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Im Schlepptau der frühen Menschen

Anthropologie. - Die Verbreitung des Menschen über die Erde ist in ihren groben Zügen bekannt, doch es gibt noch die eine oder andere Schwachstelle. Dazu gehört die Besiedlung des pazifischen Raumes. Irische Wissenschaftler haben sie anhand eines menschlichen Begleiters, des Magenbakteriums Helicobacter pylori nachvollzogen. Ihre Sicht steht in der aktuellen "Science".

Von Kay Müllges | 23.01.2009
    Wie und wann hat sich der moderne Mensch auf unserem Planeten verbreitet? Antworten auf diese Fragen versprechen archäologische Funde, Untersuchungen über die Verbreitung von Sprachen und in den letzten Jahren zunehmend auch Analysen des menschlichen Erbguts. Das ist zwar bei allen Menschen weitgehend identisch, weist aber kleine Veränderungen auf, durch die sich die Populationen der fünf Kontinente unterscheiden. Und anhand dieser Mutationen kann man, mit einigem technischen Aufwand, die Wanderungen unserer Vorfahren rekonstruieren. Mark Achtman, von der Universität Cork in Irland und Kollegen konnten schon vor zwei Jahren zeigen, das sich Wanderungsbewegungen der frühen Menschen auch einfacher nachvollziehen lassen. Sie untersuchten einen Darmparasiten des Menschen, Helicobacter pylori. Der ist nicht nur verantwortlich für die Entstehung von Magengeschwüren, sondern weist auch ähnliche genetische Unterschiede wie sein Wirt auf. So wie es Afrikaner und Chinesen gibt, gibt es auch afrikanische oder chinesische Helicobacter-Bakterien. Und weil auf eine Menschengeneration viele Bakteriengenerationen kommen, ist auch ihre Mutationsrate viel höher, das heißt sie unterscheiden sich deutlich voneinander und lassen sich so besser untersuchen. In ihrer aktuellen Studie haben die Forscher geschaut, wie sich das Bakterium über den Pazifik verbreitete:

    "Wir fanden Hinweise auf zwei sehr unterschiedliche Migrationswellen im Pazifik. Die ersten modernen Menschen wanderten von Asien aus nach Papua Neuguinea und Australien, das sie vor 31.000 bis 37.000 Jahren erreichten. Der Bakteriensatz den wir heute bei den Aborigines in Australien und den Bergbewohnern Neuguineas finden, unterscheidet sich von allen anderen in der Welt. Es gibt ihn nur in diesen beiden Populationen."

    Dazu nahmen die Wissenschaftler Magenbiopsien von sehr abgelegen lebenden Aborigines in Australien, 1200 Kilometer östlich von Perth und von ebenfalls weitgehend isolierten Bergstämmen in Papua-Neuguinea und verglichen sie mit Proben von europäisch-stämmigen Australiern und Asiaten. Die gewonnenen Daten bestätigen frühere archäologische Funde. Ausgrabungen legen auch nahe, dass eine zweite Besiedlungswelle vor etwa 5000 Jahren von Taiwan aus startete und sich über die Inselwelten des Pazifik ausbreitete. Mark Achtman:

    #"Wir untersuchten auch eine Einwanderungswelle die vielen Menschen bekannt ist. Die Besiedlung der weit verstreuten Inseln im Südpazifik ging nach Meinung vieler Archäologen von Taiwan aus. Das Besondere an unserer Analyse ist nun, das wir eine klare Beziehung zwischen den melanesisch-polynesischen Bakterien und Ureinwohnern, die heute noch auf Taiwan leben, feststellen konnten."

    Die These der Archäologen, derzufolge die Inseln im Südpazifik von den Ureinwohnern Taiwans besiedelt wurden, wird also durch Mark Achtmans Daten bestätigt. Um genauere Aufschlüsse über die einzelnen Schritte dieser Besiedlung zu gewinnen, müssten allerdings weitere Proben genommen werden. Achtman:

    "Was uns noch fehlt, ist eine breiterer Überblick über große Teile des Pazifik. In Melanesien und Mikronesien, also zum Beispiel auf den Marshall- und den Fiji-Inseln, haben wir bisher nur vereinzelt Proben genommen."

    Dazu bräuchte es allerdings neue Fördermittel, die im Moment nicht vorhanden seien.