Die Capulets haben Nachtclubs und Bars unter ihrer Kontrolle, die Montagues haben die Straßen im Griff. Die einen haben schicke Autos, viel Geld, können sich teure Partys und Prostituierte leisten, die anderen sind arm und reklamieren für sich die unverfälschte Männlichkeit der Überlebenskämpfer. Und natürlich wird Shakespeares tragische Liebesgeschichte so auch zu einer fatalen Affäre zwischen Menschen aus zwei völlig unterschiedlichen Klassen und Lebenswelten. Anika Baumann spielt eine verzickte Göre, die sich im Gespräch mit ihrer Freundin Mia über die Geheimnis- und Abenteuerlosigkeit ihres Edel-Lebens beklagt:
"Hier dreht sich alles um Dinge, ich habe das Gefühl ich bin umgeben von vier Airbags und sechs Sicherheitsgurten, aber so macht das Fahren keinen Spaß. - Ist doch super - Ist alles so hermetisch dicht; ich meine, warum feiern wir nicht mal auf der Straße ab? Draußen an der Tanke, im Regen, Tanzen, Frieren, keine Ahnung. - Wenn du das alles nicht hättest, dann würde es dir fehlen. - Ja, mir ist das alles aber egal. - Ja, aber das sagst du nur, weil du alles hast."
Romeo seinerseits ist in der Verkörperung durch Max Simonischek einen Streetfighter, den sein von Leon Ulrich vorzüglich verkörperter Vetter Benvolio nur mit größter Mühe aus einer trägen Lethargie reißen kann. Eine Art romantischer Verklärung trägt der Anti-Held während der gesamten Aufführung und das gefährdet ihn in einem Wettkampf, der den blutigen Streit zwischen den beiden Gangs ein für allemal entscheiden soll. Nach dem 2001 gegründeten Berliner Hip-Hop-Label Aggro heißen sie hier Aggro Montagues und Aggro Capulets und ein Free-Style Wettbewerb soll entscheiden, wer das Feld räumen muss. Jeder der Gang-Mitglieder soll den Gegner mit seiner Häme in Grund und Boden rappen. Darsteller aus dem Ensemble werden hierbei verstärkt von Schauspielstudenten und ein paar Schülern der berühmten Neuköllner Rütli-Schule. Unterstützt werden die Theater-Rapper in der Inszenierung von Nuran David Calis außerdem in zwei kurzen Live-Acts von Berliner Profi-Rappern, wie Joe Rilla und Alpa Gun:
"Komm komm, schrei es raus, es ist egal wie du es sagst, wir machen es wie Romeo und Julia ... "
Die Schüler der Rütli-Schule und einige Rapper im Publikum sind glücklich. Für Augenblicke scheint das Experiment der Fusion von Hoch- und Subkultur aufzugehen, Rap und Blankvers, Rütli und Gorki zusammenzupassen. Nuran David Calis hat die Sprachebenen ineinander verschränkt und lässt sie als gleichberechtigte Formen der Poesie nebeneinander bestehen. Wenn Romeo von der Umgangssprache in das kunstvolle Deutsch der Shakespeare-Übersetzung wechselt, dann runzelt Julia die Stirn, halb fragend halb bewundernd. Die romantischen Gefühle und das tragische Ende der beiden Protagonisten sind in der alten Kunstsprache besser aufgehoben; die Kampfhaltung und das Zerstörungspotenzial der Jugend besser im Hip-Hop.
Das Dekor ist ein Drehbühnengestell, auf dessen glatter Rückseite immer wieder Videos projiziert werden. Ein Rap-Tänzer, Stadtansichten, Schwimmende unter Wasser. Sie ist aber auch die Straßenseite des Clubs "Verona", dessen Intérieur ein Aufbau mit Stegen, Balkonen und farbigem Neonlicht darstellt, eine Konstruktion also, die allemal besser für Showeffekte geeignet ist als für die berühmte Balkonszene oder andere Entwicklungen der Shakespearschen Tragödie.
Und hier moderiert Gunnar Teuber das Kampfgeschehen als ein reichlich Koks-gespeedeter Conferencier, und wenn er die bedrohte Julia in den Scheintot versetzen will, geschieht dies natürlich auch durch eine heftige Dosis Kokain. Dieser Spielführer, als einziger keiner der beiden Gangs angehörig, treibt dem Stück das Tragische aus und macht es endgültig zu einem Musical, in dem aus allen Figuren, den Capulets in Samtanzügen und den Montagues mit Muskelshirts Karikaturen werden. Calis hat das Stück zwar dramaturgisch in die Gegenwart versetzt und mit der Neuköllner Migrantenschule Rütli und den Profi-Rapper kraftvolle Elemente aus der Wirklichkeit auf die Bühne geholt, sie dann aber in ein Spektakel gepackt, das im bunten Niemandsland der Unterhaltung spielt.
"Hier dreht sich alles um Dinge, ich habe das Gefühl ich bin umgeben von vier Airbags und sechs Sicherheitsgurten, aber so macht das Fahren keinen Spaß. - Ist doch super - Ist alles so hermetisch dicht; ich meine, warum feiern wir nicht mal auf der Straße ab? Draußen an der Tanke, im Regen, Tanzen, Frieren, keine Ahnung. - Wenn du das alles nicht hättest, dann würde es dir fehlen. - Ja, mir ist das alles aber egal. - Ja, aber das sagst du nur, weil du alles hast."
Romeo seinerseits ist in der Verkörperung durch Max Simonischek einen Streetfighter, den sein von Leon Ulrich vorzüglich verkörperter Vetter Benvolio nur mit größter Mühe aus einer trägen Lethargie reißen kann. Eine Art romantischer Verklärung trägt der Anti-Held während der gesamten Aufführung und das gefährdet ihn in einem Wettkampf, der den blutigen Streit zwischen den beiden Gangs ein für allemal entscheiden soll. Nach dem 2001 gegründeten Berliner Hip-Hop-Label Aggro heißen sie hier Aggro Montagues und Aggro Capulets und ein Free-Style Wettbewerb soll entscheiden, wer das Feld räumen muss. Jeder der Gang-Mitglieder soll den Gegner mit seiner Häme in Grund und Boden rappen. Darsteller aus dem Ensemble werden hierbei verstärkt von Schauspielstudenten und ein paar Schülern der berühmten Neuköllner Rütli-Schule. Unterstützt werden die Theater-Rapper in der Inszenierung von Nuran David Calis außerdem in zwei kurzen Live-Acts von Berliner Profi-Rappern, wie Joe Rilla und Alpa Gun:
"Komm komm, schrei es raus, es ist egal wie du es sagst, wir machen es wie Romeo und Julia ... "
Die Schüler der Rütli-Schule und einige Rapper im Publikum sind glücklich. Für Augenblicke scheint das Experiment der Fusion von Hoch- und Subkultur aufzugehen, Rap und Blankvers, Rütli und Gorki zusammenzupassen. Nuran David Calis hat die Sprachebenen ineinander verschränkt und lässt sie als gleichberechtigte Formen der Poesie nebeneinander bestehen. Wenn Romeo von der Umgangssprache in das kunstvolle Deutsch der Shakespeare-Übersetzung wechselt, dann runzelt Julia die Stirn, halb fragend halb bewundernd. Die romantischen Gefühle und das tragische Ende der beiden Protagonisten sind in der alten Kunstsprache besser aufgehoben; die Kampfhaltung und das Zerstörungspotenzial der Jugend besser im Hip-Hop.
Das Dekor ist ein Drehbühnengestell, auf dessen glatter Rückseite immer wieder Videos projiziert werden. Ein Rap-Tänzer, Stadtansichten, Schwimmende unter Wasser. Sie ist aber auch die Straßenseite des Clubs "Verona", dessen Intérieur ein Aufbau mit Stegen, Balkonen und farbigem Neonlicht darstellt, eine Konstruktion also, die allemal besser für Showeffekte geeignet ist als für die berühmte Balkonszene oder andere Entwicklungen der Shakespearschen Tragödie.
Und hier moderiert Gunnar Teuber das Kampfgeschehen als ein reichlich Koks-gespeedeter Conferencier, und wenn er die bedrohte Julia in den Scheintot versetzen will, geschieht dies natürlich auch durch eine heftige Dosis Kokain. Dieser Spielführer, als einziger keiner der beiden Gangs angehörig, treibt dem Stück das Tragische aus und macht es endgültig zu einem Musical, in dem aus allen Figuren, den Capulets in Samtanzügen und den Montagues mit Muskelshirts Karikaturen werden. Calis hat das Stück zwar dramaturgisch in die Gegenwart versetzt und mit der Neuköllner Migrantenschule Rütli und den Profi-Rapper kraftvolle Elemente aus der Wirklichkeit auf die Bühne geholt, sie dann aber in ein Spektakel gepackt, das im bunten Niemandsland der Unterhaltung spielt.