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Illegaler Holzhandel
Baum-Gene verraten Herkunft

Die Rodung tropischer Regenwälder bleibt ein Problem. Mithilfe der Genetik ist es aber mittlerweile möglich, illegale Rodungen aufzudecken und so vielleicht zu verhindern. Aber nicht nur beim Tropenholz wird gepfuscht. Auch Eichenholz ist nicht gleich Eichenholz.

Von Maike Strietholt | 21.03.2014
    Lasse Schindler, Biochemiker beim Thünen-Institut für Forstgenetik in Großhansdorf bei Hamburg, steht im Extraktionslabor zwischen lauter brummenden Geräten, in der Hand ein kleines Glasröhrchen mit Eichenholzspänen.
    "Hier haben wir eine Parkettholzprobe – wir sollen überprüfen ob dieses Holz wirklich aus den USA stammt. In diesem Reaktionsgefäß sind kleine Keramikkugeln, etwa 1,4mm groß, etwa 100 Stück, und das wird gleich in einer Maschine eingespannt, die die Probe sehr schnell schüttelt und dadurch die Holzspäne zu sehr feinem Material zermahlt."
    Die Schwingmühle erledigt ihren Job – der erste Schritt eines genetischen Bestimmungsverfahrens, das insgesamt eineinhalb Tage dauert.
    "Dabei wird erst einmal die mechanische Phase beendet, und anschließend in einer chemischen Lösung wird die DNA aus den Zellen gelöst, das heißt, wir trennen die DNA von dem Holzmaterial ab."
    Bäume einer Gegend sind verwandt
    Schließlich ist der 'DNA-Pellet' im Röhrchen zu sehen und muss dann nun 'nur' noch gereinigt werden. Die isolierte DNA wird im letzten Schritt mit so genannten 'DNA-Landkarten' abgeglichen, die für sämtliche von Holzeinschlag betroffenen Regionen rund um den Globus erstellt wurden. Denn: Die Bäume einer Gegend sind stets miteinander verwandt – besitzen also übereinstimmende genetische Merkmale – so genannte Marker:
    "Wir haben bei dieser Eichen-Parkettholzprobe nun einen Genmarker genutzt, der Amerika und Eurasien voneinander auftrennt. Das war als USA deklariert, und wir konnten die Angaben bestätigen."
    Also alles in Ordnung. Für das laufende Jahr sind bereits mehr als 1.000 solcher Proben im Thünen-Institut angemeldet worden – eine Umstellung für die Einrichtung, die bislang nur gelegentlich Anfragen von Umweltschutzorganisationen erhalten hatte. Dr. Bernd Degen, Leiter des Instituts für Forstgenetik, erklärt die steigende Nachfrage:
    "Verantwortlich nach der Holzhandelsverordnung ist diejenige, der das Holz erstmalig in die EU einführt als Marktteilnehmer..."
    Bei 20 Prozent falsche Angaben
    Nun reichen immer mehr Holzhandelsfirmen Proben ein – außerdem die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, kurz BLE, die für die Überwachung der neuen EU-Holzhandelsverordnung zuständig ist. Und die verstärkte Kontrolle macht offensichtlich Sinn: Bei immerhin 20 Prozent aller Proben finden sich Falschdeklarationen, sagt Institutsleiter Dr. Bernd Degen – auch beim Eichen- und Lärchenholz. Da komme es nämlich vor, dass...
    "...Eichen als europäische oder nordamerikanische Eiche deklariert waren, und es dann am Ende mongolische Eiche war. Es ist bekannt, dass um die 50 Prozent der eingeschlagenen Lärchen aus Regionen stammen, die gar nicht autorisiert sind, Lärche in dem Umfang einzuschlagen."
    Die Situation beim Tropenholz sei ganz ähnlich. Hier stehe beispielsweise gelegentlich Malaysia drauf, wo Indonesien drin ist – um den illegalen Einschlag in Indonesien zu vertuschen, das inzwischen über verhältnismäßig strenge Einschlag- und Exportrichtlinien verfügt.
    Auch bei mit 'Mahagoni' bezeichneten Holzproben stelle sich häufig eine andere Holzsorte heraus – eine Falschdeklaration zum Zwecke der Wertsteigerung, vermutet Degen. Während die Holzimporteure bei falschen Ursprungsbezeichnungen mit empfindlichen Geldstrafen rechnen müssen, hat illegaler Einschlag für die betroffenen Ökosysteme langfristige Folgen – noch einmal Institutsleiter Degen:

    "Innerhalb eines Landes werden ja Einschlagkonzessionen vergeben. Entnimmt man aber zu viele Bäume, dann ist diese Regenerationsfähigkeit nicht mehr gegeben, das heißt, diese Baumart kommt dort zukünftig nicht mehr vor."
    Genetische Landkarten müssen erweitert werden
    Besonders kritisch sei dies natürlich bei bedrohten Bäumen – gemäß Liste des Washingtoner Artenschutzabkommens rund 350 Arten. Da die Erstellung der 'genetischen Landkarten' mit einem hohen Aufwand verbunden ist, kann das Thünen-Institut bislang nur zehn Baumarten rückverfolgen – es ist aber geplant, das Spektrum jährlich um mehrere Arten zu erweitern. Ob die neue EU-Verordnung dauerhaft zum Schutz der Bäume beiträgt, bleibt dennoch fraglich.
    "Die Frage ist, kann es sein, dass wir damit am Ende nur einen Substitutionseffekt auslösen. Was wir wollen ist ja, dass das Holz erst gar nicht eingeschlagen wird – wenn es dann aber in andere Kanäle fließt, dann ist der Effekt für die Wälder gleich null."