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Illegale Ablagerungen und hilflose Anwohner

Seit einigen Jahren ist die Deponierung von Abfall weitgehend verboten. Recycling statt der Abfall, lautete das Ziel der damaligen rot-grünen Bundesregierung. Doch dieses Ziel wurde nur zum Teil erreicht. Müllverbrennung ist teuer, die Verschiebung von Abfall aber billig und risikoarm, denn die Kontrollen durch die Behörden sind lückenhaft. Von illegalen Ablagerungen besonders betroffen ist das Land Brandenburg.

Von Claudia van Laak |
    Teppichreste, Holzabfälle, geschredderte Plastikverpackungen, Bauschutt. Auf dem Gelände einer ehemaligen Recyclinganlage in Jänickendorf südlich von Berlin türmt sich der Abfall meterhoch. Die illegale Kippe ist ungesichert, Ratten rennen herum. Was hier alles lagert, wissen wir nicht, klagt Jänickendorfs Ortsvorsteherin Silvia Ziehe:

    "Die Betreiber haben ständig gewechselt, zum Schluss war hier nur noch Müll. Sie sehen, hier ist nichts mehr mit Recycling, hier ist nur noch Müll."

    Neben Silvia Ziehe steht ein älterer Herr, in der Hand Fotos, handschriftliche Notizen und Briefe an die zuständigen Behörden. Heinz-Dieter Szlag wohnt nur wenige hundert Meter von der illegalen Müllkippe entfernt. Er hat die Nummernschilder der Lkws notiert, hat fotografiert und die Umweltverwaltung informiert.

    "Es müsste was passieren, nach so vielen Jahren."

    "Wir sind hilflos, wir wissen nicht, was wir machen sollen, und es passiert nichts. Wir haben keine Ansprechpartner, weder von den Behörden noch sonst was, und die Leute um uns herum, die haben alle ihre Probleme und sagen: Hier passiert doch nichts, die geben auf."

    "Ich fühle mich irgendwie belästigt, total belästigt."

    In Jänickendorf lagert nur eine von vielen illegalen Müllkippen. Die Polizei geht davon aus, dass in den letzten Jahren 500.000 Tonnen Abfall in Brandenburg einfach verkippt wurden - in ausgebaggerte Kiesgruben, auf Deponien, die eigentlich recycelt werden sollten. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm:

    "Die Kriminalpolizei, natürlich unter Leitung der Staatsanwaltschaft, die führt eine Vielzahl von Ermittlungen. Die ersten Anklagen wird es demnächst geben. Und wir machen damit deutlich, wir sind jetzt allen auf der Spur und die illegale Müllentsorgung in Brandenburg hat keine Zukunft."

    Illegale Müllkippen sind ein lukratives Geschäft. Die Verbrennung von einer Tonne Müll kostet bis zu 200 Euro, kippt man den Abfall in eine Kiesgrube, kostet das nur zehn Euro pro Tonne. Nötig sind dazu kriminelle Müllmakler, skrupellose Kiesgrubenbesitzer und Beamte, die weggucken. Gegen einen Mitarbeiter des Landesbergamtes wurde bereits Anklage erhoben - er soll 5000 Euro Schweigegeld kassiert haben.

    "Die kriminellen Müllentsorger haben die Chance genutzt, dass die Kontrolldichte nicht so hoch ist. Und auch die Chance genutzt, dass man die erforderlichen Nachweis für die sachgerechte Müllentsorgung reduziert hat, im Rahmen des Bürokratieabbaus."

    Deregulierung und Personalabbau haben in Brandenburg dazu geführt, dass Kriminelle ungehindert agieren konnten. Die Folgekosten für die öffentliche Hand sind immens - Land und Kreise streiten nun darüber, wer die Beseitigung des illegalen Mülls bezahlt. Wir brauchen mehr Personal in Brandenburgs Umweltbehörden, um solche Skandale künftig zu verhindern, fordert der Umweltverband BUND. Landesgeschäftsführer Axel Kruschat:

    "Wenn dort ein oder zwei Menschen für ein riesiges Gebiet zuständig sind, die haben überhaupt nicht die Chance, überhaupt sich mal alle Anlagen anzuschauen, überhaupt da mal hinzufahren und zu gucken, ist der Betreiber seriös, kommen da nachts Lkws. Die haben gar nicht die Möglichkeit dazu, allein zeitmäßig nicht. Da müssen mehr Leute her, und die müssen das kontrollieren."

    Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei haben insgesamt 25 Hauptbeschuldigte im Brandenburger Müllskandal ermittelt. Erste Anklagen sollen Ende des Monats erhoben werden.