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Immer mehr junge Chinesen lernen Deutsch

Weltweit geht die Zahl der Menschen, die Deutsch lernen, seit Jahren zurück. Gegen die Weltsprache Englisch hat die Sprache von Goethe und Schiller offenbar keine Chance. In China wollen zwar auch deutlich mehr Menschen Englisch lernen als Deutsch, aber die Zahl der Deutsch-Studenten steigt kontinuierlich an.

Von Ruth Kirchner | 28.10.2011
    Es geht hoch her an diesem Morgen im Goethe-Institut Peking. 80 Chinesische Studenten treten im fünften nationalen Debattier-Wettbewerb gegeneinander an. In der ersten Runde geht es um ein Thema, das vor allem jungen Chinesen am Herzen liegt - soll man fürs Runterladen von Musik und Filmen aus dem Internet bezahlen müssen

    Vor fünf Jahren nahmen gerade mal drei chinesische Unis an dem Wettkampf teil, heute sind es 40 aus dem ganzen Land. Ein Zeichen dafür, dass das Interesse an der deutschen Sprache steige, sagt der Vizedirektor des Goethe-Instituts, Sebastian Vötter.

    "Ich denke schon, dass Deutsch eine zusätzliche Kompetenz für Studenten bedeutet, mit der gerade auch mit Blick auf ein Studium in Deutschland oder auch auf eine gute Karriere in China durch ein guter Grundstein gelegt werden kann."

    Insgesamt 36.000 junge Chinesen studieren Deutsch, meist als Nebenfach. Tendenz steigend. Es geht den meisten tatsächlich um Karrierechancen. Denn Englischkenntnisse allein reichen nicht mehr, die werden von vielen großen Unternehmen heute vorausgesetzt. Andere wollen in Deutschland studieren - gerade technische und naturwissenschaftliche Fächer genießen einen guten Ruf, die Studiengebühren in Deutschland sind zudem erschwinglich. Unter den ausländischen Studierenden in Deutschland stellen die Chinesen daher die größte Gruppe. Doch viele junge Chinesen sind aus ganz anderen Gründen zum Deutschstudium gekommen.

    "In der Oberschule liebe ich sehr Michael Schumacher. Das ist wirklich der Grund."

    "Das ist wirklich wegen Tokio-Hotel, der berühmten deutschen Band, deren Songs mag ich sehr gerne."

    Und bei der 24-jährigen Chen war das Alphabet ausschlaggebend, als sie sich zwischen Deutsch und Französisch nicht entscheiden konnte.

    "Deutsch beginnt mit D und Francais mit F. D kommt vor F und so habe ich einfach nach der alphabetischen Ordnung Deutsch in meiner Wunschliste als Erstes angekreuzt."

    Deutsch-Dozenten in China machen sich über das anfängliche Desinteresse ihrer Studenten an deutscher Kultur keine Illusionen, sagt Andreas Wikstoff vom Deutschen Akademischen Austauschdienst.

    "Wahrscheinlich muss man fairerweise sagen, dass 51 Prozent niemals vorhatte, Germanistik zu studieren. Die haben das Fach ihres Traums nicht bekommen, sie machen eine Hochschulzulassungsprüfung, und die entscheidet über die Hochschule und das Fach und man kann nicht wechseln. Diejenigen, die von selbst Deutsch wählen haben in der Regel ein positives Deutschlandbild geprägt von Fußball und Autos, aber auch von einer großen Wissenschaftstradition und einer hundert Jahre langen Freundschaft zwischen chinesischen und deutschen Universitäten."

    Doch selbst wer eher unfreiwillig Deutsch studiert, entwickelt nach ein paar Semestern häufig doch noch ein echtes Interesse. Und wer es einmal geschafft hat, ins Land der Dichter und Denker zu reisen, kommt meist begeistert zurück, so wie diese Studentin aus Shanghai.

    "Die deutschen Männer sind hübscher (lacht), größer und höflicher. Ich fand alles in Deutschland war sehr prima, sehr schön."

    Beim Debattier-Wettbewerb des Pekinger Goethe-Instituts kämpften die Teams denn auch bis zuletzt mit harten Bandagen um die besten Plätze. Denn als Hauptgewinn winkte immerhin ein vierwöchiger Sprachaufenthalt in Deutschland.