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Im Königreich Alexanders des Großen

Anhand von 500 Exponaten präsentiert das Louvre in Paris das antike Makedonien unter seinem König Alexander der Große. Die vielen Schmuckstücke, Kronen, Skulpturen und Vasen aus dieser Zeit zeigen, dass die Region außergewöhnlich talentierte Künstler und Kunsthandwerker hervorbrachte und anlockte.

Von Kathrin Hondl | 20.10.2011
    Weniger die legendären Taten und Eroberungen Alexanders des Großen stehen im Louvre im Mittelpunkt, sondern ein kleines Reich am nördlichen Rand Griechenlands: das antike Makedonien. Denn bevor er "der Große" wurde, war Alexander erst einmal Makedonier. Und in Makedonien wurde einiges dafür getan, damit er überhaupt "der Große" werden konnte.

    "Sein Vater, Philipp II. war extrem bedeutend","

    sagt Ausstellungskuratorin Sophie Descamps.

    ""Er war ein außergewöhnlicher Herrscher, der durch eine umfassende Heeresreform seinem Sohn erst ermöglichte, zu seinem erfolgreichen Feldzug aufzubrechen. Philipp II. erfand die makedonische Phalanx, deren Kämpfer mit sogenannten Sarissen, über fünf Meter langen Stoßlanzen bewaffnet waren – und Alexander zum Sieg führten."

    Einige dieser Lanzen, Schwerter und Sarissen-Spitzen aus dem 4. Jahrhundert vor Christus sind jetzt im Louvre zu sehen. Wie eine ganze Reihe der rund 500 Ausstellungsstücke wurden sie erst spät bei Ausgrabungen makedonischer Gräber gefunden. So zum Beispiel auch eine aus 144 goldenen Eichenblättern geformte Krone - ein glänzendes, filigran gearbeitetes kleines Meisterwerk, mit dem die Ausstellung beginnt. Entdeckt wurde dieser Schatz im August 2008 im heutigen Vergina, in einem Grab unter der Agora der ersten Hauptstadt Makedoniens.

    Zwar gab es schon im 19. Jahrhundert Ausgrabungen hellenistischer Stätten in Makedonien – der Franzose Leon Heuzey war da der Pionier – ; doch der wahre Reichtum des antiken Makedonien erschloss sich den Archäologen erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts.

    "1977 wurden die königlichen Graber, insbesondere das von Philipp II. entdeckt. Da wurde sowohl den internationalen Forschern als auch Griechenland bewusst, dass es im Norden des Landes genauso bedeutende Schätze gibt wie in Südgriechenland. Bis in die 70er-Jahre aber war die Region in der kunsthistorischen und archäologischen Fachliteratur ein weißer Fleck auf der Landkarte."

    Die Gründe für die späte Entdeckung Makedoniens sind vielfältig. Es gab und gibt kaum sichtbare Spuren der Antike, denn die Makedonier bauten ihre Häuser und Tempel nicht aus Marmor, sondern aus weniger dauerhaften Materialien wie Holz oder Backsteinen. Dass die Archäologen dort lange Zeit nicht besonders intensiv gruben, lag aber auch daran, dass die makedonische Kultur – Alexander der Große hin oder her – unterschätzt wurde. Ein schlechter Ruf, für den übrigens schon in der Antike der griechische Redner Demosthenes sorgte, der, so Sophie Descamps, sehr "atheno-zentristisch" war.

    "Als Demosthenes im 4. Jahrhundert vor Christus merkt, dass die Macht Philipps des Zweiten eine Bedrohung für die griechischen Stadtstaaten sein könnte, bezeichnet er ihn einfach als Säufer und Barbaren."

    Unzählige goldene und silberne Schmuckstücke und Kronen, Skulpturen und Vasen erzählen jetzt im Louvre eine andere Geschichte – nämlich die einer an Bodenschätzen reichen Region, die außergewöhnlich talentierte Künstler und Kunsthandwerker hervorbrachte und anlockte. Auch die ganze Pracht der antiken Malerei ist in dieser effektvoll inszenierten Ausstellung zu sehen. Denn das Klima im Norden Griechenlands sorgte dafür, dass die Farben der Kunstwerke erstaunlich gut erhalten blieben. Rot, grün, blau und schwarz bemalte Figuren und kleine Statuen zeugen von einer antiken Farbenpracht, neben der selbst die beeindruckende Marmorbüste Alexanders des Großen fast ein bisschen blass aussieht. Der Glanz der phänomenalen Eroberungen und der Herrschaft Alexanders aber überdauerte schließlich auch die Geschichte des antiken Makedonien: Am Ende der Ausstellung sind vier prächtige Goldmünzen aus dem 3. Jahrhundert nach Christus zu sehen: Medaillen, die Alexander und seine Familie zeigen. Zu gewinnen waren sie bei Wettkämpfen und Spielen, die zu Ehren Alexanders organisiert wurden.