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Impfskepsis im Krankenhaus

Heute beginnt die Impfung gegen die Schweinegrippe. Zunächst werden sogenannte Funktionsträger geimpft, also neben Angehörigen der Bundeswehr und der Bundespolizei auch die Beschäftigten in Krankenhäusern. Die Resonanz beim Medizinpersonal ist allerdings gemischt.

Von Verena Kemna |
    Nach Angaben des Berliner Robert-Koch-Instituts hat sich die Zahl der gemeldeten Schweinegrippe-Fälle im Vergleich zum Frühherbst in der vergangenen Woche verdoppelt. In der bundesweiten Statistik des Instituts stehen bisher 25.000 gemeldete Fälle der sogenannten Neuen Grippe, darunter drei Todesfälle. Ebenso wie Mitarbeiter von Feuerwehr, Polizei und Gesundheitsverwaltung gelten Krankenschwestern und Ärzte als Schlüsselpersonal. Frank Gehrmann, Oberarzt an der Berliner Charité wird sich als einer der ersten mit dem Impfstoff Pandemrix impfen lassen. Damit folgt er nicht nur einer Empfehlung der ständigen Impfkommission sondern vor allem seiner eigenen Überzeugung.

    "Ja, ich werde mich impfen lassen, weil ich denke, ich habe die Verantwortung für meine Patienten, das ist das Hauptmotiv. Wir haben Patienten die haben Luftnot, und wenn die jetzt eine Influenza entwickeln würden, wenn ich sie als Arzt anstecken würde, kann das bedeuten, dass sie kritisch krank werden und deswegen denke ich, sollte sich ärztliches Personal impfen lassen."

    Eine Krankenschwester, die neben ihm steht, sortiert Medikamente. Sie schüttelt den Kopf, wehrt ab. Kein Kommentar von ihr und auch andere vom ärztlichen Personal geben zu, dass sie sich der Impfung gegen die Schweinegrippe verweigern. Eine bundesweite Impfpflicht gibt es nicht. Oberarzt Gehrmann kennt die Bedenken gegen den kurzfristig entwickelten und wenig erprobten Impfstoff Pandemrix, der mit einem Wirkverstärker arbeitet.

    "Dieses Adjuvans, dieser Zusatzstoff, der ja die Immunantwort verstärken soll, der wurde schon bei 40 Millionen Menschen in einem anderen Grippeimpfstoff verwendet, das heißt, man hat Erfahrung bei 40 Millionen Personen in einem ähnlichen Impfstoffsystem und dort sind keine gravierenden Nebenwirkungen beschrieben worden."

    Zur Zeit weiß niemand, wie viele Menschen bei der groß angelegten Impfaktion überhaupt mitmachen. Nach Angaben der Bundesregierung werden Hausärzte und Gesundheitsämter die Impfung für jeden frühestens Ende November anbieten. Nur in wenigen Bundesländern wie Bayern und Hessen können sich alle schon von heute an impfen lassen. Für Oberarzt Frank Gehrmann von der Berliner Charité ist eine Impfung gegen den neuen Influenzavirus ein Muss, auch aus Gründen der Solidarität.

    "Wenn in der gesamten Bevölkerung durch eine breite Impfung ein Impfschutz entsteht, dann werden auch weniger die besonders risikoreichen Gruppen infiziert. Das heißt, man kann die epidemische Welle abflachen und die Zahl derjenigen reduzieren, die sich mit diesem Virus anstecken. Das heißt, es ist auch eine solidarische Aufgabe, wenn sich große Teile der Bevölkerung impfen lassen. Sie schützen dann diejenigen, die ein besonders hohes Risiko haben, auf eine Intensivstation zu kommen oder zu sterben."

    In den USA hat US-Präsident Barack Obama inzwischen den Ausbruch der Schweinegrippe zum nationalen Notfall erklärt. Noch weiß niemand, wie sich die Grippe in Deutschland entwickeln wird. Doch das Robert-Koch-Institut und die ständige Impfkommission appellieren für einen Schutz vor der neuen Grippe. Dabei hat jeder Bundesbürger Anspruch auf eine unentgeltliche Impfung.