Ein bisschen hätte man vielleicht schon gefeiert, wenn morgen mit einem Sieg in Halle der Aufstieg geglückt wäre. Aber eine große Feier war ohnehin nicht angesetzt beim Rasenballsportverein Leipzig. Zu überlegen war die Dominanz des Vereins, der eine komplette Vollprofi-Mannschaft in die Oberliga-Saison geschickt hat. Entsprechend professionell betrachtet Torhüter Sven Neuhaus den nunmehr fest stehenden Aufstieg:
"Das ist ein Beruf. Und wir haben eine ganz klare Jobbeschreibung bekommen als wir hierher gekommen sind. Und diese Jobbeschreibung war zu 100 Prozent: Ihr habt aufzusteigen. Wir haben schnellstmöglich erfüllt, damit ist ein Haken dran an die erste Liga. Jetzt konzentrieren wir uns auf die nächste Saison und haben die nächste Aufgabe vor uns."
Inhaltlich liegt Neuhaus damit zweifellos richtig, aber für die seit Jahren dahindümpelnde Fußballkonkurrenz in Leipzig sind derart selbstbewusste Töne nur schwer zu verkraften. Der von Red Bull finanzierte Retortenverein hat aber nicht nur die Fanszenen in der eigenen Stadt gegen sich - die Ablehnung kommt aus allen Traditionsreichen Fußballstandorten in Ostdeutschland. In diversen Internetforen wurde dem neuen Verein und den Spielern mehr oder weniger unverhohlen gedroht.
Vor dem ersten Training der "Roten Bullen" im beschaulichen Markranstädt wurde ein Kreuz in den Anstoßkreis gerammt: Hier stirbt der Fußball, stand darauf. Außerdem wurde der Rasen mit Unkrautvernichtungsmittel ruiniert. Torhüter Sven Neuhaus hat das wenig beeindruckt:
"Also Angst habe ich grundsätzlich nicht, alles andere kann ich nicht beurteilen. Ich kenne das Umfeld zu wenig. Das sind Sachen, die soll der Verein beurteilen. Ich glaube, dass der Verein auch dafür zuständig ist, alles in geregelte Bahnen zu führen. Da habe ich vollstes Vertrauen in die Vereinsspitze."
Die Vereinsspitze hat dann eine Sicherheitsfirma engagiert, die das Training der Fünftliga-Profis wochenlang überwachte. Verantwortlich für das Sportliche In der Vereinsspitze ist Joachim Krug. Der 54-Jährige hat in den 90er-Jahren die Mannschaft aus Ahlen von der Bezirksliga bis in die zweite Liga geführt hat. Er hat also eine ungefähre Ahnung, wie man den Weg nach oben organisiert:
"Man muss sich schon genau überlegen, was man will. Von vorne herein professionell arbeiten, man muss sich von vorne herein das Spielermaterial besorgen, damit man besser ist als die anderen. Dann gibt es die hausgemachten Probleme: Dass man die Nerven behält, wenn man mal verliert, dass man sich durch Presse, durch Fans nicht aus der Ruhe bringen lässt. Man muss immer die Ruhe bewahren, auch wenn man mal ein Spiel verliert, das ist das Wichtigste."
Das besser Spielermaterial hat Krug ohne Zweifel organisiert. Neben Torhüter Sven Neuhaus - der 153 Zweitliga spiele absolviert hat - unterschrieb ein gutes Dutzend weiterer Akteure bei RB Leipzig. Die meisten davon mit reichlich Zweitligaerfahrung - im gehobenen Zweitligaformat sollen sich dem Vernehmen nach auch die Gehälter bewegen. Mit Ingo Hertzsch trägt jetzt sogar ein Spieler das Bullen-Trikot, der zwei A-Länderspiele vorzuweisen hat. Hertzsch ist Mannschaftskapitän und soll auch so etwas wie eine Identifikations-Figur sein. Schließlich stammt er aus Chemnitz und hat damit zumindest Überreste einer ostdeutschen Identität.
Trotzdem sind die Rasenballer verhasst, beim ersten Pflichtspiel im vergangenen Juli waren die Red Bull Gegner in der Überzahl. Wie tief ihre Wut sitzt, war eindeutig zu hören.
"Scheiß, Scheiß, Scheiß Red Bull ... Tod und Hass dem RBL"
"Red Bull töten" pinselten RB-Gegner dann auch noch auf den Parkplatz des Trainingsgeländes. Die Leipziger Polizei befasste sich daraufhin mit den Vorfällen.
Bei ersten Auswärtsspiel in Jena, bei der zweiten Mannschaft vom FC Carl Zeiss, wurden die Leipziger Spieler bespuckt und mit Bier übergossen, nach dem Schlusspfiff flüchteten sie ungeduscht in den Mannschaftsbus.
Seitdem sind alle Spiele der neuen Leipziger Fußball-Hoffnung als Sicherheitsspiele eingestuft. Zum Ende der Vorrunde kam es dann zum ersten Stadtderby RB Leipzig gegen Sachsen Leipzig - ohne Randale - zur Erleichterung von Sportdirektor Krug:
"Die Szenarien um die Fans in Leipzig, die uns angedeutet worden sind - da kann ich nur sagen: Überhaupt nichts. Da ist absolute Ruhe, der Wettkampf steht im Vordergrund. Ein paar Verrückte gibt es immer, aber im Grunde haben wir uns ganz gut eingefügt. Wir sind zufrieden, dass sich das so entwickelt hat und ich glaube, das wird auch so bleiben."
Randale sind zwar bislang ausgeblieben, der Hass ist aber immer noch da. Deutlich zu hören war das in der Fankurve von Lok Leipzig beim Spiel gegen die Roten Bullen:
"Haut den Bullen die Schädeldecke ein."
Haut den Bullen die Schädeldecke ein - das war noch einer der harmloseren Sprechchöre. Die latente Gewaltbereitschaft kostet den neuen, sauberen vielleicht auch etwas sterilen RB Leipzig durchaus Zuschauer. Normale Familien trauen sich einfach noch nicht ins Stadion. Aber immerhin wollten im Schnitt 2300 Zuschauer die zusammengekaufte Truppe bei ihren Heimspielen sehen. Und da sieht man auch viele Fans mit RB-Mützen, Schals oder T-Shirts. Sogar zwei Fanclubs gibt es schon, die für Stimmung sorgen - auch wenn die meisten Mitglieder milchgesichtige Teenager sind.
Aber was die Akzeptanz angeht, ist Sportdirektor Krug zuversichtlich:
"Das Zentralstadion wird uns in der nächsten Saison doch einiges an Zuschauern bescheren. Und wenn wir dann ordentlich spielen und ein paar größere Gegner hier haben, Chemnitz, Halle, Magdeburg und so weiter, dann denke ich, wird hier erstmals seit langem in Leipzig ein Flair von höherem Fußball zu sehen sein."
In der nächsten Saison wird das Zentralstadion dann auch schon Red Bull Arena heißen. Alle Heimspiele werden dann im WM Stadion ausgetragen - auch wenn die Rasenballer die 44.000 Sitzplätze in der Regionalliga nie und nimmer füllen werden. Aber in der Regionalliga will Sportdirektor Krug ja auch nicht lange bleiben. Ziel ist das Erreichen der 1. Bundesliga - und zwar so schnell wie möglich.
"Das ist ein Beruf. Und wir haben eine ganz klare Jobbeschreibung bekommen als wir hierher gekommen sind. Und diese Jobbeschreibung war zu 100 Prozent: Ihr habt aufzusteigen. Wir haben schnellstmöglich erfüllt, damit ist ein Haken dran an die erste Liga. Jetzt konzentrieren wir uns auf die nächste Saison und haben die nächste Aufgabe vor uns."
Inhaltlich liegt Neuhaus damit zweifellos richtig, aber für die seit Jahren dahindümpelnde Fußballkonkurrenz in Leipzig sind derart selbstbewusste Töne nur schwer zu verkraften. Der von Red Bull finanzierte Retortenverein hat aber nicht nur die Fanszenen in der eigenen Stadt gegen sich - die Ablehnung kommt aus allen Traditionsreichen Fußballstandorten in Ostdeutschland. In diversen Internetforen wurde dem neuen Verein und den Spielern mehr oder weniger unverhohlen gedroht.
Vor dem ersten Training der "Roten Bullen" im beschaulichen Markranstädt wurde ein Kreuz in den Anstoßkreis gerammt: Hier stirbt der Fußball, stand darauf. Außerdem wurde der Rasen mit Unkrautvernichtungsmittel ruiniert. Torhüter Sven Neuhaus hat das wenig beeindruckt:
"Also Angst habe ich grundsätzlich nicht, alles andere kann ich nicht beurteilen. Ich kenne das Umfeld zu wenig. Das sind Sachen, die soll der Verein beurteilen. Ich glaube, dass der Verein auch dafür zuständig ist, alles in geregelte Bahnen zu führen. Da habe ich vollstes Vertrauen in die Vereinsspitze."
Die Vereinsspitze hat dann eine Sicherheitsfirma engagiert, die das Training der Fünftliga-Profis wochenlang überwachte. Verantwortlich für das Sportliche In der Vereinsspitze ist Joachim Krug. Der 54-Jährige hat in den 90er-Jahren die Mannschaft aus Ahlen von der Bezirksliga bis in die zweite Liga geführt hat. Er hat also eine ungefähre Ahnung, wie man den Weg nach oben organisiert:
"Man muss sich schon genau überlegen, was man will. Von vorne herein professionell arbeiten, man muss sich von vorne herein das Spielermaterial besorgen, damit man besser ist als die anderen. Dann gibt es die hausgemachten Probleme: Dass man die Nerven behält, wenn man mal verliert, dass man sich durch Presse, durch Fans nicht aus der Ruhe bringen lässt. Man muss immer die Ruhe bewahren, auch wenn man mal ein Spiel verliert, das ist das Wichtigste."
Das besser Spielermaterial hat Krug ohne Zweifel organisiert. Neben Torhüter Sven Neuhaus - der 153 Zweitliga spiele absolviert hat - unterschrieb ein gutes Dutzend weiterer Akteure bei RB Leipzig. Die meisten davon mit reichlich Zweitligaerfahrung - im gehobenen Zweitligaformat sollen sich dem Vernehmen nach auch die Gehälter bewegen. Mit Ingo Hertzsch trägt jetzt sogar ein Spieler das Bullen-Trikot, der zwei A-Länderspiele vorzuweisen hat. Hertzsch ist Mannschaftskapitän und soll auch so etwas wie eine Identifikations-Figur sein. Schließlich stammt er aus Chemnitz und hat damit zumindest Überreste einer ostdeutschen Identität.
Trotzdem sind die Rasenballer verhasst, beim ersten Pflichtspiel im vergangenen Juli waren die Red Bull Gegner in der Überzahl. Wie tief ihre Wut sitzt, war eindeutig zu hören.
"Scheiß, Scheiß, Scheiß Red Bull ... Tod und Hass dem RBL"
"Red Bull töten" pinselten RB-Gegner dann auch noch auf den Parkplatz des Trainingsgeländes. Die Leipziger Polizei befasste sich daraufhin mit den Vorfällen.
Bei ersten Auswärtsspiel in Jena, bei der zweiten Mannschaft vom FC Carl Zeiss, wurden die Leipziger Spieler bespuckt und mit Bier übergossen, nach dem Schlusspfiff flüchteten sie ungeduscht in den Mannschaftsbus.
Seitdem sind alle Spiele der neuen Leipziger Fußball-Hoffnung als Sicherheitsspiele eingestuft. Zum Ende der Vorrunde kam es dann zum ersten Stadtderby RB Leipzig gegen Sachsen Leipzig - ohne Randale - zur Erleichterung von Sportdirektor Krug:
"Die Szenarien um die Fans in Leipzig, die uns angedeutet worden sind - da kann ich nur sagen: Überhaupt nichts. Da ist absolute Ruhe, der Wettkampf steht im Vordergrund. Ein paar Verrückte gibt es immer, aber im Grunde haben wir uns ganz gut eingefügt. Wir sind zufrieden, dass sich das so entwickelt hat und ich glaube, das wird auch so bleiben."
Randale sind zwar bislang ausgeblieben, der Hass ist aber immer noch da. Deutlich zu hören war das in der Fankurve von Lok Leipzig beim Spiel gegen die Roten Bullen:
"Haut den Bullen die Schädeldecke ein."
Haut den Bullen die Schädeldecke ein - das war noch einer der harmloseren Sprechchöre. Die latente Gewaltbereitschaft kostet den neuen, sauberen vielleicht auch etwas sterilen RB Leipzig durchaus Zuschauer. Normale Familien trauen sich einfach noch nicht ins Stadion. Aber immerhin wollten im Schnitt 2300 Zuschauer die zusammengekaufte Truppe bei ihren Heimspielen sehen. Und da sieht man auch viele Fans mit RB-Mützen, Schals oder T-Shirts. Sogar zwei Fanclubs gibt es schon, die für Stimmung sorgen - auch wenn die meisten Mitglieder milchgesichtige Teenager sind.
Aber was die Akzeptanz angeht, ist Sportdirektor Krug zuversichtlich:
"Das Zentralstadion wird uns in der nächsten Saison doch einiges an Zuschauern bescheren. Und wenn wir dann ordentlich spielen und ein paar größere Gegner hier haben, Chemnitz, Halle, Magdeburg und so weiter, dann denke ich, wird hier erstmals seit langem in Leipzig ein Flair von höherem Fußball zu sehen sein."
In der nächsten Saison wird das Zentralstadion dann auch schon Red Bull Arena heißen. Alle Heimspiele werden dann im WM Stadion ausgetragen - auch wenn die Rasenballer die 44.000 Sitzplätze in der Regionalliga nie und nimmer füllen werden. Aber in der Regionalliga will Sportdirektor Krug ja auch nicht lange bleiben. Ziel ist das Erreichen der 1. Bundesliga - und zwar so schnell wie möglich.