Silvia Engels: Der erste Streik dieses Herbstes steht an und er trifft die Branche der Gebäudereiniger. Die rund 860.000 Beschäftigten haben sich mit großer Mehrheit in einer Urabstimmung dafür ausgesprochen, ab kommenden Dienstag in den Ausstand zu gehen. Sie verlangen 8,7 Prozent mehr Lohn und Gehalt. Organisiert sind die Gebäudereiniger in der Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt, der Vorsitzende ist am Telefon. Guten Tag, Klaus Wiesehügel!
Klaus Wiesehügel: Guten Tag, Frau Engels.
Engels: 8,7 Prozent mehr Lohn fordern Sie. Angesichts drohender steigender Arbeitslosigkeit ist das realistisch?
Wiesehügel: Es ist ja nun so, dass wir jetzt schon über ein Jahr verhandeln. Unsere Forderung ist jetzt nicht ganz ein Jahr, aber zehn Monate alt. Man kann natürlich jetzt nicht, nachdem es noch kein vernünftiges Angebot der Arbeitgeber gibt, in irgendeiner Weise über diese Forderung schon diskutieren, sondern die Arbeitgeber müssen ja jetzt erst mal wieder an den Tisch und müssen ein Angebot machen, was auch einigermaßen akzeptabel ist. Im Augenblick ist das noch nicht einmal ein halbes Brötchen, was wir serviert kriegen.
Engels: Wie organisieren Sie diesen Streik? Bilden Sie Schwerpunkte, oder wird es flächendeckend sein?
Wiesehügel: Das ist ein flächendeckender, bundesweiter Tarifvertrag und natürlich dann auch der Streik bundesweit. Wir haben nicht ein einziges Land, was wir auslassen werden. Aber wir müssen das aufgrund dieser besonderen Situation so machen. Gebäudereinigung ist ja nun nicht jetzt an einem festen Produktionsstandort wie etwa das Zusammenschrauben von Autos oder Maschinen, sondern wir sind immer zu Gast bei sogenannten Kunden. Das heißt, wir befinden uns auch immer auf Gelände, wo das nicht so ganz einfach ist. Deswegen brauchen wir eine hohe Flexibilität und werden diesen Streik natürlich nicht so führen, wie üblicherweise Streiks geführt werden. Dort gibt es: alles raus aus dem Betriebsgelände, vor dem Tor große Streikkolonnen und da kommt keiner mehr rein und dann ist jetzt Streik. So geht das bei uns nicht, sondern wir werden da sehr flexibel sein. Ich sage mal ein Stichwort. Wir haben genau aufgepasst, wie ver.di das bei Kitas gemacht hat.
Engels: Herr Wiesehügel, nun ist es ja so, dass im Gegensatz zu Kitas oder Krankenschwestern oder Fluglotsen die Gebäudereiniger wohl nicht diese Durchschlagskraft entwickeln werden. Wenn mal ein Fenster nicht geputzt sein wird, um es mal zuzuspitzen, kann das ein Unternehmen noch verkraften. Wie wollen Sie darauf reagieren?
Wiesehügel: Das hat unsere Vorsitzende der Bundesfachgruppe, die selber Gebäudereinigerin ist, heute Morgen vor der Presse ein bisschen anders formuliert. Die hat gesagt, das sind nur wenige Tage, dann werden die Leute sehr schnell merken, was da heimlich und still und leise nachts immer geleistet wird von den Gebäudereinigerinnen. Und wenn das einmal wegbleibt, wenn man morgens ins Büro kommt und da ist nichts sauber, da sind die Aschenbecher voll bis oben hin, da sind die Papierkörbe voll, der Dreck auf den Toiletten wird langsam aber sicher unerträglich, dann soll man mal ganz schnell sehen, wie die Belegschaften bei ihren Chefs sagen, was ist hier eigentlich los, und dann kommt der Druck auf das Gebäudereinigerunternehmen und das bezwecken wir.
Engels: Die Gebäudereiniger sind nun wahrlich nicht hoch bezahlt. Wie steht es im Bereich Mindestlöhne, denn wenn wir mal allgemein schauen, können Sie da ja mit der schwarz-gelben Koalition nicht viel erwarten?
Wiesehügel: Das sehe ich in der Frage etwas anders. Wir sind ja eine der letzten Branchen gewesen, die ins Arbeitnehmerentsendegesetz noch reingekommen sind, und für das Arbeitnehmerentsendegesetz hat ja die alte Koalition gestanden und das wird auch die neue Koalition tun. Das ist ja gestern im Grunde schon mal sehr deutlich geworden. Sie wird nach wie vor über eine Rechtsverordnung dort die Mindestlöhne festlegen. Das ist also nur ein kleiner Kreis und das ist auch kein staatlich festgelegter Mindestlohn, sondern ist das, was im Grunde auch die CDU ja immer gesagt hat: Mindestlöhne müssen von den Tarifvertragsparteien gefunden werden. Im Gebäudereinigerhandwerk ist im Grunde der Lohn auch gleichzeitig der Mindestlohn. Es gibt also keine Differenz. Wir liegen zurzeit bei 8,15 Euro. Nun kann man darüber diskutieren, ob das viel oder wenig ist, aber jeder, der sich jetzt überlegt, ich brauche jetzt privat eine Putzfrau, was würde ich der zahlen, würde ganz von alleine auf eine höhere Summe kommen, als wir zurzeit tariflich bekommen.
Engels: Nun hat ja CDU-Generalsekretär Pofalla gerade gesagt – und ihm stimmt auch die FDP zu -, es gäbe ein Verbot sittenwidriger Löhne. Das heißt, das sind Dinge, denen Sie wahrscheinlich zustimmen, die aber jetzt im Moment Ihre Branche ohnehin nicht treffen, oder?
Wiesehügel: Nein, noch nicht. Aber wenn dieser Mindestlohn jetzt tatsächlich fällt, das heißt, wenn wir diesen Tarifvertrag nicht mehr hinkriegen, wenn unser Streik erfolglos wäre, was ich nicht glaube, aber wenn das einmal der Fall wäre – deswegen müssen natürlich da auch alle mitmachen -, dann ist auch im Gebäudereinigerhandwerk wieder Tür und Tor für Dumpinglöhne offen und da hilft dann nur noch "sittenwidrig", aber sittenwidrig ist 30 Prozent unter dem bestehenden Tarifvertrag. Der bestehende Tarifvertrag hat eine Nachwirkung in der Größenordnung von ungefähr acht Euro, 8,15 Euro. Dann 30 Prozent runter, da kann man sich ganz schnell ausrechnen, liegt man bei unter sechs Euro.
Engels: Wie peilen Sie die Perspektive des Streiks an? Sie sagen, es wird schnell eine Einigung geben. Was denken Sie, wann wieder am Verhandlungstisch geredet wird?
Wiesehügel: Das habe ich nicht gesagt, dass es schnell eine Einigung gibt. Wenn die Arbeitgeber mit einem vernünftigen Angebot auf uns zukommen, dann werden wir natürlich auch ganz schnell an diesen Tisch gehen und mit ihnen verhandeln. Wir sind nicht diejenigen, die sich unbedingt darüber freuen, dass es einen Streik gibt. Dafür ist unsere Gewerkschaft auch nicht bekannt. Wir sind eher pragmatisch und wollen durch Tarifverhandlungen zu Ergebnissen kommen. Aber wir sind im Augenblick in einer Situation, wo wir ein bisschen hilflos sind. Wir wissen gar nicht, warum die Arbeitgeber in diesem Bereich so ganz und gar nicht abschlussbereit sind.
Engels: Klaus Wiesehügel, der Vorsitzende der IG BAU. Wir sprachen über den anstehenden Streik der Gebäudereiniger.
Klaus Wiesehügel: Guten Tag, Frau Engels.
Engels: 8,7 Prozent mehr Lohn fordern Sie. Angesichts drohender steigender Arbeitslosigkeit ist das realistisch?
Wiesehügel: Es ist ja nun so, dass wir jetzt schon über ein Jahr verhandeln. Unsere Forderung ist jetzt nicht ganz ein Jahr, aber zehn Monate alt. Man kann natürlich jetzt nicht, nachdem es noch kein vernünftiges Angebot der Arbeitgeber gibt, in irgendeiner Weise über diese Forderung schon diskutieren, sondern die Arbeitgeber müssen ja jetzt erst mal wieder an den Tisch und müssen ein Angebot machen, was auch einigermaßen akzeptabel ist. Im Augenblick ist das noch nicht einmal ein halbes Brötchen, was wir serviert kriegen.
Engels: Wie organisieren Sie diesen Streik? Bilden Sie Schwerpunkte, oder wird es flächendeckend sein?
Wiesehügel: Das ist ein flächendeckender, bundesweiter Tarifvertrag und natürlich dann auch der Streik bundesweit. Wir haben nicht ein einziges Land, was wir auslassen werden. Aber wir müssen das aufgrund dieser besonderen Situation so machen. Gebäudereinigung ist ja nun nicht jetzt an einem festen Produktionsstandort wie etwa das Zusammenschrauben von Autos oder Maschinen, sondern wir sind immer zu Gast bei sogenannten Kunden. Das heißt, wir befinden uns auch immer auf Gelände, wo das nicht so ganz einfach ist. Deswegen brauchen wir eine hohe Flexibilität und werden diesen Streik natürlich nicht so führen, wie üblicherweise Streiks geführt werden. Dort gibt es: alles raus aus dem Betriebsgelände, vor dem Tor große Streikkolonnen und da kommt keiner mehr rein und dann ist jetzt Streik. So geht das bei uns nicht, sondern wir werden da sehr flexibel sein. Ich sage mal ein Stichwort. Wir haben genau aufgepasst, wie ver.di das bei Kitas gemacht hat.
Engels: Herr Wiesehügel, nun ist es ja so, dass im Gegensatz zu Kitas oder Krankenschwestern oder Fluglotsen die Gebäudereiniger wohl nicht diese Durchschlagskraft entwickeln werden. Wenn mal ein Fenster nicht geputzt sein wird, um es mal zuzuspitzen, kann das ein Unternehmen noch verkraften. Wie wollen Sie darauf reagieren?
Wiesehügel: Das hat unsere Vorsitzende der Bundesfachgruppe, die selber Gebäudereinigerin ist, heute Morgen vor der Presse ein bisschen anders formuliert. Die hat gesagt, das sind nur wenige Tage, dann werden die Leute sehr schnell merken, was da heimlich und still und leise nachts immer geleistet wird von den Gebäudereinigerinnen. Und wenn das einmal wegbleibt, wenn man morgens ins Büro kommt und da ist nichts sauber, da sind die Aschenbecher voll bis oben hin, da sind die Papierkörbe voll, der Dreck auf den Toiletten wird langsam aber sicher unerträglich, dann soll man mal ganz schnell sehen, wie die Belegschaften bei ihren Chefs sagen, was ist hier eigentlich los, und dann kommt der Druck auf das Gebäudereinigerunternehmen und das bezwecken wir.
Engels: Die Gebäudereiniger sind nun wahrlich nicht hoch bezahlt. Wie steht es im Bereich Mindestlöhne, denn wenn wir mal allgemein schauen, können Sie da ja mit der schwarz-gelben Koalition nicht viel erwarten?
Wiesehügel: Das sehe ich in der Frage etwas anders. Wir sind ja eine der letzten Branchen gewesen, die ins Arbeitnehmerentsendegesetz noch reingekommen sind, und für das Arbeitnehmerentsendegesetz hat ja die alte Koalition gestanden und das wird auch die neue Koalition tun. Das ist ja gestern im Grunde schon mal sehr deutlich geworden. Sie wird nach wie vor über eine Rechtsverordnung dort die Mindestlöhne festlegen. Das ist also nur ein kleiner Kreis und das ist auch kein staatlich festgelegter Mindestlohn, sondern ist das, was im Grunde auch die CDU ja immer gesagt hat: Mindestlöhne müssen von den Tarifvertragsparteien gefunden werden. Im Gebäudereinigerhandwerk ist im Grunde der Lohn auch gleichzeitig der Mindestlohn. Es gibt also keine Differenz. Wir liegen zurzeit bei 8,15 Euro. Nun kann man darüber diskutieren, ob das viel oder wenig ist, aber jeder, der sich jetzt überlegt, ich brauche jetzt privat eine Putzfrau, was würde ich der zahlen, würde ganz von alleine auf eine höhere Summe kommen, als wir zurzeit tariflich bekommen.
Engels: Nun hat ja CDU-Generalsekretär Pofalla gerade gesagt – und ihm stimmt auch die FDP zu -, es gäbe ein Verbot sittenwidriger Löhne. Das heißt, das sind Dinge, denen Sie wahrscheinlich zustimmen, die aber jetzt im Moment Ihre Branche ohnehin nicht treffen, oder?
Wiesehügel: Nein, noch nicht. Aber wenn dieser Mindestlohn jetzt tatsächlich fällt, das heißt, wenn wir diesen Tarifvertrag nicht mehr hinkriegen, wenn unser Streik erfolglos wäre, was ich nicht glaube, aber wenn das einmal der Fall wäre – deswegen müssen natürlich da auch alle mitmachen -, dann ist auch im Gebäudereinigerhandwerk wieder Tür und Tor für Dumpinglöhne offen und da hilft dann nur noch "sittenwidrig", aber sittenwidrig ist 30 Prozent unter dem bestehenden Tarifvertrag. Der bestehende Tarifvertrag hat eine Nachwirkung in der Größenordnung von ungefähr acht Euro, 8,15 Euro. Dann 30 Prozent runter, da kann man sich ganz schnell ausrechnen, liegt man bei unter sechs Euro.
Engels: Wie peilen Sie die Perspektive des Streiks an? Sie sagen, es wird schnell eine Einigung geben. Was denken Sie, wann wieder am Verhandlungstisch geredet wird?
Wiesehügel: Das habe ich nicht gesagt, dass es schnell eine Einigung gibt. Wenn die Arbeitgeber mit einem vernünftigen Angebot auf uns zukommen, dann werden wir natürlich auch ganz schnell an diesen Tisch gehen und mit ihnen verhandeln. Wir sind nicht diejenigen, die sich unbedingt darüber freuen, dass es einen Streik gibt. Dafür ist unsere Gewerkschaft auch nicht bekannt. Wir sind eher pragmatisch und wollen durch Tarifverhandlungen zu Ergebnissen kommen. Aber wir sind im Augenblick in einer Situation, wo wir ein bisschen hilflos sind. Wir wissen gar nicht, warum die Arbeitgeber in diesem Bereich so ganz und gar nicht abschlussbereit sind.
Engels: Klaus Wiesehügel, der Vorsitzende der IG BAU. Wir sprachen über den anstehenden Streik der Gebäudereiniger.