Marieke Degen: Die Schweizer Firma, die die Lizenz für die Technologien erworben hat, spricht ja jetzt schon von einem Meilenstein in der Impfstoffentwicklung. Stimmt das denn?
Hellmuth Nordwig: Im Moment ist es noch ziemlich übertrieben, es könnte natürlich mal ein Meilenstein werden. Der Ansatz ist jedenfalls sehr spannend, und er vereint zwei neue Entwicklungen. Zum einen werden Viren so präpariert, dass sie eine sehr starke Immunantwort hervorrufen und trotzdem keine Krankheit auslösen können. Die andere Neuentwicklung ist ein Hilfsstoff, der es möglich macht, dass der Impfstoff auch über die Schleimhäute gegeben werden kann, zum Beispiel als Nasenspray.
Degen: Zum ersten Ansatz, man muss Viren, zum Beispiel Masern- oder Mumpsviren, abschwächen, wenn man mit ihnen impfen will.
Nordwig: Das ist genau das Problem bei den bisherigen Impfungen. Etwa bei jenen, die Sie genannt haben, gibt es ja nur 80 bis 90 Prozent Schutz. Das liegt daran, dass die Wirksamkeit durch diese Abschwächung verringert wird. Das neue Konzept besteht nun darin, dass man ein Eiweiß aus dem Virus ausschneidet, sozusagen sein Kennzeichen, dass das gentechnisch auf ein anderes Virus überträgt, das aber seinerseits völlig harmlos ist. Man kann sich das so vorstellen, als würde man dem einen Virus das Nummernschild abschrauben, das ihn als gefährlich kennzeichnet, und auf ein anderes Virus montieren. In dem Fall heißt dieses Virus Sendai-Virus, und ganz entscheidend ist, dass es beim Menschen keine Krankheiten auslöst. Diese neue Konstruktion vermehrt man dann in Zellen, dieses tote Virus mit diesem sehr effektiven Erregerelement, und das Ergebnis ist ein Virus-Impfstoff, der sicher ist, hoffentlich weniger Nebenwirkungen hat und trotzdem dafür sorgt, dass das Immunsystem auf den Plan gerufen wird, um Antikörper zu bilden, weil der Impfstoff das Kennzeichen des Erregers trägt.
Degen: Wozu braucht man dann noch den Hilfsstoff?
Nordwig: Das muss man bei allen Impfungen machen, sonst wäre einfach die Reaktion nicht stark genug. Üblicherweise verwendet man dazu zum Beispiel Aluminiumssalze. Wie die ganz genau wirken, das weiß eigentlich niemand, man vermutet, dass sie an Ort und Stelle, also dort, wo die Nadel der Impfung eingestochen wird, quasi eine lokale Entzündung hervorrufen und damit Immunzellen anlocken. Aber so genau ist das nicht bekannt. Carlos Guzman vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig hat nun eine ganz andere Art von Hilfsstoff untersucht, und zwar einen Botenstoff von Bakterien. Das ist sozusagen eine Art Alarmglocke für das Immunsystem: Wenn das Immunsystem diesen Botenstoff sieht, lockt des Abwehrzellen an. Das kann man auch bei den Schleimhäuten erreichen. In Tierversuchen hat man es deshalb auch geschafft, tatsächlich mit einem Nasenspray zu impfen. Dabei erreicht man, dass der Erreger gar nicht erst eindringt in den Körper, das ist entscheidend etwa für Kinder oder alte Leute, die sonst mit Spritzen vielleicht Probleme haben.
Degen: Die Schweizer Pharmafirma will jetzt Impfstoffe entwickeln gegen Krankheiten, gegen die man bislang nicht impfen konnte. Was für Krankheiten sind das denn?
Nordwig: Das ist zum Beispiel RSV. Im Prinzip sind alle Krankheiten geeignet, bei denen ein Virus über Schleimhäute eindringt. RSV ist ein Schnupfenerreger, der eigentlich vor allem Frühgeborenen zu schaffen macht, denn die haben eine ganz abgeschwächte Immunabwehr. Etliche tausend Kinder in den USA sterben daran. Da ist man aber erst ganz am Anfang, genauso wie - das ist aber wirklich erst Vision - Influenza oder HIV.
Degen: Wo steht denn die Firma im Moment?
Nordwig: Bisher gibt es Tierversuche für diese beiden Teile des Konzepts einzeln, also für den sicheren Baustein und für den Hilfsstoff. Das muss man jetzt kombinieren und dann ist es plausibel, aber sicher ist es eben nicht, dass es wirkt. Und dann macht man daraus einen Impfstoff für den Menschen, das wird sicher noch sechs oder zehn Jahre dauern.
Degen: Wie sieht es denn mit den Nebenwirkungen aus?
Nordwig: Theoretisch sollten die geringer sein, aber da muss man erst noch die klinischen Studien abwarten.
Hellmuth Nordwig: Im Moment ist es noch ziemlich übertrieben, es könnte natürlich mal ein Meilenstein werden. Der Ansatz ist jedenfalls sehr spannend, und er vereint zwei neue Entwicklungen. Zum einen werden Viren so präpariert, dass sie eine sehr starke Immunantwort hervorrufen und trotzdem keine Krankheit auslösen können. Die andere Neuentwicklung ist ein Hilfsstoff, der es möglich macht, dass der Impfstoff auch über die Schleimhäute gegeben werden kann, zum Beispiel als Nasenspray.
Degen: Zum ersten Ansatz, man muss Viren, zum Beispiel Masern- oder Mumpsviren, abschwächen, wenn man mit ihnen impfen will.
Nordwig: Das ist genau das Problem bei den bisherigen Impfungen. Etwa bei jenen, die Sie genannt haben, gibt es ja nur 80 bis 90 Prozent Schutz. Das liegt daran, dass die Wirksamkeit durch diese Abschwächung verringert wird. Das neue Konzept besteht nun darin, dass man ein Eiweiß aus dem Virus ausschneidet, sozusagen sein Kennzeichen, dass das gentechnisch auf ein anderes Virus überträgt, das aber seinerseits völlig harmlos ist. Man kann sich das so vorstellen, als würde man dem einen Virus das Nummernschild abschrauben, das ihn als gefährlich kennzeichnet, und auf ein anderes Virus montieren. In dem Fall heißt dieses Virus Sendai-Virus, und ganz entscheidend ist, dass es beim Menschen keine Krankheiten auslöst. Diese neue Konstruktion vermehrt man dann in Zellen, dieses tote Virus mit diesem sehr effektiven Erregerelement, und das Ergebnis ist ein Virus-Impfstoff, der sicher ist, hoffentlich weniger Nebenwirkungen hat und trotzdem dafür sorgt, dass das Immunsystem auf den Plan gerufen wird, um Antikörper zu bilden, weil der Impfstoff das Kennzeichen des Erregers trägt.
Degen: Wozu braucht man dann noch den Hilfsstoff?
Nordwig: Das muss man bei allen Impfungen machen, sonst wäre einfach die Reaktion nicht stark genug. Üblicherweise verwendet man dazu zum Beispiel Aluminiumssalze. Wie die ganz genau wirken, das weiß eigentlich niemand, man vermutet, dass sie an Ort und Stelle, also dort, wo die Nadel der Impfung eingestochen wird, quasi eine lokale Entzündung hervorrufen und damit Immunzellen anlocken. Aber so genau ist das nicht bekannt. Carlos Guzman vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig hat nun eine ganz andere Art von Hilfsstoff untersucht, und zwar einen Botenstoff von Bakterien. Das ist sozusagen eine Art Alarmglocke für das Immunsystem: Wenn das Immunsystem diesen Botenstoff sieht, lockt des Abwehrzellen an. Das kann man auch bei den Schleimhäuten erreichen. In Tierversuchen hat man es deshalb auch geschafft, tatsächlich mit einem Nasenspray zu impfen. Dabei erreicht man, dass der Erreger gar nicht erst eindringt in den Körper, das ist entscheidend etwa für Kinder oder alte Leute, die sonst mit Spritzen vielleicht Probleme haben.
Degen: Die Schweizer Pharmafirma will jetzt Impfstoffe entwickeln gegen Krankheiten, gegen die man bislang nicht impfen konnte. Was für Krankheiten sind das denn?
Nordwig: Das ist zum Beispiel RSV. Im Prinzip sind alle Krankheiten geeignet, bei denen ein Virus über Schleimhäute eindringt. RSV ist ein Schnupfenerreger, der eigentlich vor allem Frühgeborenen zu schaffen macht, denn die haben eine ganz abgeschwächte Immunabwehr. Etliche tausend Kinder in den USA sterben daran. Da ist man aber erst ganz am Anfang, genauso wie - das ist aber wirklich erst Vision - Influenza oder HIV.
Degen: Wo steht denn die Firma im Moment?
Nordwig: Bisher gibt es Tierversuche für diese beiden Teile des Konzepts einzeln, also für den sicheren Baustein und für den Hilfsstoff. Das muss man jetzt kombinieren und dann ist es plausibel, aber sicher ist es eben nicht, dass es wirkt. Und dann macht man daraus einen Impfstoff für den Menschen, das wird sicher noch sechs oder zehn Jahre dauern.
Degen: Wie sieht es denn mit den Nebenwirkungen aus?
Nordwig: Theoretisch sollten die geringer sein, aber da muss man erst noch die klinischen Studien abwarten.