Als Kind war Aitmatow noch barfuss über die Felder gelaufen, mit den Eltern und den Vieherden von Weide zu Weide gezogen. Er ist aufgewachsen mit den Märchen und Legenden der kirgisischen Nomaden, mit den Volksliedern, die ihm die Großmutter vorsang. Die Eltern brachten ihm die russische Literatur nahe. Zeit seines Lebens hat er in beiden Sprachen, russisch und kirgisisch, geschrieben.
1935, da war Aitmatow sieben Jahre alt, zog die Familie nach Moskau. Sein Vater war einer der ersten kirgisischen Kommunisten. Keine zwei Jahre später wurde er Opfer der stalinistischen Säuberungspolitik. Die Familie ging zurück nach Kirgisien.
Aitmatow studierte Tiermedizin, arbeitete am kirgisischen Landwirtschaftsinstitut. Hautnah erlebte er den schier grenzenlosen Glauben an die Machbarkeit und Möglichkeiten der Technik mit - und auch wie rücksichtslos mit den Traditionen der alten mittelasiatischen Völker gebrochen wurde. Dieser Gegensatz von Tradition und Moderne ist das immer wieder kehrende Thema in Aitmatows Werk.
Die beiden Romane "Abschied von Gülsary" aus dem Jahre 1966 und "Der weiße Dampfer" von 1970 sind ganz im Stil kirgisischen Mythen geschrieben. Der namenlose Junge in "Der weiße Dampfer", der bei seinem tyrannischen Onkel lebt, flüchtet in die Märchenwelt. Er glaubt an die gehörnte Hirschmutter, die die kirgisischen Stämme beschützt. Als der Onkel eine solche Hirschkuh erschießen lässt, bricht eine Welt für ihn zusammen. In "Abschied von Gülsary" zieht der alte Tanabai mit seinem Hengst Gülsary in die Berge. Es ist ihr letzter Gang. Und sie lassen die goldene Vergangenheit und die steinerne Gegenwart, die Reiterspiele, bei denen sie siegten und die Auseinandersetzungen mit verständnislosen Funktionären, die mit aller Macht ein neues Russland aufbauen wollen, Revue passieren.
Mit diesen beiden Romanen hat Aitmatow einen ganz eigenen, unverwechselbaren Ton gefunden. Es sind Romane vom Scheitern, die "Helden" sind melancholisch, die Zeit, in der sie hätten zufrieden leben können, ist unwiederbringlich vorbei. Doch wie seine naiven Helden glaubt Aitmatow bedingungslos an das Wahre, Gute, Schöne.
Nicht nur als Schriftsteller, auch als Politiker. Unter Michael Gorbatschow ging er in die Politik. 15 Jahre lebte er in Brüssel als Botschafter seines Landes, 15 Jahre lang stand er jeden Tag aufs Neue auf den Boden der politischen Realität. Und verlor seine Hoffnung nicht. Der Zynismus seiner jüngeren Schriftstellerkollegen ist ihm fremd. Allerdings scheint sein Blick auf die Welt pessimistischer geworden zu sein.
"Immer wieder wird mir vorgeworfen, dass meine Werke so pessimistisch enden. Natürlich möchte der Leser gern etwas Erfreuliches zum Schluss, möchte, dass alles gut ausgeht, möchte etwas Herz Erwärmendes haben. Manche Autoren richten sich danach. Ich bin nicht von dieser Art. Ich möchte den Leser zum Mitleidenden machen, möchte ihn in die Lage versetzten, dass er über die Dinge, die er gelesen hat, weiter nachdenkt, dass das in seiner Seele bleibt. Denn wenn ein Buch gut ausgegangen ist, vergisst man es nach einer Weile, während man, wenn es offen bleibt und man als Leser mitleidet, sich immer wieder und immer weiter damit beschäftigt. "
Sein großes Werk aus dem Jahre 1981 "Der Tag zieht den Jahrhundertweg" (noch einmal aufgelegt unter dem Titel: "Ein Tag länger als ein Leben", nach einer Zeile von Boris Pasternak), ist eine Mischung aus Science Fiction Roman, mittelasiatischen Mythen, einer kirgisischen Legende vom Muttermord und realem Leben im realen Sozialismus. Der Roman gilt als ein Höhepunkt seines Schaffens. Außerhalb der Erde gibt es eine höher entwickelte Zivilisation. Längst geht es nicht mehr um rechts und links, um Kapitalismus und Sozialismus, um Blöcke und blockfreie Staaten Es geht einzig um den Erhalt der natürlichen Ressourcen auf der Erde.
Fast 30 Jahre später mutet dieser Roman gerade zu hellsichtig an. Bei seinen Lesern war Aitmatow angesehner als bei seinen Kritikern. Sein Stil galt als altmodisch, seine Beschwörungen des Lebens im Einklang mit der Natur als naiv. Doch er traf damit den Nerv der Zeit. In 150 Sprachen wurden seine Werke übersetzt. Die Zahl seiner Anhänger ist sehr, sehr groß, bei seiner letzten Lesereise im vergangenen Jahr trat er großen Hallen auf und wurde gefeiert. Er stellte den Roman " Der Schneeleopard" vor.
Hauptfiguren sind ein Mensch und ein Tier. Der Journalist Arsen steht für eine vergangene Epoche. Er glaubt an das Gute, die Rechtschaffenheit und an seinen Traum von der Oper. So jemand hat keinen Platz - weder im neuen Russland noch im unabhängigen Kirgisien.
Tschingis Aitmatow stellt den Mythen seiner Heimat, den grandiosen Naturbeschreibungen das raffgierige Russland, das verlorene Kirgisien gegenüber.
Sowenig wie Platz für einen alten Schneeleoparden im Rudel ist, sowenig gibt es Platz für einen aufrichtigen, ehrlichen Journalisten im neuen Russland. Denn in einer globalisierten Welt, in der die Massenkultur noch den hintersten Winkel in Kirgisien erreicht hat, sind Menschen wie Arsen, die doch die Wahrhaftigkeit suchen, genauso vom Aussterben bedroht die der Schneeleopard.
"Hier werden Mensch und Tier zu einem gemeinsamen Schicksal zusammengeführt, denn nicht nur der Mensch, der aus seiner Gesellschaft verstoßen worden ist, ist zum Untergang verurteilt, sondern auch dieses Tier. Mehr noch. Wir haben es nicht nur mit dem individuellen Tod des Schneeleoparden zu tun, sondern, wenn der Kommerz so weitergeht, wenn die Bedrohung durch die Marktwirtschaft anhält, wird das ganze Geschlecht des Schneeleoparden vom Aussterben bedroht sein. Ja generell ist die Marktwirtschaft eine Bedrohung ist für die Umwelt. Nicht nur für die Schneeleoparden, sondern auch für alle anderen Tiere, alle unsere Brüder mit denen wir dann zusammen untergehen müssen, letzten Endes. "
1935, da war Aitmatow sieben Jahre alt, zog die Familie nach Moskau. Sein Vater war einer der ersten kirgisischen Kommunisten. Keine zwei Jahre später wurde er Opfer der stalinistischen Säuberungspolitik. Die Familie ging zurück nach Kirgisien.
Aitmatow studierte Tiermedizin, arbeitete am kirgisischen Landwirtschaftsinstitut. Hautnah erlebte er den schier grenzenlosen Glauben an die Machbarkeit und Möglichkeiten der Technik mit - und auch wie rücksichtslos mit den Traditionen der alten mittelasiatischen Völker gebrochen wurde. Dieser Gegensatz von Tradition und Moderne ist das immer wieder kehrende Thema in Aitmatows Werk.
Die beiden Romane "Abschied von Gülsary" aus dem Jahre 1966 und "Der weiße Dampfer" von 1970 sind ganz im Stil kirgisischen Mythen geschrieben. Der namenlose Junge in "Der weiße Dampfer", der bei seinem tyrannischen Onkel lebt, flüchtet in die Märchenwelt. Er glaubt an die gehörnte Hirschmutter, die die kirgisischen Stämme beschützt. Als der Onkel eine solche Hirschkuh erschießen lässt, bricht eine Welt für ihn zusammen. In "Abschied von Gülsary" zieht der alte Tanabai mit seinem Hengst Gülsary in die Berge. Es ist ihr letzter Gang. Und sie lassen die goldene Vergangenheit und die steinerne Gegenwart, die Reiterspiele, bei denen sie siegten und die Auseinandersetzungen mit verständnislosen Funktionären, die mit aller Macht ein neues Russland aufbauen wollen, Revue passieren.
Mit diesen beiden Romanen hat Aitmatow einen ganz eigenen, unverwechselbaren Ton gefunden. Es sind Romane vom Scheitern, die "Helden" sind melancholisch, die Zeit, in der sie hätten zufrieden leben können, ist unwiederbringlich vorbei. Doch wie seine naiven Helden glaubt Aitmatow bedingungslos an das Wahre, Gute, Schöne.
Nicht nur als Schriftsteller, auch als Politiker. Unter Michael Gorbatschow ging er in die Politik. 15 Jahre lebte er in Brüssel als Botschafter seines Landes, 15 Jahre lang stand er jeden Tag aufs Neue auf den Boden der politischen Realität. Und verlor seine Hoffnung nicht. Der Zynismus seiner jüngeren Schriftstellerkollegen ist ihm fremd. Allerdings scheint sein Blick auf die Welt pessimistischer geworden zu sein.
"Immer wieder wird mir vorgeworfen, dass meine Werke so pessimistisch enden. Natürlich möchte der Leser gern etwas Erfreuliches zum Schluss, möchte, dass alles gut ausgeht, möchte etwas Herz Erwärmendes haben. Manche Autoren richten sich danach. Ich bin nicht von dieser Art. Ich möchte den Leser zum Mitleidenden machen, möchte ihn in die Lage versetzten, dass er über die Dinge, die er gelesen hat, weiter nachdenkt, dass das in seiner Seele bleibt. Denn wenn ein Buch gut ausgegangen ist, vergisst man es nach einer Weile, während man, wenn es offen bleibt und man als Leser mitleidet, sich immer wieder und immer weiter damit beschäftigt. "
Sein großes Werk aus dem Jahre 1981 "Der Tag zieht den Jahrhundertweg" (noch einmal aufgelegt unter dem Titel: "Ein Tag länger als ein Leben", nach einer Zeile von Boris Pasternak), ist eine Mischung aus Science Fiction Roman, mittelasiatischen Mythen, einer kirgisischen Legende vom Muttermord und realem Leben im realen Sozialismus. Der Roman gilt als ein Höhepunkt seines Schaffens. Außerhalb der Erde gibt es eine höher entwickelte Zivilisation. Längst geht es nicht mehr um rechts und links, um Kapitalismus und Sozialismus, um Blöcke und blockfreie Staaten Es geht einzig um den Erhalt der natürlichen Ressourcen auf der Erde.
Fast 30 Jahre später mutet dieser Roman gerade zu hellsichtig an. Bei seinen Lesern war Aitmatow angesehner als bei seinen Kritikern. Sein Stil galt als altmodisch, seine Beschwörungen des Lebens im Einklang mit der Natur als naiv. Doch er traf damit den Nerv der Zeit. In 150 Sprachen wurden seine Werke übersetzt. Die Zahl seiner Anhänger ist sehr, sehr groß, bei seiner letzten Lesereise im vergangenen Jahr trat er großen Hallen auf und wurde gefeiert. Er stellte den Roman " Der Schneeleopard" vor.
Hauptfiguren sind ein Mensch und ein Tier. Der Journalist Arsen steht für eine vergangene Epoche. Er glaubt an das Gute, die Rechtschaffenheit und an seinen Traum von der Oper. So jemand hat keinen Platz - weder im neuen Russland noch im unabhängigen Kirgisien.
Tschingis Aitmatow stellt den Mythen seiner Heimat, den grandiosen Naturbeschreibungen das raffgierige Russland, das verlorene Kirgisien gegenüber.
Sowenig wie Platz für einen alten Schneeleoparden im Rudel ist, sowenig gibt es Platz für einen aufrichtigen, ehrlichen Journalisten im neuen Russland. Denn in einer globalisierten Welt, in der die Massenkultur noch den hintersten Winkel in Kirgisien erreicht hat, sind Menschen wie Arsen, die doch die Wahrhaftigkeit suchen, genauso vom Aussterben bedroht die der Schneeleopard.
"Hier werden Mensch und Tier zu einem gemeinsamen Schicksal zusammengeführt, denn nicht nur der Mensch, der aus seiner Gesellschaft verstoßen worden ist, ist zum Untergang verurteilt, sondern auch dieses Tier. Mehr noch. Wir haben es nicht nur mit dem individuellen Tod des Schneeleoparden zu tun, sondern, wenn der Kommerz so weitergeht, wenn die Bedrohung durch die Marktwirtschaft anhält, wird das ganze Geschlecht des Schneeleoparden vom Aussterben bedroht sein. Ja generell ist die Marktwirtschaft eine Bedrohung ist für die Umwelt. Nicht nur für die Schneeleoparden, sondern auch für alle anderen Tiere, alle unsere Brüder mit denen wir dann zusammen untergehen müssen, letzten Endes. "