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Illegal ausgesiebt

Vor dem Oberverwaltungsgericht Münster haben sich zwei BWL-Studierende erfolgreich eine vorläufige Zulassung zum Masterstudiengang erstritten. Von der Rechtsprechung des Gerichts sind auch andere Hochschulen in NRW betroffen.

Von Eva Bendix | 28.01.2011
    Statt Endstation Bachelor – Sehnsucht Master. Das ist auch für diese BWL Studierenden an der Uni Münster der einzig wahre berufliche Ausbildungsweg. Sie wollen unbedingt den Master machen.

    "Sehr wichtig ich möchte den gern machen später, wenn man schon BWL studiert, das geht ja nur drei Jahre, dann kann ich auch den Master machen. Das dauert dann fünf Jahre und da komme ich weiter später im Berufsleben."

    "Für mich ist der sehr wichtig. Weil ich denke dass der Bachelor-Abschluss noch nicht in der Unternehmenswelt angekommen ist, dass man den als vollwertigen Abschluss sieht und die meisten Unternehmen auch einen Master erwarten."

    So ähnlich dachten auch die beiden BWL-Studierenden, die einen Bachelorabschluss in der Tasche hatten, aber von der Uni Münster keine Zulassung zum Masterstudiengang bekamen. Das nahmen die beiden nicht kampflos hin. Sie holten sich juristische Unterstützung beim Anwalt Wilhelm Achelpöhler und zogen vor Gericht:

    "Die Studierenden haben Angst gehabt, dass sie auf der Strecke bleiben, mit ihrem Bachelor. Sie wollten einen Master hier in Münster aufnehmen und wollten eben nicht aussortiert werden mit dem Bachelor."

    Zwar hatten seine Mandanten nur mit einer durchschnittlichen Drei ihren BWL-Bachelor abgeschlossen. Doch auch mit dieser Note müsse man zum Master zugelassen werden, betont Anwalt Achelpöhler:

    "Das Gesetz sagt grundsätzlich erst einmal, dass jeder der den Bachelor hat auch den Zugang zum Master hat."

    "Die Studierenden, um die es hier geht, die haben die Zugangsvoraussetzungen zu dem Masterstudiengang erfüllt, allerdings blieben sie bei der Verteilung der Studienplätze auf der Strecke. Es gab mehr als 1500 Bewerbungen für diese 151 Plätze. Die Hochschule hat sie nach bestimmten Kriterien verteilt. Und wir haben erfolgreich geltend gemacht, dass diese Verteilungskriterien der Hochschule falsch waren, nicht mit dem Gesetz in Einklang stehen."
    Jeder Fachbereich der Uni Münster hat eigene Kriterien festgelegt, nach denen man einen der begehrten und begrenzten Masterstudienplätze bekommen kann. Insgesamt werden 100 Punkte vergeben. Norbert Robers, Pressesprecher der Universität Münster rechnet das Punktesystem für den Masterstudiengang in BWL vor.

    "Punkt 1 sind die Leistungen im Abitur, das wird mit 20 Punkten angerechnet. Der Bachelorabschluss mit 40 Punkten und die sogenannten sonstigen einschlägigen Qualifikationen ebenfalls mit 40 Punkten angerechnet ... Das können Praktika sein, das kann auch mal gesellschaftliches Engagement sein, was angerechnet wird, das kann auch mal das Motivationsschreiben sein, unter dem versteht man das Bewerbungsschreiben eines Abiturienten oder Bachelor-Studierenden darlegen muss, warum er ausgerechnet in Münster weiter Master studieren will."

    Diesen individuellen Kriterienkatalog der Uni Münster hat das Oberverwaltungsgericht bemängelt. Es verlangt, dass die Bachelor-Note eine maßgebliche Rolle bei der Vergabe eines Masterstudienganges spielen müsse und keine untergeordnete.

    Zwar ist dieser Beschluss noch nicht rechtskräftig und die Uni kann sich entscheiden, ob sie weiter klagen will. Doch schon jetzt will sie ihre zahlreichen Kriterienkataloge prüfen. Uni-Sprecher Norbert Robers:

    "Dieses Verfahren, was jetzt so entscheiden wurde, das zwingt einen schon dazu insgesamt darüber nachzudenken. Vor allem wenn es rechtskräftig wird. Es ist eine Grundsatzfrage, die möglicherweise andere Fachbereiche treffen könnte, die die Bachelornote zu niedrig eingestuft haben. Aber bis dahin eine Klagewelle herbeizureden, damit rechnen wir nicht ernsthaft."

    Offen bleibt, welche Auswirkungen ein rechtskräftiges Urteil auch auf andere Universitäten hätte. Denn fast jede Hochschule hat ihre eigenen Hürden auf dem Weg zum Master aufgebaut. Doch wenn die Bachelornote ausschlaggebend für einen Studienplatz wird, hat vielleicht das von Anwalt Achelpöhler beschriebene Zulassungschaos bald ein Ende.

    "Für die Studierenden und für die Anwälte ist das ein fürchterlicher Zulassungswirrwarr, weil jede Hochschule sich da ihre eigenen Kriterien ausdenkt, jede Hochschule sich ihre eigene Zulassungsordnung zurechtstrickt und auch noch jedes Bundesland sich eigene Gesetze ausdenkt, wie sie jetzt die Regeln für den Zugang zum Master schafft."

    Aus Sicht dieser BWL-Studentin könnte man dieses Zulassungschaos ganz einfach beseitigen:

    "Vielleicht könnte man es allgemein zum Gesetz machen, dass man die Universitäten dazu zwingt, dass sie die Bachelor-Studenten annehmen muss. Wenn jeder sic da einklagen müsste, das wäre ziemlich umständlich."