Im Endeffekt stehen die Künstler in der Tradition. Da gibt’s dann die historischen Landschaften wieder, die Sinnbilder, die allegorischen Landschaften, Industrielandschaften, Seestücke und so weiter. Also eigentlich sind sie voll in der Zeit des 19. und 20. Jahrhunderts drin und versuchen wieder neu zu formulieren, und da kommt eben so ein gewisser Aspekt herein, dass man versucht, den geschlossenen Garten wieder zu finden, hortus conclusus, also man will schon 'ne gewisse Innerlichkeit konservieren und etwas Schönes malen. Vor allem die Spätimpressionisten, Rosenhauer, Niemeyer-Holstein, Hans Jüchser, die Dresdner Malkultur.
Der Gang durch diese Ausstellung mutet schon seltsam an. Die knapp neunzig Gemälde und Zeichnungen von 42 verschiedenen Künstlern, die Hauer gemeinsam mit Brigitte Rieger-Jähner aus Tausenden von Arbeiten ausgewählt hat, sind durchaus nicht die röhrenden Hirsche, die andernorts vielleicht zu fürchten gewesen wären. Es handelt sich im Gegenteil um diskrete, ernstgemeinte Kunst, eine fast kontemplative, farbig-gedämpfte Kunstaura, die hier beschworen wird, ganz im Spiel mit sich selbst befangen – auch dann, wenn wie bei Konrad Knebel oder Uwe Pfeifer die Tristesse der realsozialistischen Stadt ganz ungeschönt ins Bild gesetzt wird. Und selbst bei den spärlichen Versuchen des Dix-Schülers Willy Wolff, zur Pop Art aufzuschließen:
Jeglicher ideologische Ballast ist in dieser Malerei ausgeblendet. Dafür aber ebenso jedes Anzeichen eines kritischen Subjektivismus. Armin Hauer:
Wenn's Zweifel gibt, dann über die Thematiken, zum Beispiel Schieferdecker oder Janson, die ein bisschen kritisch Umweltverschmutzung in der DDR aufgearbeitet haben oder Uwe Pfeifer zum Beispiel. Aber dieses Vortragen der Kritik floss dann nicht in diese Strukturen ein, die Strukturen selbst sind nicht destruktiv, zerstörend, irritierend. Und das verunsichert einen ein bisschen, zum Schluss sagt man so: haben die Bilder überhaupt n Biss gehabt oder waren es am Ende wirklich bloß Bilder?
Es ist eine hochspezifische Kunst, deren wesentliche Intention es zu sein schien, die Zeit stillstehen zu lassen. Immerhin, jene "Nur-Bilder" heute wieder zu zeigen, spricht durchaus für das Gespür der Frankfurter Ausstellungsmacher: Der Andrang zur Eröffnung ist groß. Es gibt offenkundig eine Sehnsucht nach vertrauten Bildwerten, meint Armin Hauer, selbst ein wenig überrascht. Seine Absicht, diese Bilder auch und vor allem als "Orakel" der gesellschaftlichen Binnenwahrnehmung der DDR zu beleuchten, wird nun möglicherweise nicht von jedem Besucher reflektiert.
Dabei gäbe es in der Tat genügend Stoff, sich hier nach Kräften über das zu Sehende zu wundern. Wolfgang Mattheuer, bekanntlich auch im Westen zeitweilig als Star herumgereicht, ist mit einigen biedermeierlichen Interieurs und Miniaturen vertreten, die einer geradezu muffigen Privatheit des Künstlers Raum geben und sie in eine unfreiwillig direkte Beziehung zu seinen Auftragswerken bringen. Werner Tübke wiederum scheint zeitweilig ernsthaft mit dem Gedanken gespielt zu haben, die Renaissance noch einmal rückwärts zu überholen. Für Kurator Armin Hauer freilich sind auf diesem Feld gerade die Kuriosa das Signifikante:
Mattheuer, Tübke vielleicht noch stärker, sind an und für sich postmoderne Maler. Aber die sind bitterernst, und die Ironie fehlt. Deswegen wirkt das heute n bisschen antiquiert, wenn sich ein Maler wie ein Krebs rückwärts bewegt, 19. Jahrhundert, über Menzel immer weiter zurück bis zu Bellini und was weiß ich zu Althoff und Dürer. Und das ist natürlich auch wiederum im heutigen Sinne 'ne Konzeptmalerei, also Mattheuer, Leipziger Schule vor allem, haben ganz gezielt auch auf Wirkung hinaus gearbeitet, und deswegen gleiten bestimmte Arbeiten auch ganz einfach ins Plakative ab.