Sol kommt aus der Schule. Sie ist 17 Jahre alt, hat lange schwarze Locken, große Augen. Anfang dieses Jahres hat sie eine Schwangerschaft abgebrochen. Niemand in ihrer Klasse weiß davon. Als der Test positiv ausfiel, wollte sie sterben, erzählt sie in einem Beratungszentrum. Vor allem der Gang zu den Eltern sei ihr schwergefallen:
"Die Eltern meines Freundes haben gesagt, dass er gleich ausziehen kann, wenn er Vater würde. Meine Eltern bringen mich um, dachte ich. Aber im Beratungszentrum sagten sie mir, dass ich ohne Einverständnis meiner Eltern nicht abtreiben dürfte. Ich erzählte es meiner Mutter. Sie wurde ganz weiß. Ich fing an zu weinen. Sie machte mir Vorwürfe: ob ich nicht besser auf mich aufpassen könne. Nach einiger Zeit sagte sie es meinem Vater."
Mit dem Vater hat Sol bis heute nicht darüber gesprochen. Ihre Mutter hat sie auch nicht zum Abbruch begleitet. Ihre Eltern blickten sie seither an, als hätte sie sie enttäuscht, erzählt sie. Dabei habe sie immer verhütet, beteuert sie, doch ein Kondom müsse kaputt gewesen sein. Wenn das neue Gesetz in der vorliegenden Fassung schon in Kraft wäre, nach dem Minderjährige ab 16 Jahren ohne Einverständnis der Eltern abtreiben dürfen, hätten Sols Eltern nie von der Schwangerschaft erfahren:
"Nein, ich hätte davon nichts erzählt. Ich mache vieles in meinem Leben alleine. Ich bin alt genug dafür. Meine Freundinnen sind anders, die erzählen immer alles. Meine Mutter weiß auch nicht, dass ich jetzt die Pille nehme. Ich nehme sie heimlich. Sie würde sagen, ich bin zu jung. Ich sollte die 'normale Methode' benutzen."
Dem Gesetz über die Patientenrechte zufolge dürfen Minderjährige in Spanien sich ab 16 Jahren Brüste vergrößern lassen oder lebensrettende Maßnahmen ablehnen - auch gegen den Willen ihrer Eltern. Deshalb sollten sie auch über einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden dürften, argumentiert die spanische Frauenministerin, die die Gesetzesreform vorgelegt hat. Doch auch viele Eltern, die sonst für die Reform sind, meinen, sie sollten bei einer Abtreibung das letzte Wort haben. Dabei hat es sich auch Sol nicht leicht gemacht:
"Das Schwierigste war die Entscheidung. Ich konnte nicht einfach sagen, 'ich treibe ab'. Ich spürte, da wächst in mir etwas. Ich weinte, habe mit Psychologen geredet. Das ist nicht einfach ins Beratungszentrum gehen und sagen: Abtreibung! Nein. Meine Eltern haben nicht genug Geld, um noch ein drittes Kind großzuziehen. Ich müsste mit der Schule aufhören. Und mir gefällt es in der Schule. Ich hätte die Schwangerschaft schon fortgeführt. Aber es ging einfach nicht."
Beim katholischen Familienforum werden unterdessen Fahnen und T-Shirts sortiert. "Für das Leben, für die Frau, für die Mutterschaft - jedes Leben zählt", ist das Motto der Demonstration. Für die Organisatoren ist eine Abtreibung Mord am ungeborenen Leben. Wer schwanger wird, solle auch die Konsequenzen tragen, meint Rafael Lozano:
"Jetzt bietet man die Abtreibung als Lösung für den Fall eines geplatzten Kondoms an. Oder die Pille danach, die es ja jetzt rezeptfrei gibt. Niemand wird zur Abtreibung gezwungen. Es wird auch keine Frau dazu gezwungen, mit dem Erstbesten ins Bett zu gehen. Der erzieherische Effekt dieser Gesetzesreform ist doch, dass die sexuellen Beziehungen der Jugendlichen auf unkontrollierte Weise weiter zunehmen werden und somit auch die Zahl der Abtreibungen."
Selbst mit einem großen Erfolg wird die Demonstration morgen in Madrid die Reformpläne kaum aufhalten. Die Linksparteien haben die Mehrheit im spanischen Parlament. Sie wollen, dass Frauen künftig bis zur 14. Schwangerschaftswoche abtreiben dürfen, ohne ein Attest, das die seelische oder körperliche Gesundheit in Gefahr sieht. Auch in der Frage des Mitbestimmungsrechts bei Minderjährigen zeichnet sich ein Konsens ab: Die Eltern sollen wenigstens informiert werden, aber im Zweifel solle die Entscheidung der jungen Frauen gelten. Die 17-jährige Sol will die Demonstration ignorieren. Doch kalt lassen sie die Vorwürfe vom leichtfertigen Handeln und freizügigen Sexualleben nicht:
"Die reden viel, weil sie es nicht erlebt haben. Wer hat denn dann das Kind, wer gibt ihm zu essen? Diese Leute vielleicht? Wer wird die Windeln, die Kleider oder später die Schule bezahlen? Werden sie mir helfen, dass ich weiter zur Schule gehen kann? Nein. Stattdessen sagen sie: Du hast Dein Kind getötet. Sie sagen: Du hast nicht aufgepasst. Aber wir haben nie ohne Kondom zusammen geschlafen. Es war eine harte Entscheidung. Die konnte nur ich treffen. Nicht die. Ich kenne mein Leben. Sie nicht. Sie kennen nur ihr Leben."
"Die Eltern meines Freundes haben gesagt, dass er gleich ausziehen kann, wenn er Vater würde. Meine Eltern bringen mich um, dachte ich. Aber im Beratungszentrum sagten sie mir, dass ich ohne Einverständnis meiner Eltern nicht abtreiben dürfte. Ich erzählte es meiner Mutter. Sie wurde ganz weiß. Ich fing an zu weinen. Sie machte mir Vorwürfe: ob ich nicht besser auf mich aufpassen könne. Nach einiger Zeit sagte sie es meinem Vater."
Mit dem Vater hat Sol bis heute nicht darüber gesprochen. Ihre Mutter hat sie auch nicht zum Abbruch begleitet. Ihre Eltern blickten sie seither an, als hätte sie sie enttäuscht, erzählt sie. Dabei habe sie immer verhütet, beteuert sie, doch ein Kondom müsse kaputt gewesen sein. Wenn das neue Gesetz in der vorliegenden Fassung schon in Kraft wäre, nach dem Minderjährige ab 16 Jahren ohne Einverständnis der Eltern abtreiben dürfen, hätten Sols Eltern nie von der Schwangerschaft erfahren:
"Nein, ich hätte davon nichts erzählt. Ich mache vieles in meinem Leben alleine. Ich bin alt genug dafür. Meine Freundinnen sind anders, die erzählen immer alles. Meine Mutter weiß auch nicht, dass ich jetzt die Pille nehme. Ich nehme sie heimlich. Sie würde sagen, ich bin zu jung. Ich sollte die 'normale Methode' benutzen."
Dem Gesetz über die Patientenrechte zufolge dürfen Minderjährige in Spanien sich ab 16 Jahren Brüste vergrößern lassen oder lebensrettende Maßnahmen ablehnen - auch gegen den Willen ihrer Eltern. Deshalb sollten sie auch über einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden dürften, argumentiert die spanische Frauenministerin, die die Gesetzesreform vorgelegt hat. Doch auch viele Eltern, die sonst für die Reform sind, meinen, sie sollten bei einer Abtreibung das letzte Wort haben. Dabei hat es sich auch Sol nicht leicht gemacht:
"Das Schwierigste war die Entscheidung. Ich konnte nicht einfach sagen, 'ich treibe ab'. Ich spürte, da wächst in mir etwas. Ich weinte, habe mit Psychologen geredet. Das ist nicht einfach ins Beratungszentrum gehen und sagen: Abtreibung! Nein. Meine Eltern haben nicht genug Geld, um noch ein drittes Kind großzuziehen. Ich müsste mit der Schule aufhören. Und mir gefällt es in der Schule. Ich hätte die Schwangerschaft schon fortgeführt. Aber es ging einfach nicht."
Beim katholischen Familienforum werden unterdessen Fahnen und T-Shirts sortiert. "Für das Leben, für die Frau, für die Mutterschaft - jedes Leben zählt", ist das Motto der Demonstration. Für die Organisatoren ist eine Abtreibung Mord am ungeborenen Leben. Wer schwanger wird, solle auch die Konsequenzen tragen, meint Rafael Lozano:
"Jetzt bietet man die Abtreibung als Lösung für den Fall eines geplatzten Kondoms an. Oder die Pille danach, die es ja jetzt rezeptfrei gibt. Niemand wird zur Abtreibung gezwungen. Es wird auch keine Frau dazu gezwungen, mit dem Erstbesten ins Bett zu gehen. Der erzieherische Effekt dieser Gesetzesreform ist doch, dass die sexuellen Beziehungen der Jugendlichen auf unkontrollierte Weise weiter zunehmen werden und somit auch die Zahl der Abtreibungen."
Selbst mit einem großen Erfolg wird die Demonstration morgen in Madrid die Reformpläne kaum aufhalten. Die Linksparteien haben die Mehrheit im spanischen Parlament. Sie wollen, dass Frauen künftig bis zur 14. Schwangerschaftswoche abtreiben dürfen, ohne ein Attest, das die seelische oder körperliche Gesundheit in Gefahr sieht. Auch in der Frage des Mitbestimmungsrechts bei Minderjährigen zeichnet sich ein Konsens ab: Die Eltern sollen wenigstens informiert werden, aber im Zweifel solle die Entscheidung der jungen Frauen gelten. Die 17-jährige Sol will die Demonstration ignorieren. Doch kalt lassen sie die Vorwürfe vom leichtfertigen Handeln und freizügigen Sexualleben nicht:
"Die reden viel, weil sie es nicht erlebt haben. Wer hat denn dann das Kind, wer gibt ihm zu essen? Diese Leute vielleicht? Wer wird die Windeln, die Kleider oder später die Schule bezahlen? Werden sie mir helfen, dass ich weiter zur Schule gehen kann? Nein. Stattdessen sagen sie: Du hast Dein Kind getötet. Sie sagen: Du hast nicht aufgepasst. Aber wir haben nie ohne Kondom zusammen geschlafen. Es war eine harte Entscheidung. Die konnte nur ich treffen. Nicht die. Ich kenne mein Leben. Sie nicht. Sie kennen nur ihr Leben."