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IHK Berlin
Ausbildungsmesse für Studienabbrecher

Deutschlands Hochschulen haben hohe Abbrecherquoten. Doch ein verpatztes Studium muss kein Makel für den Rest des Lebens sein. Die IHK in Berlin informiert Studienabbrecher über die Möglichkeiten einer dualen Ausbildung - und scheint damit einen Nerv zu treffen.

Von Claudia van Laak | 16.06.2014
    Der Auszubildende Dominik Blöchl steht am 26.02.2013 in der Holzwerkstatt im Bildungszentrum Würzburg (Bayern) an einer Kreissäge.
    Viele Studienabbrecher machen anschließend erfolgreich eine Lehre. (David Ebener / dpa)
    Der Energiekonzern Vattenfall und die Sparkasse, die Schnellrestaurant-Kette Nordsee und die Berliner Reederei "Stern und Kreis" – 27 Unternehmen auf der Suche nach den besten Auszubildenden.
    Studienabbrecher sind super Azubis, sagt Harry Budwilowiz, Ausbildungsleiter bei Vattenfall in Berlin - selbstständig und zielbewusst:
    "Wir haben sehr gute Erfahrungen mit Auszubildenden gemacht, die vormals ein Studium aufgenommen haben und das abgebrochen haben und im zweiten Step gesagt haben, ich mache jetzt eine duale Ausbildung."
    Dieser Ansicht ist auch Karen Koch, Ausbildungsleiterin bei der Bio-Supermarktkette "Biocompany". Wir bilden gerne Studienabbrecher als Einzelhandelskaufleute aus, sagt sie, die sind sehr kommunikativ.
    "Kunden kommen zu uns, die eine Unverträglichkeit haben, ob das Gluten ist oder Fructose- oder Lactose. Und wenn wir gerade auch Studienabbrecher aus den Bereichen Naturwissenschaften haben, dann sind die so gut im Bilde und das den Kunden gut erklären können, dass sie da auf Augenhöhe sind. Ohne dass wir da in eine medizinische Beratung hineinrutschen, weil das können und wollen wir auch nicht anbieten."
    Rund um die Stände der Unternehmen bilden sich Menschentrauben, die IHK Berlin scheint mit ihrer Messe für Studienaussteiger einen Nerv getroffen zu haben. Lieber eine Ausbildung, das ist etwas Handfestes – sagen die Meisten.
    "Ja, weil mir der Praxisbezug fehlt, dass man das Gelernte auch anwenden kann in einer Ausbildung."
    "Also es ist eben viel Theorie. Ich studiere BWL und deswegen lieber eine Ausbildung, dass man was Sicheres hat und anschließend die Möglichkeit zu studieren."
    Studienaussteigern die Angst nehmen
    Die meisten Messe-Besucher tragen Jeans und T-Shirt, Salim Betai aber hat sich in Schale geworfen. Dunkelblauer Anzug, Hemd und Krawatte. Er hat zuvor Betriebswirtschaft studiert, die Statistik-Prüfung wegen eines Todesfalls in der Familie nicht geschafft, wurde dann exmatrikuliert. Schwer zu verkraften, sagt er:
    "Klar ist das schwierig, definitiv, Studium war eigentlich das Ziel, was ich eigentlich zu Ende bringen wollte. Wenn man zurückblickt, hätte man´s gerne abgeschlossen, weil man hätte einfacher einsteigen können in den Arbeitsmarkt mit dem, was man sich so vorstellt."
    Die Ausbildungsvermittler der IHK versuchen, den Studienaussteigern die Angst zu nehmen. Ein verpatztes Studium ist kein Makel für den Rest des Lebens, bekräftigt Viola Bösebeck:
    "Der gesellschaftliche und inzwischen auch politische Druck ist einfach sehr groß. Es wurde sehr viel in den letzten Jahren dafür getan, die Studierendenzahlen zu erhöhen, und es gilt das Bild, nur mit Studienabschluss hast Du Karrierechancen, aber das ist einfach nicht korrekt."
    "Heute gilt es, ohne Master wird man nichts. Das würde ich so nicht bestätigen. Weil es in der Tat eine betriebliche Aufstiegsform gibt. Man muss sagen, dass häufig der ein oder andere schnell als Führungskraft erkannt wird und von uns weitergebildet werden kann. Und als relativ junger Mensch die Karriereleiter hochklettern kann",
    bestätigt Karen Koch, Ausbildungschefin bei der Biocompany.
    Die Industrie- und Handelskammern sehen bereits einen Trend zur Über-Akademisierung in Deutschland. Viele Abiturienten seien im dualen Ausbildungssystem besser aufgehoben als an der Hochschule, so der DIHK, Beleg dafür seien die hohen Abbrecherquoten.