Eine Wohnung im Zentrum von Sankt Petersburg. Es ist Dienstag Nachmittag, und im Zentrum "Innovationen", einer Partnerorganisation der deutschen Kindernothilfe, trifft sich die Selbsthilfegruppe HIV-positiver Mütter. Ihre Kinder vergnügen sich zwischen Bergen von Spielzeug. Die Mütter trinken Tee aus Plastikbechern und essen Wurst- und Käsebrote. Auf einem Hocker sitzt Ljdumila. Ein Pagenschnitt umrahmt ihr blasses, mit Pusteln überzogenes Gesicht.
"Mich hat der Vater meiner Tochter infiziert. Ich komme zwei Mal die Woche hier her, um zu reden. Als ich meine Diagnose bekam, habe ich den Kontakt zu meinen Freunden abgebrochen. Sie hätten mich nicht verstanden."
Im Zentrum Innovationen ist immer jemand, der ihr zuhört, sagt Ljudmila - anders, als im staatlichen Aids-Zentrum von Sankt Petersburg.
"Dorthin gehe ich nur alle drei Monate zur ärztlichen Untersuchung. Sie haben dort auch einen Psychologen, aber die Frauen hier stehen mir näher, und außerdem ist es in dem staatlichen Zentrum immer schrecklich voll. Hier sind wir weniger, und die Psychologin kann sich auf jede von uns einstellen."
Lange haben die russischen Behörden das Problem HIV/Aids totgeschwiegen. Im Umfeld des G8-Gipfels im vergangenen Sommer in Sankt Petersburg hat Präsident Vladimir Putin angekündigt, den Etat für die Aids-Bekämpfung aufzustocken. Seit einigen Jahren gibt es so genannte "antiretrovirale" Medikamente, die den Ausbruch der Krankheit hinauszögern. In Deutschland nehmen etwa 40 Prozent der Infizierten diese Mittel, in Russland nach Expertenschätzungen nur ein Bruchteil. Denn die Medikamente sind teuer, und in Russland gibt es zu wenig davon. Ljudmila legt die Hände auf ihre Oberschenkel.
"Ich hatte immer schon gesundheitliche Probleme, jetzt ist das noch schlimmer. Denn mein Immunsystem ist geschwächt. Ich fühle mich ständig schlapp, habe häufig Kopfschmerzen, erkälte mich sehr oft. Trotzdem wurde mir bisher keine Therapie verschrieben. Es heißt, ich brauchte sie noch nicht. Ich würde die Medikamente aber gern nehmen. Ich glaube, je eher, desto besser."
Die 24jährige Sascha steckt ihren Sohn in einen Strampelanzug. Ihr Unterarm ist mit Narben überzogen. Jahrelang hatte sie Heroin gespritzt, jetzt ist sie clean. Etwa 70 Prozent der HIV-Infizierten in Russland waren oder sind drogenabhängig. Sascha lebt seit sechs Jahren mit dem Virus. Bei ihrem Sohn wurde bisher keine Infektion festgestellt.
"Ich suche jetzt Arbeit. Das ist aber schwer, denn ich habe offiziell nur drei Schulklassen besucht. Deshalb muss ich eine einfache Arbeit suchen: Als Putzfrau oder als Kurier. Ich werde meinem Arbeitgeber nicht sagen, dass ich HIV-positiv bin. Er könnte Probleme machen."
Sascha hat noch ein Problem: Bald muss sie einen Kindergartenplatz für ihren Sohn finden. Das könnte schwer werden. Denn die russische Gesellschaft grenzt nicht nur die infizierten Mütter aus. Das Stigma trifft auch ihre Kinder, ganz egal, ob die infiziert sind oder nicht. In Russland erhält jedes Neugeborene ein so genanntes Patientenheft. Darin wird vermerkt, wenn die Mutter HIV-positiv ist, erzählt die Direktorin von Innovationen, Irina Annagurbanova.
"Bis vor drei Jahren wurden solche Kinder überhaupt nicht in den Kindergarten aufgenommen. Die Kindergärtnerinnen sind in Panik verfallen. Alle hatten Angst. Sie dachten, das Kind könne sich bei der Mutter anstecken und dann andere Kinder. Inzwischen hat sich einiges verändert. Die Leute wissen jetzt mehr über HIV, sie wissen, wie sie sich schützen können, und dass das Virus nicht einfach so übertragen wird. Heute hängt es vom Personal ab, ob das Kind einer HIV-positiven Mutter einen Kindergartenplatz bekommt oder nicht."
Auch deshalb verheimlichen viele russische HIV-Positive ihre Infektion. Die 25jährige Nadja lebt mit ihrer dreijährigen Tochter in einem Studentenwohnheim. Nach außen führt sie ein normales Leben. Sie beendet gerade ein technisches Studium. Von ihrer Infektion erzählt sie niemandem.
"Wenn mir vor einigen Jahren jemand gesagt hätte: "Auf der und der Etage lebt ein Aidskranker", dann wäre ich nicht mal in den Hauseingang gegangen. Ich möchte mir die Reaktion der Leute lieber nicht ausmalen. Wenn ich zum Arzt gehe, sage ich, ich habe Hepatitis. Weil ich weiß, dass in dem Fall die medizinischen Instrumente auf die gleiche Art desinfiziert werden wie bei HIV. Ich finde, es ist besser, so etwas zu sagen, als es ganz zu verschweigen."
"Mich hat der Vater meiner Tochter infiziert. Ich komme zwei Mal die Woche hier her, um zu reden. Als ich meine Diagnose bekam, habe ich den Kontakt zu meinen Freunden abgebrochen. Sie hätten mich nicht verstanden."
Im Zentrum Innovationen ist immer jemand, der ihr zuhört, sagt Ljudmila - anders, als im staatlichen Aids-Zentrum von Sankt Petersburg.
"Dorthin gehe ich nur alle drei Monate zur ärztlichen Untersuchung. Sie haben dort auch einen Psychologen, aber die Frauen hier stehen mir näher, und außerdem ist es in dem staatlichen Zentrum immer schrecklich voll. Hier sind wir weniger, und die Psychologin kann sich auf jede von uns einstellen."
Lange haben die russischen Behörden das Problem HIV/Aids totgeschwiegen. Im Umfeld des G8-Gipfels im vergangenen Sommer in Sankt Petersburg hat Präsident Vladimir Putin angekündigt, den Etat für die Aids-Bekämpfung aufzustocken. Seit einigen Jahren gibt es so genannte "antiretrovirale" Medikamente, die den Ausbruch der Krankheit hinauszögern. In Deutschland nehmen etwa 40 Prozent der Infizierten diese Mittel, in Russland nach Expertenschätzungen nur ein Bruchteil. Denn die Medikamente sind teuer, und in Russland gibt es zu wenig davon. Ljudmila legt die Hände auf ihre Oberschenkel.
"Ich hatte immer schon gesundheitliche Probleme, jetzt ist das noch schlimmer. Denn mein Immunsystem ist geschwächt. Ich fühle mich ständig schlapp, habe häufig Kopfschmerzen, erkälte mich sehr oft. Trotzdem wurde mir bisher keine Therapie verschrieben. Es heißt, ich brauchte sie noch nicht. Ich würde die Medikamente aber gern nehmen. Ich glaube, je eher, desto besser."
Die 24jährige Sascha steckt ihren Sohn in einen Strampelanzug. Ihr Unterarm ist mit Narben überzogen. Jahrelang hatte sie Heroin gespritzt, jetzt ist sie clean. Etwa 70 Prozent der HIV-Infizierten in Russland waren oder sind drogenabhängig. Sascha lebt seit sechs Jahren mit dem Virus. Bei ihrem Sohn wurde bisher keine Infektion festgestellt.
"Ich suche jetzt Arbeit. Das ist aber schwer, denn ich habe offiziell nur drei Schulklassen besucht. Deshalb muss ich eine einfache Arbeit suchen: Als Putzfrau oder als Kurier. Ich werde meinem Arbeitgeber nicht sagen, dass ich HIV-positiv bin. Er könnte Probleme machen."
Sascha hat noch ein Problem: Bald muss sie einen Kindergartenplatz für ihren Sohn finden. Das könnte schwer werden. Denn die russische Gesellschaft grenzt nicht nur die infizierten Mütter aus. Das Stigma trifft auch ihre Kinder, ganz egal, ob die infiziert sind oder nicht. In Russland erhält jedes Neugeborene ein so genanntes Patientenheft. Darin wird vermerkt, wenn die Mutter HIV-positiv ist, erzählt die Direktorin von Innovationen, Irina Annagurbanova.
"Bis vor drei Jahren wurden solche Kinder überhaupt nicht in den Kindergarten aufgenommen. Die Kindergärtnerinnen sind in Panik verfallen. Alle hatten Angst. Sie dachten, das Kind könne sich bei der Mutter anstecken und dann andere Kinder. Inzwischen hat sich einiges verändert. Die Leute wissen jetzt mehr über HIV, sie wissen, wie sie sich schützen können, und dass das Virus nicht einfach so übertragen wird. Heute hängt es vom Personal ab, ob das Kind einer HIV-positiven Mutter einen Kindergartenplatz bekommt oder nicht."
Auch deshalb verheimlichen viele russische HIV-Positive ihre Infektion. Die 25jährige Nadja lebt mit ihrer dreijährigen Tochter in einem Studentenwohnheim. Nach außen führt sie ein normales Leben. Sie beendet gerade ein technisches Studium. Von ihrer Infektion erzählt sie niemandem.
"Wenn mir vor einigen Jahren jemand gesagt hätte: "Auf der und der Etage lebt ein Aidskranker", dann wäre ich nicht mal in den Hauseingang gegangen. Ich möchte mir die Reaktion der Leute lieber nicht ausmalen. Wenn ich zum Arzt gehe, sage ich, ich habe Hepatitis. Weil ich weiß, dass in dem Fall die medizinischen Instrumente auf die gleiche Art desinfiziert werden wie bei HIV. Ich finde, es ist besser, so etwas zu sagen, als es ganz zu verschweigen."