung hat und sich das alles in der Fantasie vorstellen muss. Ich meine, echte Kostüme und echte Drehsets sind mir schon lieber, darauf stütze ich mich gerne. Aber man muss ja mal in die Zukunft des Films hineinschnuppern. Und das Gute an dieser Technologie ist ja, dass Schauspieler ihre Figuren jetzt in allen Altersstufen spielen können. Ich könnte auch einen Achtjährigen spielen. Noch sind sie nicht ganz soweit, aber bald.
Fischer: Im Vergleich zum Theater gilt ja beim Film immer: Weniger ist mehr. Ihr Spiel bezeichnet man gerne als sehr "lässig", "entspannt". Ist das also ein goldenes Gesetz auch für Sie?
Bridges: Ja, da ist vielleicht was dran. Andererseits kann man aber genauso gut sagen: Man kann auch mehr machen. Bei Lee Marvin war es zum Beispiel immer so, dass, wenn die Kamera sehr nah an sein Gesicht fuhr, und es hieß er solle sich zurücknehmen, dann hat er immer gesagt: Nein, mehr, mehr! Also das funktioniert auch. Ich glaube, es kommt vor allem darauf an, dass man ehrlich und überzeugend ist. Man sollte nichts erzwingen, das merken die Leute nämlich. Wenn man übertreibt. Auch wenn im Drehbuch manchmal solche Regieanweisungen stehen, darf man sich nicht verpflichtet fühlen, zu dramatisieren und man darf den Zuschauern nicht vorschrieben, wie sie empfinden sollen. Die sind wie die Fliege an der Wand. Mir gefallen die Filme und Darstellungen am besten, wo ich als Zuschauer die Fliege an der Wand bin, die nur zuschaut.
Fischer: Es hat lange gedauert, bis Sie sich mit Ihrem Können einen Oscar erspielt haben - letztes Jahr mit "Crazy Heart". Machen Sie sich da überhaupt was draus?
Bridges: Schön an all diesen Preisgeschichten ist es, dass man von den Kollegen in seiner Leistung anerkannt wird. Ansonsten sind die Preise vor allem wichtig für den kommerziellen Erfolg, was ja auch gut ist, man will ja schließlich, dass die Leute unsere Filme sehen. Es ist Werbung, auch das ist ein wichtiger Aspekt dabei.
Fischer: Aber rote Teppiche hat man das Gefühl, sind nicht so unbedingt Ihre Sache oder?
Bridges: Ach, das hängt dann von meiner jeweiligen Laune ab, wie ich mich gerade fühle. Manchmal finde ich es witzig, manchmal nervt es mich auch. Aber das ganze Tamtam, das Blitzlichtgewitter, tschtsch, - man denkt immer, man gewöhnt sich dran, aber mir gelingt das nicht. Daran kann mich nicht gewöhnen. Und ich vergesse das auch immer wieder. Erst wenn ich aus dem Auto steige, den roten Teppich sehe und das Geknipse los geht, bababam, fällt es mir wieder ein. Es überrascht mich jedes Mal wieder. Und was die Fans angeht, da hat sich auch einiges geändert, oder? Ich vermute ja, dass es richtig professionelle Fans gibt. Die gehen raus, versuchen so viele Autogramme und Fotos zu kriegen wie möglich, um sie zu verkaufen. Also geb ich meine Unterschrift und denke mir: Na, vielleicht kann er die für zehn Dollar oder so verkaufen. Das finde ich cool.