Eigentlich zählt Marcel Odenbach zu den Pionieren der kritischen Medienkunst in Deutschland. Anders als viele jüngere Videokünstler hat der 1953 geborene Kölner nie wirklich auf den Bildschirm als Medium höherer Authentizität vertraut, auch die Steigerung des filmischen Pathos in die Kunst wie bei Bill Viola war nie sein Anliegen. Gleichwohl, und im Gegensatz zu anderen Pionieren wie Valie Export oder Nam June Paik hielt er sich mit experimentellen Versuchsanordnungen zurück Immer geht es ihm um Dokumentation, dabei jedoch um einen erweiterten Begriff von Dokumentation. Immer geht es durchaus um die Kunst der Beobachtung und auch der versteckten Emotion, doch verwendet er häufig Bilder aus zweiter Hand, Fotografien oder Filmbilder, die schon zu sehen waren und aus anderen Zusammenhängen stammen, um damit eine Art Kollage herzustellen, die sich zu einer eigenen Erzählung verdichtet. Er hat sich frühzeitig für globale Themen interessiert, für Krisenberichterstattung und die globale Sprache der Medien allgemein, lange bevor Videokunst überhaupt als solche anerkannt war. Vielfach hat er sich auch mit der deutschen Geschichte, vor allem des Dritten Reiches auseinandergesetzt.
"In stillen Teichen lauern Krokodile" - so lautet der Titel einer jüngeren großen Videoinstallation, um die im Hamburger Bahnhof mehrere weitere Werke Odenbachs gruppiert worden sind, und sie zeigen ihn als politisch engagierten Künstler, der bei aller theoretischen Versiertheit und bei aller Medienkritik doch stets darum bemüht ist, autobiographische Linien in seinen Bildern anzulegen und zu verbinden. So beteuert er, dass sein Interesse an Afrika vermutlich weniger auf seine Tätigkeit im Filmarchiv der UNO in New York Mitte der neunziger Jahre zurückgeht, wo er auf dokumentarisches Material vom Völkermord in Ruanda stieß, das ihn, so Odenbach, "ungeheuer beeindruckt" habe und zum Ausgangspunkt für zahlreiche Arbeiten geworden sei. Im Grunde sei das Thema schon viel länger bei ihm angelegt, da seine Großmutter als gebürtige Belgierin vielfache Verwandtschaft in der ehemaligen belgischen Kolonie des Kongo gehabt habe. Auf alten Familienfotos, die der Künstler zu dieser Ausstellung bereitwillig beisteuert, ist der kleine Marcel denn auch mit afrikanischem Kinderschmuck zu sehen. Und schon ist man mittendrin im Geflecht aus Geschichten und Geschichte, das Odenbach so gern um seine Themen herum entfaltet.
Die Kolonialgeschichte des Kongo tangiert auch das Deutsche Kaiserreich, das kurzzeitig ebenfalls Kolonialmacht dort war, und nicht weit entfernt, im so genannten Deutsch Süd-West, dem heutigen Namibia, seinen ersten Völkermord an den Hereros beging - eine bis heute politisch nicht wirklich aufgearbeitete Geschichte. Odenbachs Foto- und Videokollagen nähern sich der mehr oder weniger verborgenen Grausamkeit der Geschichte des Schwarzen Kontinents immer wieder an, wie etwa die frühen Kurzfilme "Die Distanz zwischen mir und meinen Verlusten" von 1983 oder "Step by Step" von 1997. Überall wird Odenbachs immense Begabung zur unterschwellig aufgeladenen, dennoch wie nebensächlichen Beobachtung von alltäglichen Vorgängen offenbar. Die große Doppelprojektion "In stillen Teichen lauern Krokodile" von 2004 ist in dieser Hinsicht wahrscheinlich sein Opus Magnum. In einer halbstündigen Bilderfolge präsentiert er zunächst bukolisch anmutende Idyllen vom afrikanischen Landleben in Ruanda, in Regionen, in denen man sich ständig fragen muss, ob die Menschen dort auf den Feldern Bauern sind oder ob sie nicht vielleicht gerade nach Leichen suchen. Keine Sekunde lang zeigt der Film irgendeine Grausamkeit oder Kriegshandlung, und doch ist klar, dass der Boden mit Blut getränkt ist. Die Bilder, ostentativ begleitet von den Klängen der Bachschen Matthäus-Passion, nehmen gefangen in ihrer atmosphärischen Dichte, Kinder öffnen ihre Münder zu erstickten Schreien, doch nichts geschieht. Der Betrachter wie die lethargisch der Hitze ausgelieferte Landschaft bleiben unerlöst, anders als bei Bach gibt es hier keine reinigende Katharsis. Man bleibt ein hilfloser und letztlich stummer Zeuge von etwas, wovon man selbst in den westlichen Medien nur eher verhalten erfuhr. Das Geheimnis dieser westlichen Medien ist ja bekanntlich auch nicht das, was sie zeigen, sondern das was sie fortlassen .So gesehen thematisiert Odenbach das gesammelte Schweigen der Bilder - und lässt es sein Publikum bewusst unangenehm spüren.
"In stillen Teichen lauern Krokodile" - so lautet der Titel einer jüngeren großen Videoinstallation, um die im Hamburger Bahnhof mehrere weitere Werke Odenbachs gruppiert worden sind, und sie zeigen ihn als politisch engagierten Künstler, der bei aller theoretischen Versiertheit und bei aller Medienkritik doch stets darum bemüht ist, autobiographische Linien in seinen Bildern anzulegen und zu verbinden. So beteuert er, dass sein Interesse an Afrika vermutlich weniger auf seine Tätigkeit im Filmarchiv der UNO in New York Mitte der neunziger Jahre zurückgeht, wo er auf dokumentarisches Material vom Völkermord in Ruanda stieß, das ihn, so Odenbach, "ungeheuer beeindruckt" habe und zum Ausgangspunkt für zahlreiche Arbeiten geworden sei. Im Grunde sei das Thema schon viel länger bei ihm angelegt, da seine Großmutter als gebürtige Belgierin vielfache Verwandtschaft in der ehemaligen belgischen Kolonie des Kongo gehabt habe. Auf alten Familienfotos, die der Künstler zu dieser Ausstellung bereitwillig beisteuert, ist der kleine Marcel denn auch mit afrikanischem Kinderschmuck zu sehen. Und schon ist man mittendrin im Geflecht aus Geschichten und Geschichte, das Odenbach so gern um seine Themen herum entfaltet.
Die Kolonialgeschichte des Kongo tangiert auch das Deutsche Kaiserreich, das kurzzeitig ebenfalls Kolonialmacht dort war, und nicht weit entfernt, im so genannten Deutsch Süd-West, dem heutigen Namibia, seinen ersten Völkermord an den Hereros beging - eine bis heute politisch nicht wirklich aufgearbeitete Geschichte. Odenbachs Foto- und Videokollagen nähern sich der mehr oder weniger verborgenen Grausamkeit der Geschichte des Schwarzen Kontinents immer wieder an, wie etwa die frühen Kurzfilme "Die Distanz zwischen mir und meinen Verlusten" von 1983 oder "Step by Step" von 1997. Überall wird Odenbachs immense Begabung zur unterschwellig aufgeladenen, dennoch wie nebensächlichen Beobachtung von alltäglichen Vorgängen offenbar. Die große Doppelprojektion "In stillen Teichen lauern Krokodile" von 2004 ist in dieser Hinsicht wahrscheinlich sein Opus Magnum. In einer halbstündigen Bilderfolge präsentiert er zunächst bukolisch anmutende Idyllen vom afrikanischen Landleben in Ruanda, in Regionen, in denen man sich ständig fragen muss, ob die Menschen dort auf den Feldern Bauern sind oder ob sie nicht vielleicht gerade nach Leichen suchen. Keine Sekunde lang zeigt der Film irgendeine Grausamkeit oder Kriegshandlung, und doch ist klar, dass der Boden mit Blut getränkt ist. Die Bilder, ostentativ begleitet von den Klängen der Bachschen Matthäus-Passion, nehmen gefangen in ihrer atmosphärischen Dichte, Kinder öffnen ihre Münder zu erstickten Schreien, doch nichts geschieht. Der Betrachter wie die lethargisch der Hitze ausgelieferte Landschaft bleiben unerlöst, anders als bei Bach gibt es hier keine reinigende Katharsis. Man bleibt ein hilfloser und letztlich stummer Zeuge von etwas, wovon man selbst in den westlichen Medien nur eher verhalten erfuhr. Das Geheimnis dieser westlichen Medien ist ja bekanntlich auch nicht das, was sie zeigen, sondern das was sie fortlassen .So gesehen thematisiert Odenbach das gesammelte Schweigen der Bilder - und lässt es sein Publikum bewusst unangenehm spüren.