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"In der Kulturpolitik können sie mit wenig Geld viel erreichen"

Im Auswärtigen Amt muss gespart werden - auch bei den Ausgaben für Kultur. Doch wie gekürzt wird, darüber müsse man mit den Betroffenen - wie dem Goethe-Institut - reden, meint Ulla Schmidt. Sie ist jetzt Obfrau der SPD-Fraktion im Bundestagsunterausschuss auswärtige Kultur- und Bildungspolitik.

Ulla Schmidt im Gespräch mit Dina Netz | 18.11.2010
    Der Bundesetat für die Kultur im Inland, der von Kulturstaatsminister Bernd Neumann, wird im kommenden Jahr um 27 Millionen Euro erhöht, also um 2,4 Prozent. Dagegen soll der Etat der auswärtigen Kulturpolitik um 2,7 Prozent schrumpfen. Dabei muss man sich vielleicht klar machen, dass das Auswärtige Amt ein Viertel seines Etats für kulturelle Zwecke ausgibt, Auslandsschulen, Universitäten, Goethe-Institute zum Beispiel. Und da der Gesamtetat von Guido Westerwelle um 3 Prozent schrumpft, muss die auswärtige Kulturpolitik eben mit 2,7 Prozent mitziehen; entsprechend rumort es im Moment in den Institutionen.

    Für das Goethe-Institut wird es nun nicht so schlimm kommen wie zunächst angekündigt, es soll 9 Millionen weniger bekommen, dafür aber 8 Millionen zusätzlich für die Förderung der deutschen Sprache im Ausland. Das klingt nicht nur wie ein Kompensationsgeschäft, sondern auch wie eine Schwerpunktsetzung, die sich auf ein Kerngeschäft des Goethe-Instituts bezieht, das dieses selbst so gar nicht mehr definieren würde.

    Dina Netz: Frage an Ulla Schmidt, Obfrau der SPD im Unterausschuss auswärtige Kultur- und Bildungspolitik: Sind das nun nur Sparpläne, oder werden hier die inhaltlichen Weichen grundsätzlich neu gestellt?

    Ulla Schmidt: Also ich glaube, dass es zunächst mal auch ein Kompensationsgeschäft sein sollte, um zu verhindern, dass einzelne, die da ganz besonders viel sparen wollten beim Goethe-Institut, ihr Gesicht verlieren. Da musste man einen neuen Weg finden, um dem Goethe-Institut das Geld zu geben, was es auch braucht. Die Förderung der deutschen Sprache im Ausland ist ja das, was das Goethe-Institut in vielen Bereichen tut, und insofern: es gibt immer noch Kürzungen beim Goethe-Institut, aber die acht Millionen, die jetzt gezahlt werden, sind eben ein Ausgleich dafür, dass das Goethe-Institut nicht mit über zehn Millionen Einsparungen betroffen wurde, denn es hat ja in diesem Jahr schon über 7,5 Millionen Euro einsparen müssen.

    Netz: Frau Schmidt, Außenminister Westerwelle argumentiert ja so zugunsten der Kürzungen, weil es insgesamt mehr Goethe-Mittel gebe, bis 2011 eine Steigerung um 55 Millionen. Was halten Sie von dieser Rechnung?

    Schmidt: Das Goethe-Institut hat ja auch immer mehr Aufgaben übernommen, die ansonsten das Auswärtige Amt übernommen hätte. Fakt ist, dass in der auswärtigen Kulturpolitik gekürzt wird, und Fakt ist, dass Außenminister Westerwelle sich bis heute kein einziges Mal für die Förderung der Kultur eingesetzt hat, obwohl für uns alle die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik eine ganz starke Säule unserer auswärtigen Politik ist, weil es den Menschen unsere Kultur nahebringen soll, weil wir Partner sein wollen in der Welt, aber auch, weil wir wollen, dass Deutschland ein gutes Ansehen hat, damit Menschen zu uns kommen, die wir hier willkommen heißen, weil wir sie brauchen, zum Beispiel als Fachkräfte, als Wissenschaftler, aber auch, dass wir unsere Produkte in andere Länder bringen können. Und wer das vernachlässigt, der steht am Ende da mit einer Kürzung im Etat, anders als Kulturstaatsminister Neumann, der kämpft für seinen Etat. In der Kulturpolitik können sie mit wenig Geld viel erreichen, aber mit der Kürzung von wenig Geld können sie ganz viel kaputt machen, weil die Strukturen nicht mehr da sind.

    Netz: So ein Beispiel für eine Kürzung um eigentlich wenig Geld ist das Haus der Kultur in der Welt in Berlin, ein ziemlich einzigartiger Veranstaltungsort. Auch der Zuschuss des Auswärtigen Amtes ans Haus der Kultur in der Welt in Berlin sinkt um 250.000 Euro. Das sind 20 Prozent. Das ist für die Institution eine wichtige Summe, Intendant Bernd Scherer hat die Existenzfrage gestellt. Aber in Haushaltsbegriffen ist das ja eigentlich eine läppische Summe. Ist das ein falsches Signal?

    Schmidt: Nein, es ist wirklich eine läppische Summe. Es ist viel Geld, 250.000 Euro, aber wenn wir einmal sehen, worüber reden wir eigentlich – wir reden über Milliarden-Beträge –, und dann zu sagen, in einem großen Haushalt auch wie dem des Auswärtigen Amtes findet man keine andere Möglichkeiten einzusparen, sondern mit 250.000 Euro macht man viele Projekte kaputt, die das Haus der Kulturen der Welt auch übernimmt, gerade im interkulturellen Dialog, und das geht genauso den internationalen Filmfestspielen in Oberhausen. Das ist ein Treffen, wo viele aus der Welt auch zu uns kommen.
    Wir wollen ja Deutschland als Partnerland darstellen. Wir wollen ja Freunde in der Welt haben. Und dann kürzt man 10.000 Euro und das ist Geld, was manchmal für die Veranstalter es plötzlich unmöglich macht, die Projekte noch weiterzuführen. Aber gemessen an dem, was wir an Milliarden einsparen müssen im Haushalt, ist das ein kleiner Betrag. Darum geht es hier, ein Stück auch zu sagen, wo kann eingespart werden – das wissen wir alle, dass wir das brauchen –, aber auch einmal, was der Außenminister Westerwelle nicht gemacht hat, mit denjenigen zu reden, die betroffen sind, und die mal zu fragen, sagt mal, wo könnten wir denn bei euch etwas einsparen, ohne dass wir die Strukturen kaputtmachen. Das ist das, was wir kritisieren, und das ist das, was auch im Grunde genommen die ganzen Verhandlungen schwierig macht. Aber das war auch der Grund, warum der Unterausschuss diesen Teil des Haushaltes des Auswärtigen Amtes abgelehnt hat und warum auch ein Stück der Veränderungen, die Sie am Anfang angesprochen haben, überhaupt erst wieder auf den Weg kommen konnte, weil an anderer Stelle Geld wiedergegeben wurde.

    Netz: Frau Schmidt, aber irgendwo müssen ja diese drei Prozent, die das Auswärtige Amt insgesamt sparen muss, vom Gesamtetat gekürzt werden. Wie sollte das denn Ihrer Meinung nach passieren?

    Schmidt: Mit den Betroffenen reden! Mit den Mittlerorganisationen reden! Ich habe viel mit dem Goethe-Institut gesprochen. Der Präsident sagt, wenn gespart werden muss, wissen auch wir, dass wir uns daran beteiligen. Aber bitte lasst uns dann die Freiheit zu sagen, lasst uns bei unserer ganzen Struktur schauen, wo können wir einsparen. Das hat das Goethe-Institut in den vergangenen Jahren gemacht. Die haben ihre ganze Führung umgestellt. Die haben die Frage auch der Einnahmenbasis mal geklärt. Die haben Wege gefunden, wie man mehr Ortskräfte einstellen kann, wie man auch über Gebühren wiederum etwas gegenfinanzieren kann, und sie haben viele Aufgaben wahrgenommen im Bereich der Partnerschulen und vieles andere mehr.


    Netz: Reden hilft, meint auch Ulla Schmidt, Obfrau der SPD-Fraktion im Bundestagsunterausschuss auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, im Gespräch über die Sparpläne des Auswärtigen Amtes.