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Im Kampf gegen die Ausrottung

Der weltweite Handel mit Unterwasserlebewesen bedeutet oft eine Gefahr für das Ökosystem Meer. Das gilt auch für die Seepferdchen, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Diese Meeresbewohner überleben häufig den Fang oder auch den Transport nicht. Sie in Gefangenschaft zu züchten, das gelingt bisher nur selten. In Niedersachsen allerdings wird genau das mit viel Aufwand und Leidenschaft von einer Privatinitiative versucht.

Von Klaus Dierken |
    Auf der Welt gibt es etwa zwei Dutzend Seepferdchenarten. Alle Arten sind inzwischen vom Aussterben bedroht. Elena Theys hat vor drei Jahren ihre Liebe zu den Seepferdchen entdeckt. Mit einem Tier aus der Zoohandlung fing es an:

    "Sie faszinieren einfach. Sie haben eine liebevolle Art, miteinander umzugehen. Wenn man zur Tür reinkommt, tanzen sie an der Scheibe. "

    Alle ihre Schützlinge spricht sie mit Vornamen an:

    "Das gelbe ist Quitschi. Das hier ist Engelchen. Das ist fast 25 Zentimeter groß."

    Fischerei und Wildfänge für Aquarien haben den Bestand fast überall gefährlich dezimiert. Ein großes Problem ist ein riesiger Markt für Seepferdchen in Asien: Vor allem in China werden getrocknete Seepferdchen zu zweifelhafter traditioneller Medizin verarbeitet. Elena Theys will mit ihrer Privatinitiative etwas tun, um die Seepferdchen vor dem Aussterben zu bewahren:

    Ein Dutzend Aquarien hat sie aufgestellt, dazu ein aufwendiges System von Schläuchen und Pumpen. Eine Menge Technik ist erforderlich, um die Temperatur sowie den Sauerstoff- und Salzgehalt des Wassers konstant zu halten. Die große dunkelhaarige Frau mit den zupackenden Händen hat ihr Privatleben inzwischen fast ganz den Seepferdchen gewidmet. Die Aquarien nehmen schon einen großen Teil des Hauses im niedersächsischen Visselhövede ein. Elena Theys hat inzwischen zehn Mitstreiter gefunden. Sie hat einen Verein mit dem Namen "Förderverein für die Belange von Seepferdchen" gegründet. Zur Zeit schweben 120 Seepferdchen durch die künstliche Unterwasserwelt in der Lüneburger Heide. Genau alle 14 Tage beginnt aufs Neue die Paarungszeit der Seepferdchen:

    "Sie sind dann mit dem Schwanz umschlungen. Dann halten sie sich so die ganze Zeit mit dem Schwanz umschlungen. Sie schwimmen dann das Becken rauf und runter. Und das Weibchen wirft dann den Kopf wie ein Pferd hoch. Sie können zwar nicht wiehern - aber wenn sie den Kopf so hochwirft, dann hat man schon den Eindruck, als würden sie wiehern.
    Und dann legen die Weibchen die Eier in die Bauchtasche der Männchen. Das Männchen brütet die dann - beispielsweise bei dieser Art - in 14 Tagen aus und die kommen dann so richtig mit Wehen zur Welt. "

    Mit ungeheurem Aufwand und Engagement züchtet Elena Theys Seepferdchen. Angesichts von etwa 25 000 Seepferdchen, die jährlich allein für den Aquarienhandel in die Europäische Union importiert werden, noch ein Tropfen auf den heißen Stein, sagt Dr. Marc Kochzius von der Universität Bremen. Der Biologe erforscht weltweit die Verbreitung von Meerestieren. Er hat vollen Respekt vor der Seepferdchenzüchterin:

    "Das ist auf jeden Fall eine gute Sache. Es führt auch dazu, dass die Öffentlichkeit auf diese Problematik aufmerksam gemacht werden kann. Solche Aktivitäten von Aquarianern führen auch dazu, dass die Wissenschaft lernt, wie man diese Organismen in Gefangenschaft züchten kann. "

    Denn nach wie vor ist der Export von Seepferdchen vor allem aus Südostasien ein gutes Geschäft. Allerdings überleben viele Wildfänge nicht. Und deshalb macht es Sinn zu züchten. Viele Seepferdchen sterben auch schon dadurch, dass oft beim Fang Betäubungsgift ins Meer geschüttet wird, um die Tiere zu lähmen und so leichter fangen zu können. Auch beim anschließenden Transport verenden viele. Deshalb, so Marc Kochzius:

    "Ich denke, dass für den Aquarienhandel Nachzuchten eine wichtige Rolle spielen. Jeder, der sich Organismen für das Aquarium kauft, sollte darauf achten, dass sie aus Nachzuchten stammen und nicht aus Wildfängen.

    Artenschutzabkommen verbieten zwar seit dem Jahr 2004 den Handel mit im Meer gefangenen Seepferdchen, die kleiner als zehn Zentimeter sind. Doch ob sich alle Händler daran halten, steht auf einem anderen Blatt. Tatsächlich werden auch kleinere, wild gefangene Tiere sogar immer noch sehr viel billiger angeboten als Tiere aus Nachzüchtungen. Elena Theys träumt indes davon, nicht nur Seepferdchen für Aquarien zu züchten, sondern eines Tages sogar Seepferdchen aus ihrer Zucht im Meer auswildern zu können. "

    Kontaktadresse:
    Verein zur Förderung der Belange von Seepferdchen Grundchaussee 2
    27374 Visselhövede
    Telefon 05195-933504, Fax 05195 93012
    Verein zur Förderung der Belange von Seepferdchen
    Elena Theys: seepferdchen@visselhoevede.de