Auf einem Stück Sand brennt ein Feuer. Zwei Frauen tanzen. Die eine trägt ein Gewand in kräftigem Lila, die andere eins in knalligem Rot. Darauf Stickereien. Es ist bewölkt, der Fluss hinter ihnen fließt grau. Rundherum Kiefernwald, auf einer Wiese ein paar kleine Boote. Jeder Besucher muss ein Stückchen Holz ins Feuer werfen, so ist es Brauch bei den Chanten in Kyschik.
"Ich habe gesungen, dass ein Junge einen Volkstanz aufführt. Dann kommt ein Mädchen. Sie versteht ihn und singt, dass wir alle aufstehen und tanzen und singen."
Kyschik, das ist eine gute Handvoll Holzhäuser. Die Bürgersteige sind aus Holz, wegen des Schlamms im Frühjahr und im Herbst. Die Wege sind aus Sand. Überall stehen Verkehrsschilder. Ein paar Pferde stoppen vor einem Vorfahrtsschild. Im Kyschik gibt es viele Pferde, jedoch fast keine Autos.
Natalja Pawlowna, die Bürgermeisterin kommt. Sie ist Russin, keine Chantin.
"Bei uns gibt es einen Feiertag, den Rabentag. Das ist das Fest des Frühlings. Ein Rabe kommt und wärmt seine Krallen im Sand. Damit markiert er den Frühlingsanfang. Es heißt, dass der Rabe die Kinder bringt. Allen Gästen wird ein kleiner Rabe geschenkt, und wer einen Raben bekommt, der bekommt demnächst ein Kind oder einen Enkel – so ist bei uns der Glaube.
Im letzten Jahr hat unser Gouverneur den Rabentag zum offiziellen Feiertag erklärt. Die nationalen Feiertage geraten nicht in Vergessenheit, sondern werden wiederbelebt, und wir versuchen, dabei mitzumachen."
Lange Zeit ging es darum die Kultur all dieser kleinen Völker in den Weiten Russlands zu zerstören. Die Kinder wurden in Internate geschickt, durften ihrer Muttersprache nicht mehr sprechen. Heilige Stätte wurden zerstört, die Schamanen verfolgt.
Im Kulturhaus proben Jugendlich traditionelle Tänze. Die Bühnenwand glitzert blau. Der Raum ist getäfelt. Vier Mädchen drehen sich im Rhythmus. Zwischen ihnen ein Junge in roter Tracht. Er wirft sich nach vorn, auf den Boden. In der Hand das Fell eines Fuchses, zeigt er, wie er das Tier erlegt hat. Anna Alexandrowna blickt zufrieden.
"Unsere Kultur ist kompliziert, und in unserer heutigen Zeit ist es schwer, diese Traditionen und Rituale zu erhalten. Aber dank unserer Verwaltung im Gebiet und im Bezirk blüht unser Ensemble und blüht unsere Volkskultur. Sie haben ja die Ausstellung mit Kunsthandwerk gesehen: Die Meister, die bei uns arbeiten, haben keine Arbeit, sondern sitzen zu Hause und tun diese Arbeit. Handwerk."
Der Star der Volkstanzgruppe ist die 16-jährige Chantin Vera Olkova.
"Wir sind die Visitenkarte unseres Bezirks. Mir macht das viel Spaß. Und ich mag einfach unsere Kultur. Wenn ich mit der Schule fertig bin, dann möchte ich in die Stadt, nach Chanti-Mansijsk."
1953 begann die Erdölförderung in der Region. Die Chanten wichen nach Norden aus. Doch die Erdölindustrie folgte. Nach der Schule gehen viele junge Leute in die Stadt. Nur wenige kommen in die Dörfer zurück, beklagt Sofia Andrejewna.
"Wir haben hier keine Nomadensiedlung. Es gibt keine Rentierzucht mehr. Daher gibt es keine Beschäftigung. Man muss den Kindern von klein auf beibringen, im Wald zu leben, damit sie die Rentiere versorgen können. Aber die Jugendlichen können das nicht mehr. Fischerei gibt es noch. Damit kann man sich beschäftigen. Aber auch das wird den Kindern nicht mehr beigebracht. Sie wollen in die Zivilisation. Alle. Das sind unsere Probleme."
Zur Arbeitslosigkeit kommt auch in Kyschik der Alkoholismus, wie eigentlich bei allen Völkern des Nordens.
In Bündeln hängen Fische zu Trocknen an den Häusern. Plumpsklos, das Wasser kommt vom Brunnen. In einigen Gegenden schmeckt es nach Öl, dann muss Trinkwasser mit Tankwagen in die Dörfer gebracht werden.
Anna Alexandrowna sitzt unter Bäumen. In der Hand hat sie einen Fisch. Graugrün, etwa ein Meter lang. Sorgfältig schneidet sie mit einem großen spitzen Messer einen Ring unterhalb des Kopfes. Dann drückt sie ihre Daumen hinein, trennt die Haut vom Fleisch. ... zieht dem Fisch die Haut in einem Stück ab, damit man sie für Fischleder gebrauchen kann.
"Der Fisch heisst Nalin. Das ist ein sehr leckerer Fisch."
Sein Fleisch ist fest, kompakt, wie eigentlich bei allen sibirischen Fischen. Sie schneidet den Magen heraus, stülpt ihn um, reinigt ihn. Dann nimmt sie die frische Fischleber, probiert ein Stück und stopft den Magen mit Stücken der Leber. Wie Wurst, sagt sie, dann verschließt sie den Magen und versenkt ihn in heißem Wasser. Es gibt Ucha, chantische Fischsuppe.
"Man braucht Fisch, ein bisschen Wasser. Wenn das kocht gibt man etwas Zwiebel dazu, Pfeffer, Lorbeerblatt, Dill – und das war’s. Mehr nicht."
Und pünktlich zur Suppe, sind dann auch die Mücken da.
"Ich habe gesungen, dass ein Junge einen Volkstanz aufführt. Dann kommt ein Mädchen. Sie versteht ihn und singt, dass wir alle aufstehen und tanzen und singen."
Kyschik, das ist eine gute Handvoll Holzhäuser. Die Bürgersteige sind aus Holz, wegen des Schlamms im Frühjahr und im Herbst. Die Wege sind aus Sand. Überall stehen Verkehrsschilder. Ein paar Pferde stoppen vor einem Vorfahrtsschild. Im Kyschik gibt es viele Pferde, jedoch fast keine Autos.
Natalja Pawlowna, die Bürgermeisterin kommt. Sie ist Russin, keine Chantin.
"Bei uns gibt es einen Feiertag, den Rabentag. Das ist das Fest des Frühlings. Ein Rabe kommt und wärmt seine Krallen im Sand. Damit markiert er den Frühlingsanfang. Es heißt, dass der Rabe die Kinder bringt. Allen Gästen wird ein kleiner Rabe geschenkt, und wer einen Raben bekommt, der bekommt demnächst ein Kind oder einen Enkel – so ist bei uns der Glaube.
Im letzten Jahr hat unser Gouverneur den Rabentag zum offiziellen Feiertag erklärt. Die nationalen Feiertage geraten nicht in Vergessenheit, sondern werden wiederbelebt, und wir versuchen, dabei mitzumachen."
Lange Zeit ging es darum die Kultur all dieser kleinen Völker in den Weiten Russlands zu zerstören. Die Kinder wurden in Internate geschickt, durften ihrer Muttersprache nicht mehr sprechen. Heilige Stätte wurden zerstört, die Schamanen verfolgt.
Im Kulturhaus proben Jugendlich traditionelle Tänze. Die Bühnenwand glitzert blau. Der Raum ist getäfelt. Vier Mädchen drehen sich im Rhythmus. Zwischen ihnen ein Junge in roter Tracht. Er wirft sich nach vorn, auf den Boden. In der Hand das Fell eines Fuchses, zeigt er, wie er das Tier erlegt hat. Anna Alexandrowna blickt zufrieden.
"Unsere Kultur ist kompliziert, und in unserer heutigen Zeit ist es schwer, diese Traditionen und Rituale zu erhalten. Aber dank unserer Verwaltung im Gebiet und im Bezirk blüht unser Ensemble und blüht unsere Volkskultur. Sie haben ja die Ausstellung mit Kunsthandwerk gesehen: Die Meister, die bei uns arbeiten, haben keine Arbeit, sondern sitzen zu Hause und tun diese Arbeit. Handwerk."
Der Star der Volkstanzgruppe ist die 16-jährige Chantin Vera Olkova.
"Wir sind die Visitenkarte unseres Bezirks. Mir macht das viel Spaß. Und ich mag einfach unsere Kultur. Wenn ich mit der Schule fertig bin, dann möchte ich in die Stadt, nach Chanti-Mansijsk."
1953 begann die Erdölförderung in der Region. Die Chanten wichen nach Norden aus. Doch die Erdölindustrie folgte. Nach der Schule gehen viele junge Leute in die Stadt. Nur wenige kommen in die Dörfer zurück, beklagt Sofia Andrejewna.
"Wir haben hier keine Nomadensiedlung. Es gibt keine Rentierzucht mehr. Daher gibt es keine Beschäftigung. Man muss den Kindern von klein auf beibringen, im Wald zu leben, damit sie die Rentiere versorgen können. Aber die Jugendlichen können das nicht mehr. Fischerei gibt es noch. Damit kann man sich beschäftigen. Aber auch das wird den Kindern nicht mehr beigebracht. Sie wollen in die Zivilisation. Alle. Das sind unsere Probleme."
Zur Arbeitslosigkeit kommt auch in Kyschik der Alkoholismus, wie eigentlich bei allen Völkern des Nordens.
In Bündeln hängen Fische zu Trocknen an den Häusern. Plumpsklos, das Wasser kommt vom Brunnen. In einigen Gegenden schmeckt es nach Öl, dann muss Trinkwasser mit Tankwagen in die Dörfer gebracht werden.
Anna Alexandrowna sitzt unter Bäumen. In der Hand hat sie einen Fisch. Graugrün, etwa ein Meter lang. Sorgfältig schneidet sie mit einem großen spitzen Messer einen Ring unterhalb des Kopfes. Dann drückt sie ihre Daumen hinein, trennt die Haut vom Fleisch. ... zieht dem Fisch die Haut in einem Stück ab, damit man sie für Fischleder gebrauchen kann.
"Der Fisch heisst Nalin. Das ist ein sehr leckerer Fisch."
Sein Fleisch ist fest, kompakt, wie eigentlich bei allen sibirischen Fischen. Sie schneidet den Magen heraus, stülpt ihn um, reinigt ihn. Dann nimmt sie die frische Fischleber, probiert ein Stück und stopft den Magen mit Stücken der Leber. Wie Wurst, sagt sie, dann verschließt sie den Magen und versenkt ihn in heißem Wasser. Es gibt Ucha, chantische Fischsuppe.
"Man braucht Fisch, ein bisschen Wasser. Wenn das kocht gibt man etwas Zwiebel dazu, Pfeffer, Lorbeerblatt, Dill – und das war’s. Mehr nicht."
Und pünktlich zur Suppe, sind dann auch die Mücken da.