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Immer wieder Dioxin in Lebensmitteln

Bis zu 3000 Tonnen verseuchtes Tierfutterfett sind nach Erkenntnissen der Bundesregierung hergestellt worden. Soweit man weiß wurde es vom 12. November bis 23. Dezember vergangenen Jahres an 25 Futterhersteller in mindestens vier Bundesländer verkauft, dies berichtet die Deutsche Presseagentur.

Von Angelika Gördes-Giesen | 05.01.2011
    Die Eier, die im Chemischen und Veterinär-Untersuchungsamt in Münster auf dem Labortisch liegen, sehen ganz normal aus. Hier werden wie in der Küche aufgeschlagen und erst einmal zu Rührei verquirlt, bevor die Dioxinsuche im Eidotter beginnt. Das Problem: Dioxine riecht und schmeckt man nicht. Sie sind in so geringen Mengen, neben vielen anderen Stoffen enthalten, dass Axel Preuß und sein Team eine sehr aufwendige Labortechnik einsetzen muss. Denn Dioxin ist nicht gleich Dioxin :

    "Dioxin ist eine Klasse von Stoffen, die rund 170 verschiedenen Stoffe umfasst davon sind allerdings nur zwölf so stabil, dass der Körper sie nicht abbaut. Sie sind damit auch die Giftigsten. Dioxine sind fettlösliche Substanzen. Das heißt, sie wandern sofort in das Fett des Körpers. Dort wird es abgelagert, nicht abgebaut und reichert sich über die Jahre, die man lebt, immer wieder an, bis es irgendwann gefährlich wird."

    So kann Krebs entstehen. Das Labor in Münster in Münster ist eines der fünf Speziallabore in Deutschland. Jede Analyse wird genau nachkontrolliert, anhand von wissenschaftlichen Standards, die über Jahre entwickelt wurden, denn ein Chloratom mehr oder weniger verändert die chemische Struktur und damit auch die toxische Wirkung von Dioxin. Bei zwei Proben in NRW wurden die Grenzwerte für Eier überschritten. Auch in Oldenburg wurde man fündig. Und es könnten noch mehr werden, aber dennoch besteht kein Grund zur Panik:

    "Man hat viel entscheidende Grenzwerte für Dioxine in den verschiedenen Lebensmitteln festgelegt. Die sind nicht so begründet, dass man sagt, eine Überschreitung hat sofort gesundheitliche Auswirkungen. Man hat sich vielmehr angeschaut, was kann man vermeiden und so hat man die Werte bei Fisch, bei Fleisch, bei Eiern und bei Milch immer dorthin gelegt, wo man bei einer ordnungsgemäßen Arbeitsweise hinkommen kann. Eine Überschreitung dieser Grenzwerte bedeutet nicht sofort eine Gesundheitsgefahr, sondern eine vermeidbare Belastung, die wir nicht haben wollen."

    Deshalb wurde vor ein paar Jahren EU-weit das Prinzip der Rückverfolgbarkeit eingeführt, das heißt, bei Kontrollen im Futtermittelwerk muss dokumentiert werden, woher die Rohstoffe kommen .In der Praxis scheint das aber nicht funktioniert zu haben. Die Dioxinbelastungen wurden erst spät entdeckt. Resultat: Über 150 gesperrte Höfe allein in NRW, Dioxin belastetes Tierfutter war nicht nur an Geflügelhalter, sondern auch an Schweinemast-Betriebe und Rinderhalter geliefert worden. Damit sind in Deutschland mehr als 1500 Betriebe gesperrt und es könnten noch mehr werden. Die Überwachungsbehörden gehen davon aus, das über 2500 Tonnen belastete Fettgemisch von zwölf Futtermittelherstellern, vor allem in Niedersachsen verarbeitet wurde. Um hier den Dioxinen auf die Spur zu kommen, wird von Axel Preuß detektivischer Spürsinn verlangt, und das ist sehr teuer.

    "Die Untersuchungen von Lebensmitteln und Futtermitteln ist ausgesprochen kompliziert. Das dauert in der Regel drei Tage und ist eine sehr komplizierte Aufarbeitung, die geschulte Leute machen müssen. Das kann nicht jeder so sofort. Deswegen sind mindestens 500 bis 700 Euro für eine solche Untersuchung zu bezahlen."

    Dioxine kommen bis auf wenige Ausnahmen nicht in der Natur vor. Sie sind das Resultat technischer Prozesse, bei denen hohe Temperaturen erreicht werden. In Münster gibt es mittlerweile so etwas wie eine Dioxin-Kennkarte, denn jeder Prozess, ob Müllverbrennung oder Pflanzenschutzmittel-Herstellung, erzeugt ganz spezifische Dioxine. In Münster werden jährlich 400 Proben unersucht, dennoch:

    "Wir kennen das Muster, wie sie aussehen. Das jetzt hier aus Niedersachsen kommende Fett mit diesem Muster war völlig neu und völlig unbekannt .Wir haben bisher keine Idee , wie so etwas eine so außergewöhnliche Zusammensetzung überhaupt entstehen kann .Wir sind ganz gespannt, dass man heraus bekommt, woher das eigentlich kommt."

    Bisher gehen die Experten davon aus, das unerlaubterweise Fettabfallprodukte aus der Biodiesel -Produktion, die Ursache für die Dioxin-Belastung ist Axel Preuß ärgert es, dass über fünf Wochen dauerte, Analysen zu machen, um rechtzeitig die Höfe zu sperren.

    "Untersuchungen, woher das kommt, können von uns nicht gemacht werden. Man muss an die Quellen gehen. Wo die Quellen sind, wie es überhaupt in diese Fettsäure-Mischungen hinein gekommen ist, dieses spezifische Dioxin, das wissen wir nicht, da haben wir auch keine Möglichkeiten, das hier weiter zu verfolgen."