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In den Fußstapfen des Chefs

Existenzstart mit gutem Ruf oder Erwartungsdruck durch Vergleich mit dem Vorgänger? Eine Unternehmensnachfolge hat verschiedene Seiten. Für Interessierte findet derzeit an der Leibniz Universität Hannover eine Themenreihe zur Unternehmensnachfolge statt, die mehr als nur Recht und Finanzen beleuchtet.

Von Maike Schröder |
    Die Existenz eines erfolgreichen Unternehmens ist nicht begrenzt, die Arbeitszeit des Chefs hingegen schon. Möchte ein Unternehmer in den Ruhestand gehen oder neue Aufgaben übernehmen, muss der Betrieb übergeben werden. Etwa 75000 Unternehmen in Deutschland suchen jedes Jahr einen Nachfolger. Pro Tag sind das 200 Unternehmen bundesweit. Für 100 dieser Unternehmen wird ein Nachfolger in der Familie gefunden, für 50 ein Externer und bei den restlichen 50 ist die Nachfolge nicht geklärt.

    Unternehmern fällt es häufig schwer, ihr Lebenswerk loszulassen. Manche verdrängen die Übergabe vollständig und verlassen ihr Unternehmen erst im Krankheitsfall oder mit dem Tod. Wer eine Übergabe plant, dem sind oft die Unabhängigkeit des Unternehmens und die Zukunftssicherung für Mitarbeiter besonders wichtig. Die Nachfolgeplanung ist ein Aspekt der Themenreihe Unternehmensnachfolge der Leibniz Universität Hannover. Kay Uplegger, einer der Referenten und Inhaber eines Käsegroßhandels in der fünften Generation, denkt gemeinsam mit seinen Söhnen darüber nach, wie sie die Nachfolge gestalten wollen.

    "Wenn man ein Unternehmen übergibt, gerade ein Familienunternehmen, ist das Allerwichtigste, dass man zunächst erstmal früh genug damit anfängt. Das heißt, wenn der Inhaber erst mal 65 ist, und dann guckt, ob seine Kinder geeignet sind, ist es sicherlich fast schon zu spät. Des Weiteren sollte die Entscheidung nicht von der elterlichen Seite, also dem Übergebenden erfolgen und dessen Beratern womöglich sogar, sondern es sollte von dem Übernehmenden kommen, das heißt also, dass derjenige dann letztendlich entscheidet: Will ich das, kann ich das und bin ich bereit die Verantwortung zu übernehmen."

    Für jemanden, der selbständig arbeiten möchte, ist eine Unternehmensübernahme die Alternative zu einer Gründung. Sie gelingt am besten, wenn der Nachfolger sich ein paar Jahre lang im Unternehmen einarbeiten kann. Jedes Unternehmen hat gewachsene Strukturen, die übernommen werden müssen, und Mitarbeiter müssen den neuen Chef akzeptieren. Der Erwartungsdruck auf den Nachfolger ist hoch. Alteingesessene Betriebe können aber sehr interessant sein, da sie einen guten Ruf, einen Kundenstamm und erfahrene Mitarbeiter mitbringen. Stefan Bieler, Professor an der Fachhochschule für Wirtschaft Hannover, glaubt nicht, dass es leichter ist, ein bestehendes Unternehmen zu übernehmen:

    "Ich vergleiche das immer ganz gerne mit so einer Metapher: Wenn sie sich jetzt mal vorstellen, sie übernehmen so eine schön blühende Orangerie, dann müssen sie erst mal die Pflegeanleitungen kennen lernen. Das heißt, wo sie auf der einen Seite wissen, wie sie ihre Orchideen zu pflegen haben, müssen sie auf der anderen Seite gucken, wie es dem Trompetenbaum geht, der jetzt schon den ersten Kopf hängen lässt. Wenn sie aber so ein unbearbeitetes Stück Brachland haben und sie wollen dort ihre Sonnenblumen anpflanzen, dann kennen sie die Pflegeanleitungen und kennen auch die Erde und beackern das auch. Also insofern ist die Aussage, die da oftmals gemacht wird "Da setzt sich ja jemand ins gemachte Nest" nicht wirklich immer richtig."

    Der Start in die Selbständigkeit ist mit einer Unternehmensübernahme oftmals teurer als mit einer Gründung. Nachfolger müssen genau wissen, worauf sie sich einlassen. Die Interessenten finden Betriebe mit Hilfe von Branchenverbänden, der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer und Unternehmensbörsen, oder sie erfahren vor Ort und aus der Zeitung von einem Unternehmen. Bei der IHK Hannover begleitet Henning Schiel Übernehmer auf ihrem Weg in die Selbständigkeit.

    "Dem potenziellen Nachfolger können wir natürlich Hilfestellung geben zum einen bei der Suche nach einem geeigneten Betrieb und dann auch bei der Erstellung eines Unternehmenskonzepts, das zwingend erforderlich sein wird, um es dann später auch einer Bank vorzulegen oder anderen potentiellen Geldgebern, die überzeugt werden müssen von dem Vorhaben. Und wir ermitteln gerne mit den Nachfolgern idealtypische Finanzierungen unter Einbeziehung verschiedener Förderprogramme, Förderdarlehen oder -zuschüsse."

    Die Übernehmer müssen sich dem Risiko, der Verantwortung und im schlechtesten Fall auch Verlusten stellen. Wenn jemand unbedingt eigene Ideen umsetzen möchte und selber entscheiden will, mit wem er zusammenarbeitet und mit wem nicht, dann sind das sehr starke Motive, um auch schwierige Zeiten durchzuhalten. Für Stefan Bieler gehört neben Leidenschaft, Branchenkenntnissen und kommunikativen Fähigkeiten auch der Wunsch, reich zu werden, zu einem geeigneten Kandidaten. Mit reich meint er nicht nur finanziellen Gewinn, sondern auch den Gewinn von Erfahrungen.

    "Es gibt keinen anderen Beruf außer dem Unternehmertum, wo sie so viele Erfahrungen sammeln können, mit so vielen unterschiedlichen Menschen zu tun haben - und wo die Arbeit auch niemals endet."