"Ich hätte nicht heiraten dürfen, ich bin ein Junggeselle... verlangend nach Einsamkeit", schreibt Wolfgang Koeppen in einer Notiz. Sein Leben, seine Biografie, sein Schreiben, begegnen uns heute auf zahllosen, einzelnen Blättern, etwa dreißig Romananfängen, unzähligen Briefen, Büchern und Fotos. "Ich verfolge mich"; "Das Schreiben ist geheim", "Das Ich ein Doppelgänger" steht auf kleinen Zetteln in einer Vitrine. Sind es nur irgendwelche Einfälle? Ist es schon die Idee zu einem neuen Roman? Und was bedeuten die Fotos dahinter, eine Serie von Selbstportraits im Spiegel?
Fragen über Fragen in dieser Ausstellung, jede von Koeppen beschriebene Seite, jedes noch so kleine Experiment, birgt ein Geheimnis. Bis ins hohe Alter verfolgte man den Autor: wo ist Dein neuer Roman? Doch Koeppen schwieg. "...dass ich Erwartungen immer enttäusche, dass selbst Vorschüsse mich nicht antreiben können..." schrieb er 1960 an Hilde Domin. Und es klingt fast kokett, wenn er bemerkt: "Ich brauche lebensrettend jedes Honorar, aber ich pfeife auf jedes Honorar, wenn man mir nicht zur Würdigung eines Literaturwerkes die Zeit lässt, die unter altmodischen, gebildeten Leuten üblich war." Die Ausstellung knüpft ein lockeres Gewebe, legt Spuren, setzt an, zieht sich zurück. Über allem thront das Schweigen des Autors, am besten vielleicht erfasst in einer grinsenden Büste, die Koeppen als sein Alter Ego ansah. Ihr setzte er sogar eine Brille auf, mit ihr ließ er sich fotografieren, in ihr fokussiert sich, wenn man so will, ein tragisch-komisches Leben. Sollen sie ihn doch fragen, wo mein nächster Roman bleibt, hört man Koeppen fast schon sagen.
"Manchmal auch geht die Depression oder der Pessimismus so weit, dass man sich sagt, wozu solle man es überhaupt tun. Aber darüber muss man dann hinweg kommen. Ich hoffe, dass ich jetzt auf einem guten Wege bin. Und außerdem diese Romananfänge, die will ich einmal als ein Buch erscheinen lassen. Wo zwar zwischen diesen Anfängen kein logischer Zusammenhang ist, aber doch im Grunde ein Thema fortgesetzt wird."
Koeppens Biografie reicht in der Ausstellung über die Frage nach dem nie fertig geschriebenen, lange ersehnten Roman weit hinaus. Da ist das große Thema "unglückliche Liebe". Die eine, Sybille Schloss, will den jungen Autor nicht und die andere, Marion Ulrich, trinkt und macht den nun schon reifen Autor unglücklich. In der Ausstellung werden entscheidende Wendemarken im Leben Koeppens fast immer sehr treffend und schlüssig geschildert. Die Studio-Aktaufnahmen der unerreichbaren Sybille Schloss stehen neben den verwischten Schnappschüssen Koeppens von seiner trunksüchtigen Marion. Koeppen lernte die erst 16-Jährige 1944 kennen, als er Drehbücher und Exposés für Filme schrieb. Unter anderem entstand eine Adaption von Gottfried Kellers Novelle Romeo und Julia auf dem Lande, wie in der von Hiltrud und Günter Häntschel sorgfältig kuratierten Ausstellung zu sehen ist.
"Er war tatsächlich bei Filmgesellschaften im dritten Reich als Drehbuchautor tätig. Und viele Projekte, die er hatte, sind während des dritten Reiches nicht gesendet worden. Einige aber nach 1945."
Dass Koeppen in Interviews später behauptete, nur unbrauchbare Drehbücher abgeliefert zu haben, gehört zu den ungelösten Widersprüchen und falschen Aussagen über sein Leben. Auch manch andere Frage bleibt offen in der präzise zusammengetragenen Schau. Als im April 1940 dem Autor ein Einberufungsbefehl zugestellt wird, bittet sein Verlag um ein "vierwöchiges Rückgestellungsgesuch", damit "Herr Koeppen in der Lage ist, seinen Roman zur Ablieferung zu bringen". Welcher Roman könnte das gewesen sein? Wer unterstützte hier Koeppen für welches Projekt? Fragen über Fragen, die unbeantwortet bleiben, aber doch Verknüpfungen ermöglichen. Denn wohl schon bevor die drei großen, kritischen Nachkriegsromane von Koeppen erschienen, blöffte der Autor gerne mit seiner Begabung. Während sich später Kritiker und sein Verleger Siegfried Unseld mehr und mehr über die Hinhaltetaktik beschwerten, rettete sie Koeppen während des Krieges vielleicht das Leben.
Fragen über Fragen in dieser Ausstellung, jede von Koeppen beschriebene Seite, jedes noch so kleine Experiment, birgt ein Geheimnis. Bis ins hohe Alter verfolgte man den Autor: wo ist Dein neuer Roman? Doch Koeppen schwieg. "...dass ich Erwartungen immer enttäusche, dass selbst Vorschüsse mich nicht antreiben können..." schrieb er 1960 an Hilde Domin. Und es klingt fast kokett, wenn er bemerkt: "Ich brauche lebensrettend jedes Honorar, aber ich pfeife auf jedes Honorar, wenn man mir nicht zur Würdigung eines Literaturwerkes die Zeit lässt, die unter altmodischen, gebildeten Leuten üblich war." Die Ausstellung knüpft ein lockeres Gewebe, legt Spuren, setzt an, zieht sich zurück. Über allem thront das Schweigen des Autors, am besten vielleicht erfasst in einer grinsenden Büste, die Koeppen als sein Alter Ego ansah. Ihr setzte er sogar eine Brille auf, mit ihr ließ er sich fotografieren, in ihr fokussiert sich, wenn man so will, ein tragisch-komisches Leben. Sollen sie ihn doch fragen, wo mein nächster Roman bleibt, hört man Koeppen fast schon sagen.
"Manchmal auch geht die Depression oder der Pessimismus so weit, dass man sich sagt, wozu solle man es überhaupt tun. Aber darüber muss man dann hinweg kommen. Ich hoffe, dass ich jetzt auf einem guten Wege bin. Und außerdem diese Romananfänge, die will ich einmal als ein Buch erscheinen lassen. Wo zwar zwischen diesen Anfängen kein logischer Zusammenhang ist, aber doch im Grunde ein Thema fortgesetzt wird."
Koeppens Biografie reicht in der Ausstellung über die Frage nach dem nie fertig geschriebenen, lange ersehnten Roman weit hinaus. Da ist das große Thema "unglückliche Liebe". Die eine, Sybille Schloss, will den jungen Autor nicht und die andere, Marion Ulrich, trinkt und macht den nun schon reifen Autor unglücklich. In der Ausstellung werden entscheidende Wendemarken im Leben Koeppens fast immer sehr treffend und schlüssig geschildert. Die Studio-Aktaufnahmen der unerreichbaren Sybille Schloss stehen neben den verwischten Schnappschüssen Koeppens von seiner trunksüchtigen Marion. Koeppen lernte die erst 16-Jährige 1944 kennen, als er Drehbücher und Exposés für Filme schrieb. Unter anderem entstand eine Adaption von Gottfried Kellers Novelle Romeo und Julia auf dem Lande, wie in der von Hiltrud und Günter Häntschel sorgfältig kuratierten Ausstellung zu sehen ist.
"Er war tatsächlich bei Filmgesellschaften im dritten Reich als Drehbuchautor tätig. Und viele Projekte, die er hatte, sind während des dritten Reiches nicht gesendet worden. Einige aber nach 1945."
Dass Koeppen in Interviews später behauptete, nur unbrauchbare Drehbücher abgeliefert zu haben, gehört zu den ungelösten Widersprüchen und falschen Aussagen über sein Leben. Auch manch andere Frage bleibt offen in der präzise zusammengetragenen Schau. Als im April 1940 dem Autor ein Einberufungsbefehl zugestellt wird, bittet sein Verlag um ein "vierwöchiges Rückgestellungsgesuch", damit "Herr Koeppen in der Lage ist, seinen Roman zur Ablieferung zu bringen". Welcher Roman könnte das gewesen sein? Wer unterstützte hier Koeppen für welches Projekt? Fragen über Fragen, die unbeantwortet bleiben, aber doch Verknüpfungen ermöglichen. Denn wohl schon bevor die drei großen, kritischen Nachkriegsromane von Koeppen erschienen, blöffte der Autor gerne mit seiner Begabung. Während sich später Kritiker und sein Verleger Siegfried Unseld mehr und mehr über die Hinhaltetaktik beschwerten, rettete sie Koeppen während des Krieges vielleicht das Leben.