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Im Bann der Bilder

Die Pfalzgalerie Kaiserslautern zeigt unter dem Titel "The Circle - Vom Punkt zum Kosmos" Bilder des amerikanischen Expressionisten Richard Pousette-Dart. Die 30 Gemälde aus dem Spätwerk des Malers faszinieren durch ihre kosmische Dichte, findet Kunstexpertin Christiane Vielhaber.

Christiane Vielhaber im Gespräch mit Kathrin Hondl |
    Kathrin Hondl: Es geht jetzt um Kunst, um Malerei, genauer gesagt, nämlich Werke des amerikanischen Malers Richard Pousette-Dart, der als einer der Pioniere des abstrakten Expressionismus gilt. Zu sehen sind die Bilder in der Pfalzgalerie Kaiserslautern und diese Ausstellung soll ja überhaupt die erste große Ausstellung mit Bildern von Pousette-Dart in einem deutschen Museum sein. Ist das jetzt wichtigtuerische Eigenwerbung der Pfalzgalerie oder stimmt das, Frau Vielhaber?

    Christiane Vielhaber: Das stimmt und man muss sagen, das Britta Buhlmann, die Direktorin der Pfalzgalerie, schon seit Jahrzehnten darum bemüht ist, Amerikaner weiblichen und männlichen Geschlechts aus dieser Phase nach Kaiserslautern zu holen, was ihr gelungen ist. Sie hatte auch Ende der 90er-Jahre schon in einer Gruppenausstellung
    Richard Pousette-Dart dabei. Ich habe eine Ausstellung mit Papierarbeiten gesehen, das war Anfang der 2000er-Jahre in der Schirn in Frankfurt. Aber Malerei und jetzt 30 wuchtige Gemälde, das hat es wirklich vorher noch nicht gegeben.

    Hondl: Also, es gibt da wirklich was zu entdecken! Vielleicht reden wir doch mal kurz erst mal über den Künstler. In den USA war er ja wirklich eine wichtige Figur in der Kunstwelt des 20. Jahrhunderts, Richard Pousette-Dart, geboren 1916, gestorben 1992.

    Vielhaber: Ja, und Sie glauben es nicht, wenn Sie Fotos sehen, wo er mit Richard Motherwell, mit Jackson Pollock, mit Rothko, wo die da alle sitzen und Sie denken eigentlich auch, das ist die Bohème, aber die sitzen da alle mit Anzug und Krawatte und waren eben in den späten 40er-Jahren oder Anfang der 50er-Jahre, das waren die Rebellen, die gesagt haben, also, ihr mit der europäischen Kunst, was wollt ihr eigentlich, wir können das auch! Wir können abstrakt, wir können expressionistisch, wir brauchen keinen Picasso, wir brauchen keine Brücke-Maler, wir haben das auch, wir haben das Potenzial.

    Hondl: Aber nun heißt diese Ausstellung in Kaiserslautern ja jetzt "The Circle – Vom Punkt zum Kosmos". Und irgendwie finde ich, das klingt fast schon esoterisch. Ist es das? Was sind das für Bilder, die da jetzt zu sehen in der Pfalzgalerie?

    Vielhaber: Sie treffen den Punkt. Er ist ein Esoteriker. Man muss das nicht unbedingt wissen, und "vom Punkt" - dann sind wir bei der Urform, dann sind wir bei Kandinsky, bei diesen ganzen Theorien. Er hatte früh schon Erweckungserlebnisse und die Ausstellung in Kaiserslautern konzentriert sich auf das reife Werk, auf das Spätwerk. Und wenn Sie hören, abstrakter Expressionismus, und Sie kommen in diesen ersten Raum rein … Wir beide können uns das vorstellen, wenn wir Torten machen und machen oben drauf immer so hupp, so einen kleinen Sahnehuppel, ziehen das so raus, mit so einer kleinen Spritze, so sind ganz viele Bilder aus den Anfangsjahren der späten 60er, Anfang 70er. Was man aber nicht sieht, ist, dass darunter Schichten und Schichten von Farben sind und dass diese Bilder dadurch unheimlich impressionistisch wirken. Das sind alles kleine Farbpunkte, also, Tausende von Farbpunkten, die dann so etwas ergeben, was mit Kosmos zu tun hat. Sie können ganz schnell merken, da ist eine Mitte, oder manchmal merken Sie, da ist ein schwarzes Loch, wo Sie wirklich das Gefühl haben, Sie werden reingezogen. Und neben diesen Törtchenbildern gibt es dann andere, wo Sie sehen: Da hat er immer wieder Schicht über Schicht aufgetragen, bis er zu so einer Oberfläche kam, die ihm gefiel. Und dann erkennen Sie Spiralformen, dann erkennen Sie so eine Ursuppe, aus dem irgendetwas entsteht. Vor ein paar Tagen, als ich gerade runterfuhr, war in der "FAZ" ein Titel, es ging um die Sternschnuppen, die da runterkamen, und dieses unheimliche All, was wir uns gar nicht vorstellen können, und das versucht er letztlich in seine Bilder hineinzubringen, dass da was Gottähnliches ist. Er ist zwar oder hält sich für einen Pantheisten, aber dass das Ich mit dem Kosmos verbunden ist und Mikrokosmos mit Makrokosmos, das kann er alles viel erzählen, aber die Bilder sind wirklich so, dass sie einen in den Bann ziehen und dass Sie auch denken, wo bin ich jetzt! Und dann kommt Kreis und dann kommt Quadrat und Quadrat steht zum Beispiel für die vier Evangelisten, oder sie steht für die vier Himmelsrichtungen oder sie steht für die vier Elemente. Das können Sie sich alles im Kopf sortieren, aber es sind die Bilder, die einfach faszinieren durch diese kosmische Dichte oder durch diese Ursuppe, wo dann auch so Würmchen herumfliegen oder teilweise auch Würmchen richtig aus der Farbe gedrückt.

    Hondl: Also, es hört sich wirklich so an, als ob dieser späte Deutschland-Import von Richard Pousette-Dart wirklich eine gute Idee war?

    Vielhaber: Ja, nichts wie hin! Und wann fährt man sonst nach Kaiserslautern! Nur um Fußball zu gucken?

    Hondl: Vielen Dank! Christiane Vielhaber war das über die Ausstellung "The Circle – Vom Punkt zum Kosmos" mit Werken von Richard Pousette-Dart im Museum Pfalzgalerie in Kaiserslautern.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.