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Im Barrique reift der Geist des Weines

In diesem Sommer stellen wir in unserem freitäglichen Firmenporträt traditionelle Handwerksbetriebe, Manufakturen und Gewerke in einer kleinen Serie vor, die uns heute nach Bremen führt. Dort, versteckt im Industriehafen, hat Norddeutschlands einziger Böttcher in der Nische überlebt. Die Fassfabrik Alfred Krogemann. Das kleine Familienunternehmen hat sich auf Eichenfässer für hochwertige Barrique-Weine spezialisiert. Meistens kräftige Rotweine, die wie früher im Eichenfass reifen, damit sie aus dem Holz zusätzliche Aromen wie zum Beispiel Vanille aufnehmen.

Von Christina Selzer |
    In der Fassfabrik Krogemann hält der Chef noch alle Fäden selbst in der Hand. Wobei die Bezeichnung 'Fabrik' eigentlich gar nicht zutrifft. Die Böttcherei ist ein kleiner Familienbetrieb. Neben dem Chef Alfred Krogemann arbeiten hier noch drei Fassmacher in der kleinen Werkstatt mit diversen Maschinen: Hobelbänke, Sägen, und stapelweise Holz.

    Das Firmengelände liegt etwas versteckt im Bremer Industriehafen. Die heutige Fassfabrik Krogemann wurde 1959 gegründet, doch ihre Geschichte reicht wie das Handwerk des Böttchers bis ins Mittelalter zurück. Da ist sich Firmenchef Alfred Krogemann ziemlich sicher. Der heute 65-jährige erinnert sich noch gut daran, wie er schon als Kind im Betrieb mithelfen durfte:

    "Wir haben ja immer am Betrieb gewohnt, so habe ich als Kind schon geholfen, für Mutter schon zu Weihnachten Blumenkübel gemacht. Und so hat man das gelernt. Ich bin dann später Maurer gelernt, Bauingenieur, dann musste ich zur Bundeswehr. Komm, kannst helfen, war viel zu tun, dann bin ich doch hängengeblieben, das ist jetzt nun schon ewig her."

    In den 70er Jahren spezialisierte sich der Betrieb auf Weinfässer aus Eichenholz, die vor allem nach Australien verkauft wurden. Erst in den 80er Jahren begannen sich auch die Winzer aus deutschen Anbaugebieten für die so genannten Barrique-Fässer zu interessieren.

    "Das hat man ja jetzt schon, so 15 Jahre, dass die deutschen Winzer auch Barrique-Weine herstellen, dass die ganz guten Weine in kleinen Fässern gelagert werden, in 225-300 Liter-Fässern. Aber da kann man nur die allerbesten Weine nehmen."

    Früher wurden die Fässer noch gereinigt und geschrubbt, um zu verhindern, dass der Wein den Holz-Geschmack annahm. Heute dagegen ist genau das erwünscht, erklärt der Fassmacher: Barrique-Weine sollen nach den Eichenfässern schmecken, in denen sie reifen.

    "Das will man ja im Wein haben. Die Aromen kommen durch das Holz, der Wein nimmt sich das raus, da gibt es diesen Vanillegeschmack. Aber das ist nur ein Geschmack von vielen."

    Welche Geschmacksvariante der Wein schließlich annimmt, hängt davon ab, wie stark das Holz gefeuert wird. Der Fachmann sagt auch 'toasten' dazu. Beim Toasten wird jedes Fass eine Stunde lang von innen geräuchert, um die Spannung aus dem gebogenen Holz herauszunehmen. Außerdem wird die im Eichenholz enthaltene Gerbsäure umgewandelt: Das gebrannte Holz gibt später dem Wein einen Hauch von Nelken, Zedern oder Vanillearomen, sagt der Böttcher:

    "Die Winzer bestellen das sogar: Leicht, Medium, oder Medium plus getoastet."

    Bis zu 600 neue Eichenfässer werden jedes Jahr in Handarbeit hergestellt und an Winzer in Süddeutschland verkauft. Doch auch mit gebrauchten Fässern aus Frankreich handelt der Fassmacher. Diese werden repariert, ausgehobelt, abermals getoastet und als Blumenkübel oder auch für die Lagerung von Weinbrand benutzt:

    "Das sind fast alles französische spanische Rotweinfässer, aus Bordeaux, die sind 5,6, Jahre alt, älter nicht. das ist darum, weil der Wein nicht tief eindringt, der nimmt sich den Geschmack von der Oberfläche, wenn man die einmal gefüllt hat, dann ist das Gute schon raus dem Wein. Die meisten Winzer benutzen die vier Mal, aber dann bringt das nichts mehr."

    Ein LKW fährt auf den Hof. Eine Spedition holt eine Ladung ab. Die Fässer werden auf die Ladefläche gerollt.

    Seit Anfang August herrscht in der Fassfabrik Krogemann Hochsaison. Bis Oktober werden jetzt im Akkord Fässer gemacht. 5 bis 6 Stunden dauert es, bis ein Fass fertig ist. Dieses traditionelle und zeitaufwändige Verfahren hat heute für die Massenproduktionen von Wein keine Bedeutung mehr. Denn Wein wird in Kunststoff- oder Edelstahlbehältern gelagert. Die Fässer von Krogemann sind eben für den Liebhaber des Barrique-Weins gedacht. Auch wenn der Böttcher aus Bremen selbst kein Weintrinker ist, wie er zugibt:

    "Ab und zu mal ein Schluck guten Rotwein, aber sonst lieber nur Bier!"

    Ans Aufhören denkt der 65jährige noch lange nicht. Jeden Tag steht er in der Werkstatt, während seine Frau die Büroarbeit macht. Und der Schreibkram wird auch immer mehr, betont Alfred Krogemann, seit er seine Fässer auch übers Internet verkauft. Über die Zukunft seiner Firma macht er sich jedenfalls keine Sorgen. Denn wenn irgendwann einmal die Entscheidung ansteht, wer die Fassfabrik übernehmen soll, dann wird sich bestimmt jemand finden, davon ist er überzeugt. Aber bis dahin ist ja noch viel Zeit, sagt der Böttcher aus Bremen und stemmt ein Fass auf die Ladefläche des Lastwagens.

    Surftipp für Rotwein-Liebhaber: www.fassfabrik-krogemann.de