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Im Scheinwerferlicht der Plasmonen

Physik. – Für Wissenschaftler und Untersuchungsobjekt ist Licht gleichermaßen die angenehmste Art zu untersuchen. Denn dabei bleiben etwa Zellen unbehelligt und können quasi bei der Arbeit beobachtet werden. Doch die inzwischen Jahrhunderte alte Lichtmikroskopie hat ihre Grenzen, während Rasterelektronenmikroskope noch tiefer ins Detail reichen. Sie verlangen aber entweder nach totem Material oder aber erfassen bei lebenden Zellen nur deren Hülle. Mit neuen Tricks konnten Physiker jetzt jedoch die magische Grenze optischer Fernrohre in die Welt des Kleinsten, die bei der Hälfte einer Wellenlänge von sichtbarem Licht liegt, doch noch weiter verschieben, berichteten Experten auf der 104. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Angewandte Optik in Münster.

    Von Mathias Schulenburg

    Biophotonik heißt eine neues Fachgebiet, das Teilbereiche von Biowissenschaften und Optik zusammenfasst, um gleichsam eine "Gläserne Zelle" zu schaffen und endlich Licht auch in Vorgänge zu bringen, die für eine lichtmikroskopische Abbildung bislang zu klein waren.

    So können auch Wachstum oder Tumorentstehung auf dieser zellulären Ebene, also im mikroskopischen Bereich, analysiert werden...

    ... sagte Professor Gert von Bally, Geschäftsführer der 104. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Angewandte Optik, und stellte das Verfahren der "Holografischen Mikrointerferometrie" vor:

    Holografische Mikrointerferometrie ist quasi eine dreidimensionale Fotografie, etwas simplifiziert ausgedrückt, die wir verwenden, nicht nur um die Form eines Objektes dreidimensional darzustellen, sondern auch, um feinste Bewegungen zu analysieren. "Feinste Bewegungen" heißt Bewegungen in Bruchteilen der verwendeten Wellenlänge, das sind Größenordnungen von einigen zehn Nanometer.

    Ein fast schon klassisches Verfahren, Abbildungen unter der Lichtbeugungsgrenze zu bekommen, besteht darin, eine Glasfaser sehr fein auszuziehen, zu brechen und die Spitze so mit einer lichtundurchlässigen Metallhülle zu bedampfen, dass nur mehr eine Öffnung mit einem Durchmesser weit unter der Lichtbeugungsgrenze bleibt. Dann kann man diese winzige Lichtlanze mit einem Rastersondenmikroskop über das Objekt fahren und das gestreute Licht registrieren.

    Das physikalische Problem bei diesem Verfahren liegt im Wesentlichen daran, dass man letzten Endes, wenn man die Spitze immer feiner zulaufen lässt, nicht mehr genügend Photonen durch diese Spitze bekommt und damit eigentlich dann kein Signal mehr hat. Das ist das Hauptproblem bei diesen so genannten Apertursonden.

    erklärt Harald Fuchs, Professor am neuen Münsteraner Zentrum für Nanotechnologie. Hilfe ist den Optikern von zunächst ganz unerwarteter Seite gekommen. Die Elektronen an der Oberfläche eines Metalls lassen sich von Licht zu kollektiven Schwingungen anregen, zu sogenannten Plasmonen. Wenn die wieder zerfallen, wird deren Energie in Licht zurück verwandelt.

    Also diese Plasmonen, die können so lange an einer Grenzfläche sich fortpflanzen, bis eine Störung kommt. Und das nutzen wir aus. Und die Störung kann eine Kante eines Objektes sein, in dem wir diese Plasmonen transportieren, oder es kann etwa auch ein kleines kugelförmiges Teilchen sein, welches als "Streuer" letzten Endes für diese Plasmonen agiert. Dabei zerfallen diese Plasmonen an der Metall-Glas-Grenzfläche und strahlen gewissermaßen wie eine Antenne Photonen ab.

    Eine Antenne, die sehr viel kleiner als die Beugungsgrenze des Lichtes ist und, von einem Rastersondenmikroskop dicht über den Untersuchungsgegenstand geführt, die Abbildung von wenige Nanometer großen Details erlaubt. Ein ehrgeiziges Ziel: Die Vermessung einzelner Moleküle in einem Material.

    Es gibt eine sehr große Vielzahl von Möglichkeiten, optische Messungen zu machen, Spektroskopie zu machen, und wenn es gelänge, das an ganz, ganz kleinen Strukturen zu machen, an Makromolekülen zu machen, würde das natürlich der Optik eine ganz neue Welt eröffnen. Sowohl in der Biologie als auch beispielsweise in der Kunststoff-Verarbeitung.

    Plasmonen verhelfen nicht nur Rastersonden zu mehr Licht; zu kollektiven Elektronenschwingungen angeregte Ketten von Nanopartikel werden derzeit für die Ankopplung von Lichtsignalen an Computerchips erforscht. Es gibt sogar Spekulationen über eine perfekte "Plasmonenlinse" für den Mikrokosmos. Unabhängig vom Ausgang dieser Spekulationen scheint sicher: Die Optik ist noch lange nicht am Ende.