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Im Tal der Sonne

Mehrere große Konzerne haben eine Industrieinitiative zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gegründet. Desertec heißt das Unternehmen mit dem Plan, in den Wüsten Nordafrikas Solarstrom zu produzieren. Wie man sich das Projekt vorstellen muss, ist in Andalusien schon zu beobachten. Dort wurde der erste Teil eines gigantischen Solarthermischen Kraftwerks in Betrieb genommen.

Von Hans-Günter Kellner |
    Stolz blickt die alte arabische Burg La Calahorra an den Ausläufern der Sierra Nevada über das weite Tal zwischen Granada und Almería. "Turm der Verteidigung" heißt die Burg, doch davon ist in den letzten Jahren wenig die Rede. Viel mehr nennt der Volksmund die Gegend jetzt "Tal der Sonne". Denn unten im Tal blinken Hunderte von Spiegeln im Licht, das größte Parabolrinnen-Kraftwerk Europas, das vom deutschen Unternehmen "Solar Millenium" mit spanischen Partnern errichtet wird. Ingenieur Oliver Vorbrugg erklärt die Technik.
    "Parabolrinnen-Kraftwerke sind sehr ähnlich wie Dachrinnen. Insgesamt ist eine Kollektoreinheit 150 Meter lang und sechs Meter breit. Die Rinne wird eindimensional der Sonne nachgeführt. Das heißt, der Spiegel wird morgens zum Osten ausgerichtet, folgt dann dem Sonnenverlauf und neigt sich abends gegen Westen."
    Die Parabolrinnen konzentrieren das Sonnenlicht auf ein mit Öl gefülltes Rohr in der Mitte. Das Öl wird 400 Grad Celsius heiß und erhitzt in einem Wärmetauscher Wasser so sehr, bis es verdampft. Dieser Dampf setzt eine Turbine in Kraft, die Strom erzeugt. Ähnliche Kraftwerke gibt es schon seit den 80er-Jahren in Kalifornien, doch die Technik wurde jetzt entscheidend verbessert.
    "Der entscheidende Unterschied zu den Kraftwerken in Kalifornien ist ein sehr großer Salzspeicher. Dieser Salzspeicher dient dazu, dass die Wärme, die tagsüber gesammelt wird, durch die Solarstrahlung gespeichert wird in großen Flüssigsalzspeichern. So dass die Energie auch nachts abgegeben werden kann und man dadurch – wenn die Anlage denn groß genug ausgelegt wird – Tag und Nacht durchgehend produzieren kann."
    Andasol umfasst drei Kraftwerksblöcke, der erste ist bereits am Netz, der zweite steht kurz vor der Fertigstellung und am dritten wird seit fünf Monaten gebaut. Alle zusammen sollen einmal 600.000 Menschen mit Strom versorgen. Doch die Technologie steht erst am Anfang, erklärt Emilio Ezquerro, Geschäftsführer der spanischen Tochter von Solar Millenium.
    "Bei immens hohen Temperaturen von über 400 Grad ist das thermische Öl nicht stabil genug. Das ist der Grund, warum die Anlagen nicht noch heißer werden dürfen. Wir experimentieren darum auch mit Wasser oder Wasserdampf als Wärmeleiter. Dann könnten wir mit höheren Temperaturen arbeiten, den Dampf direkt den Turbinen zuführen, noch effizienter werden."
    Die Solarthermie wurde im deutsch-spanischen Wissenschaftszentrum "Solarplattform Almería" entscheidend fortentwickelt. Dort entstanden auch die Planspiele, thermische Kraftwerke in Nordafrika könnten Strom für Nordeuropa herstellen. Lange Zeit wurde die Idee belächelt. Umso größer ist jetzt bei den Wissenschaftlern die Genugtuung, dass genau dies nun ein europäisches Firmenkonsortium plant. Dies sei viel besser als der Verkauf von Atomkraftwerken nach Nordafrika, meint Esquerro:
    "Natürlich, Sonne haben die dort im Überfluss und gratis. Zudem benötigten wir zur Steuerung der Anlagen kein hoch spezialisiertes Personal und auch nicht diese enormen Sicherheitsmaßnahmen, wie sie die Kernkraft benötigt. In Afrika sind die erneuerbaren Energiequellen auf lange Sicht viel leichter zu handhaben."
    Ein weiteres Parabolrinnen-Kraftwerk soll Millenium Solar jetzt in der Extremadura bauen. Und acht weitere sind in Spanien in der Planung. Spanien hofft, damit unabhängiger von Energieimporten zu werden. Ein Viertel des Energiebedarfs deckt das Land heute schon mit Wind, Wasser und Sonne, bis Ende nächsten Jahres sollen es 30 Prozent sein. Die internationale Finanzkrise mag die Projekte verlangsamen, aufhalten kann sie sie nicht:
    "Natürlich ist Geld da, und die Banken sind sehr interessiert an unseren Projekten. Sie vertrauen dieser Technologie inzwischen, sie kennen sie, sie sehen, dass sie funktioniert. Im Zuge der Finanzkrise ist es zwar etwas schwieriger geworden, ein Paket im Umfang von mehreren Hundert Millionen zu schnüren. Aber diese Kraftwerke schaffen ja auch Arbeitsplätze und die Politik unterstützt uns. Wir sind zwar noch weit von der Effizienz der Windkraft entfernt. Aber dafür ist unsere Technologie ja auch noch deutlich jünger."