Die Zeche Petrila in Westrumänien, 960 Meter unter der Erde. Bergarbeiter sichern ein Steinkohleflöz mit Drahtnetzen und hydraulischen Stützen, dabei kommt ihnen plötzlich eine Lawine aus Kohlestückchen und feinem schwarzen Staub entgegen. Es sieht aus, als würden sie gleich verschüttet werden, doch sie bleiben kaltblütig stehen und befolgen die Anweisungen ihres Vorarbeiters Marius Ionică. Der 44-Jährige ist sehr erfahren, er arbeitet seit zweieinhalb Jahrzehnten hier in der Zeche.
"Bergarbeiter müssen korrekt sein, dürfen unter Tage nicht lügen und müssen sich aufeinander verlassen können. Denn jeder Fehler unter Tage kann Leben kosten, deines und das deiner Kumpel. Wir sind wie eine Fußballmannschaft, die lange zusammen spielt. Jeder versteht sein Fach, man braucht keine Angst haben, zusammenzuarbeiten."
Das Schiltal in Westrumänien, Steinkohlerevier des Landes. Die Arbeit unter Tage ist hochgefährlich, die Schächte oft schlecht gesichert. Erst Anfang Februar starben fünf Bergarbeiter bei einem Grubenunglück in der Zeche Uricani. Doch nicht nur deswegen würde der rumänische Staat den Steinkohlebergbau lieber heute als morgen abwickeln, sondern vor allem, weil das Schiltal seit Langem gewissermaßen das schwarze Loch der rumänischen Wirtschaft ist. Die Steinkohleförderung hat in den letzten zwei Jahrzehnten Unmengen an Subventionen verschlungen, das nationale Steinkohleunternehmen CNH steht beim Staat mit über einer Milliarde Euro in der Kreide und ist der größte Schuldner des Landes. Bei den laufenden Kreditverhandlungen zwischen der rumänischen Regierung und dem Internationalen Währungsfonds kommt das Thema Schiltal immer wieder zur Sprache: Der IWF wendet sich gegen einen Schuldenerlass für das nationale Steinkohleunternehmen und pocht auf eine schnelle Abwicklung des staatlichen Steinkohlebergbaus.
2018 soll nun die letzte Zeche im Schiltal geschlossen werden, von einst 45.000 Bergarbeitern sind in den letzten anderthalb Jahrzehnten bereits vier Fünftel entlassen worden, noch etwa 9000 Kumpel schuften derzeit unter Tage. Außer Abfindungen gab es für die Entlassenen bisher keinerlei langfristige Hilfsprogramme wie etwa Umschulungen oder Unterstützung bei Existenzgründung. Die Folge: Viele Arbeitslose leben in drastischem Elend. Das Schiltal ist Rumäniens sozialer Brennpunkt Nummer eins.
Uricani, eine heruntergekommene Plattenbausiedlung im Westen des Schiltals, 10.000 Einwohner, 70 Prozent Arbeitslose. Einer von ihnen ist Vasile Radu, 37, entlassener Bergarbeiter, verheiratet, Vater dreier Kinder. An diesem Tag geht er ins Bürgermeisteramt. Höflich und doch mit sichtlicher Verzweiflung fragt er den Bürgermeister Dănuţ Buhăescu, ob er Arbeit für ihn habe.
Dem Bürgermeister ist ein knappes Nein unangenehm, umständlich erklärt er, welche Arbeitsmöglichkeiten die Zukunft bereit halten könnte, er erwähnt zum Beispiel ein Straßenbauprojekt. Vasile Radu nickt mechanisch, bei jedem Satz des Bürgermeisters sinkt er etwas mehr in sich zusammen. Er hat seine Arbeit als Bergarbeiter 1997 gekündigt, von der Abfindung bezahlten sie Schulden beim Elektrizitätsunternehmen und kauften einen neuen Kühlschrank. Seine Familie hält Radu seitdem mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser, im Sommer ist er meistens in Italien auf dem Bau oder in Spanien bei der Gemüseernte. Radu ist zu müde von diesem Leben, um sich zu empören, er ist nur sehr verbittert.
"Im Bereich der sozialen Sicherheit machen die Regierenden für das Schiltal nichts, gar nichts. Ich habe das am eigenen Leib erlebt, nachdem ich meine Entlassung unterschrieben hatte. Sie haben uns damals versprochen, dass sie Arbeitsplätze für alle schaffen würden. Aber dem war nicht so. Es gibt hier nirgends Arbeit. Wir müssen weggehen aus dem Schiltal, wir sind gezwungen, unsere Familien verlassen, um zu arbeiten."
"Bergarbeiter müssen korrekt sein, dürfen unter Tage nicht lügen und müssen sich aufeinander verlassen können. Denn jeder Fehler unter Tage kann Leben kosten, deines und das deiner Kumpel. Wir sind wie eine Fußballmannschaft, die lange zusammen spielt. Jeder versteht sein Fach, man braucht keine Angst haben, zusammenzuarbeiten."
Das Schiltal in Westrumänien, Steinkohlerevier des Landes. Die Arbeit unter Tage ist hochgefährlich, die Schächte oft schlecht gesichert. Erst Anfang Februar starben fünf Bergarbeiter bei einem Grubenunglück in der Zeche Uricani. Doch nicht nur deswegen würde der rumänische Staat den Steinkohlebergbau lieber heute als morgen abwickeln, sondern vor allem, weil das Schiltal seit Langem gewissermaßen das schwarze Loch der rumänischen Wirtschaft ist. Die Steinkohleförderung hat in den letzten zwei Jahrzehnten Unmengen an Subventionen verschlungen, das nationale Steinkohleunternehmen CNH steht beim Staat mit über einer Milliarde Euro in der Kreide und ist der größte Schuldner des Landes. Bei den laufenden Kreditverhandlungen zwischen der rumänischen Regierung und dem Internationalen Währungsfonds kommt das Thema Schiltal immer wieder zur Sprache: Der IWF wendet sich gegen einen Schuldenerlass für das nationale Steinkohleunternehmen und pocht auf eine schnelle Abwicklung des staatlichen Steinkohlebergbaus.
2018 soll nun die letzte Zeche im Schiltal geschlossen werden, von einst 45.000 Bergarbeitern sind in den letzten anderthalb Jahrzehnten bereits vier Fünftel entlassen worden, noch etwa 9000 Kumpel schuften derzeit unter Tage. Außer Abfindungen gab es für die Entlassenen bisher keinerlei langfristige Hilfsprogramme wie etwa Umschulungen oder Unterstützung bei Existenzgründung. Die Folge: Viele Arbeitslose leben in drastischem Elend. Das Schiltal ist Rumäniens sozialer Brennpunkt Nummer eins.
Uricani, eine heruntergekommene Plattenbausiedlung im Westen des Schiltals, 10.000 Einwohner, 70 Prozent Arbeitslose. Einer von ihnen ist Vasile Radu, 37, entlassener Bergarbeiter, verheiratet, Vater dreier Kinder. An diesem Tag geht er ins Bürgermeisteramt. Höflich und doch mit sichtlicher Verzweiflung fragt er den Bürgermeister Dănuţ Buhăescu, ob er Arbeit für ihn habe.
Dem Bürgermeister ist ein knappes Nein unangenehm, umständlich erklärt er, welche Arbeitsmöglichkeiten die Zukunft bereit halten könnte, er erwähnt zum Beispiel ein Straßenbauprojekt. Vasile Radu nickt mechanisch, bei jedem Satz des Bürgermeisters sinkt er etwas mehr in sich zusammen. Er hat seine Arbeit als Bergarbeiter 1997 gekündigt, von der Abfindung bezahlten sie Schulden beim Elektrizitätsunternehmen und kauften einen neuen Kühlschrank. Seine Familie hält Radu seitdem mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser, im Sommer ist er meistens in Italien auf dem Bau oder in Spanien bei der Gemüseernte. Radu ist zu müde von diesem Leben, um sich zu empören, er ist nur sehr verbittert.
"Im Bereich der sozialen Sicherheit machen die Regierenden für das Schiltal nichts, gar nichts. Ich habe das am eigenen Leib erlebt, nachdem ich meine Entlassung unterschrieben hatte. Sie haben uns damals versprochen, dass sie Arbeitsplätze für alle schaffen würden. Aber dem war nicht so. Es gibt hier nirgends Arbeit. Wir müssen weggehen aus dem Schiltal, wir sind gezwungen, unsere Familien verlassen, um zu arbeiten."