Die euganeischen Hügel im Veneto, sanfte Erhebungen inmitten der bäuerlichen Kulturlandschaft zwischen Vicenza, Padua und Venedig. Schon Goethe schrieb 1782 in seiner italienischen Reise vom Land, wo die Zitronen blühen:
"Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach.
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
Und Marmorbilder stehen und sehn mich an:
Dahin! dahin
Möcht ich mit dir, o mein Beschützer, ziehen."
Und da steht es, dieses Haus, dessen Dach auf Säulen ruht, das Haus, das wie kein anderes die Baugeschichte der ganzen Welt geprägt hat: die Villa Rotonda. Erbaut von dem berühmten Architekten Andrea Palladio, der eigentlich Andrea di Pietro della Gondola hieß und aus Padua stammte. Auf einem Hügel, von luzider Schönheit, gleichsam in die Landschaft gegossen, gilt die Villa den Kennern als ein Stück perfekter Architektur.
Von hier aus hat man in alle vier Richtungen einen wunderbaren Blick über die venezianische Landschaft. Wir stehen mit Atillio Pollini, dem alten Stadtaufseher von Vicenza im Garten der Villa Rotonda und bewundern den mit antiken Säulen gestalteten Eingang, der uns in den lichtdurchfluteten Hauptsaal führt.
Die Villa ist auf einem geometrischen Grundschema entwickelt. Ein Saal in der Mittelachse und eine Anzahl streng symmetrisch angeordneter kleiner Räume zu beiden Seiten.
"Alle Villen Palladios sind eigentlich Gutshäuser, für Bauherren entworfen, die wirklich in diesen Villen leben wollten und das Land bearbeiten wollten. Palladio war der Ansicht, dass es das höchste für einen Architekten sei, sich an die Regel der Baukunst zu halten und diese trotzdem gleichzeitig vergessen zu lassen. Palladio wollte gar nicht originell sein, oder ein großer Architekt. Er wollte einfach Villen bauen, in denen Menschen leben konnten, manchmal nur im Sommer, manchmal auch das ganze Jahr."
Andrea Palladio selbst schrieb über die Villa in seinen Quattro Libri dell architettura
"Die Lage gehört zu den anmutigsten und erfreulichsten, die man finden kann. Das Haus liegt auf einem leicht zu besteigenden Hügel, der auf der einen Seite von Bacchiglione, einem schiffbaren Fluss begrenzt wird und auf der anderen Seite von weiteren lieblichen Hügeln umgeben ist, die wie ein großes Theater wirken."
60 Villen hat Andrea Palladio zwischen 1540 und 1580 im Umkreis von Vicenza gebaut, 19 davon sind bis heute erhalten. Er entwickelte keine wirklich "neue" Architektur, sondern entdeckte auf der Suche nach einer dem Menschen gemäßen Architektur die der Antike neu. Dennoch hat er den Weltstil der Architektur für annähernd drei Jahrhunderte geprägt. Niemand hat so zahlreiche enthusiastische Nachahmer gefunden wie er: von London bis Moskau und Kalkutta, von Kopenhagen und Berlin bis Kapstadt und Virginia. Sein Einfluss auf die englische und amerikanische Architektur, so hat man errechnet, ist größer als der aller anderen Architekten des 16. Jahrhunderts.
"Alle Maße und Proportionen der Architektur Palladios entstammen
1. Der klassischen antiken Architektur
2. Einem untrüglichen, dem mathematischen und musikalischen Wissen der Zeit entnommenen Proportionsgefühl und vor allem einem ungemein praktischen, den Bauzweck respektierenden Verstand. Das ist typisch Palladio."
Wir steigen hinab in die Ebene. Beim Spaziergang an den vielen palladianischen Villen vorbei in Vicenza sieht man, wie sich das Stadtbild des Mittelalters mit der beginnenden Renaissance verändert. Die Machtstellung Venedigs ist im Schwinden begriffen, die cose del mare, die Herrschaft und der Handel über die Meere gehen zurück. Die großen venezianischen Familien entdecken die Agrikultur innerhalb der Terraferma, dem Gebiet zwischen Verona, Padua und Treviso und den Aufbau der Seidenindustrie. Doch die vorhandene zweckmäßige Architektur gefällt ihnen nicht.
Die venezianischen Grundbesitzer wollen eine Villa, die ihnen Lebensmittelpunkt und Präsentationssitz zugleich sein könnte. Der Architekt, der für dieses neue Lebensgefühl und neue Denken die Urformel findet, ist Andrea Palladio.
Wir gehen über den Marktplatz, die Piazza dei Signori, auf der die Basilika von Vicenza erbaut ist, das erste Werk Palladios. Mit diesem Bau hat er seinen Ruhm begründet. Hier sehen wir die typischen "Palladianischen Fenster", die das klassische kompakte Fenster durch zwei kleinere Fensteröffnungen rechts und links ergänzen, von kleinen Säulen getrennt. Ein filigranes und offenes Element, das außen und innen verbindet.
Durch den Corso Andrea Palladio, gesäumt von Cafés unter gelben und braunroten Arkaden, schlendern wir hinunter zum Bacchiglione, auf den wir schon von der Villa Rotonda schauen konnten. Der kleine Fluss durchschneidet Vicenza wie ein venezianischer Kanal, fließt oft uferlos durch die Häuserreihen, deren gelbe, ocker- und orangefarbene Rückseiten sich im Wasser wie flüssiges Gold spiegeln. Jenseits des Flusses kommen wir in einen zauberhaften, von rosa Wildrosen umgrenzten Hof, in dem das letzte Werk Palladios liegt, das Teatro Olympico.
"Hier sind wir im Garten des Teatro Olympico, der ursprünglich der Hof einer mittelalterlichen Festung war, Bevor hier im 16. Jahrhundert das Theater errichtet wurde. Es war der ganze Stolz der Leute von Vicenza. Bauherr war die Academia von Vicenza, eine humanistische Vereinigung. Solche Akademien gab es in vielen Städten in Rom, Florenz, Neapel und Vicenza, einer eher kleinen Stadt."
Im 16. Jahrhundert errichteten gebildete Bürger gemeinsam mit ortsansässigen Gelehrten die sogenannten Academiae. Man befreite sich von der mittelalterlichen scholastischen Tradition und forderte die freie geistige Entfaltung des Menschen. Die Academiae dienten allein dem Studium und dem Prestige der jeweiligen Stadt. Man widmete sich vor allem dem Studium der griechischen Kunst und der griechischen Tragödie.
Wir betreten das Halbrund des Teatro Olimpico und es verschlägt uns die Sprache. Unter einem gemalten Himmel hat man den Eindruck, im Freien zu sein und auf das Bühnenbild des "König Ödipus" von 1581 zu schauen.
Durch die drei Portale einer monumentalen Kulissenfassade bietet sich uns ein atemberaubender Blick. Wir schauen etwa 200 Meter weit in die Tiefe einer idealisierten Renaissance-Stadt – in einem Bühnenraum, der tatsächlich nur 12 Meter tief ist. Der Bühnenboden steigt an und die Häuser sind zentralperspektivisch nach hinten verkleinert - eine perfekte Illusion von Tiefe. Doch bezahlen konnten die Stadtherren ihre kühnen Architekturträume trotzdem nicht.
"Ab einem gewissen Moment ging das Geld aus und sie überlegten, dass man die römischen Statuen doch sehr gut von Bürgern der Akademie darstellen lassen könne. Wenn also ein Bürger als Statue dort stehen wollte, und das wollten viele, dann musste er dafür bezahlen."
1580 starb Andrea Palladio in Vicenza, ohne zu ahnen, welchen Einfluss seine Art zu bauen auf die Welt noch haben würde.
"Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach.
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
Und Marmorbilder stehen und sehn mich an:
Dahin! dahin
Möcht ich mit dir, o mein Beschützer, ziehen."
Und da steht es, dieses Haus, dessen Dach auf Säulen ruht, das Haus, das wie kein anderes die Baugeschichte der ganzen Welt geprägt hat: die Villa Rotonda. Erbaut von dem berühmten Architekten Andrea Palladio, der eigentlich Andrea di Pietro della Gondola hieß und aus Padua stammte. Auf einem Hügel, von luzider Schönheit, gleichsam in die Landschaft gegossen, gilt die Villa den Kennern als ein Stück perfekter Architektur.
Von hier aus hat man in alle vier Richtungen einen wunderbaren Blick über die venezianische Landschaft. Wir stehen mit Atillio Pollini, dem alten Stadtaufseher von Vicenza im Garten der Villa Rotonda und bewundern den mit antiken Säulen gestalteten Eingang, der uns in den lichtdurchfluteten Hauptsaal führt.
Die Villa ist auf einem geometrischen Grundschema entwickelt. Ein Saal in der Mittelachse und eine Anzahl streng symmetrisch angeordneter kleiner Räume zu beiden Seiten.
"Alle Villen Palladios sind eigentlich Gutshäuser, für Bauherren entworfen, die wirklich in diesen Villen leben wollten und das Land bearbeiten wollten. Palladio war der Ansicht, dass es das höchste für einen Architekten sei, sich an die Regel der Baukunst zu halten und diese trotzdem gleichzeitig vergessen zu lassen. Palladio wollte gar nicht originell sein, oder ein großer Architekt. Er wollte einfach Villen bauen, in denen Menschen leben konnten, manchmal nur im Sommer, manchmal auch das ganze Jahr."
Andrea Palladio selbst schrieb über die Villa in seinen Quattro Libri dell architettura
"Die Lage gehört zu den anmutigsten und erfreulichsten, die man finden kann. Das Haus liegt auf einem leicht zu besteigenden Hügel, der auf der einen Seite von Bacchiglione, einem schiffbaren Fluss begrenzt wird und auf der anderen Seite von weiteren lieblichen Hügeln umgeben ist, die wie ein großes Theater wirken."
60 Villen hat Andrea Palladio zwischen 1540 und 1580 im Umkreis von Vicenza gebaut, 19 davon sind bis heute erhalten. Er entwickelte keine wirklich "neue" Architektur, sondern entdeckte auf der Suche nach einer dem Menschen gemäßen Architektur die der Antike neu. Dennoch hat er den Weltstil der Architektur für annähernd drei Jahrhunderte geprägt. Niemand hat so zahlreiche enthusiastische Nachahmer gefunden wie er: von London bis Moskau und Kalkutta, von Kopenhagen und Berlin bis Kapstadt und Virginia. Sein Einfluss auf die englische und amerikanische Architektur, so hat man errechnet, ist größer als der aller anderen Architekten des 16. Jahrhunderts.
"Alle Maße und Proportionen der Architektur Palladios entstammen
1. Der klassischen antiken Architektur
2. Einem untrüglichen, dem mathematischen und musikalischen Wissen der Zeit entnommenen Proportionsgefühl und vor allem einem ungemein praktischen, den Bauzweck respektierenden Verstand. Das ist typisch Palladio."
Wir steigen hinab in die Ebene. Beim Spaziergang an den vielen palladianischen Villen vorbei in Vicenza sieht man, wie sich das Stadtbild des Mittelalters mit der beginnenden Renaissance verändert. Die Machtstellung Venedigs ist im Schwinden begriffen, die cose del mare, die Herrschaft und der Handel über die Meere gehen zurück. Die großen venezianischen Familien entdecken die Agrikultur innerhalb der Terraferma, dem Gebiet zwischen Verona, Padua und Treviso und den Aufbau der Seidenindustrie. Doch die vorhandene zweckmäßige Architektur gefällt ihnen nicht.
Die venezianischen Grundbesitzer wollen eine Villa, die ihnen Lebensmittelpunkt und Präsentationssitz zugleich sein könnte. Der Architekt, der für dieses neue Lebensgefühl und neue Denken die Urformel findet, ist Andrea Palladio.
Wir gehen über den Marktplatz, die Piazza dei Signori, auf der die Basilika von Vicenza erbaut ist, das erste Werk Palladios. Mit diesem Bau hat er seinen Ruhm begründet. Hier sehen wir die typischen "Palladianischen Fenster", die das klassische kompakte Fenster durch zwei kleinere Fensteröffnungen rechts und links ergänzen, von kleinen Säulen getrennt. Ein filigranes und offenes Element, das außen und innen verbindet.
Durch den Corso Andrea Palladio, gesäumt von Cafés unter gelben und braunroten Arkaden, schlendern wir hinunter zum Bacchiglione, auf den wir schon von der Villa Rotonda schauen konnten. Der kleine Fluss durchschneidet Vicenza wie ein venezianischer Kanal, fließt oft uferlos durch die Häuserreihen, deren gelbe, ocker- und orangefarbene Rückseiten sich im Wasser wie flüssiges Gold spiegeln. Jenseits des Flusses kommen wir in einen zauberhaften, von rosa Wildrosen umgrenzten Hof, in dem das letzte Werk Palladios liegt, das Teatro Olympico.
"Hier sind wir im Garten des Teatro Olympico, der ursprünglich der Hof einer mittelalterlichen Festung war, Bevor hier im 16. Jahrhundert das Theater errichtet wurde. Es war der ganze Stolz der Leute von Vicenza. Bauherr war die Academia von Vicenza, eine humanistische Vereinigung. Solche Akademien gab es in vielen Städten in Rom, Florenz, Neapel und Vicenza, einer eher kleinen Stadt."
Im 16. Jahrhundert errichteten gebildete Bürger gemeinsam mit ortsansässigen Gelehrten die sogenannten Academiae. Man befreite sich von der mittelalterlichen scholastischen Tradition und forderte die freie geistige Entfaltung des Menschen. Die Academiae dienten allein dem Studium und dem Prestige der jeweiligen Stadt. Man widmete sich vor allem dem Studium der griechischen Kunst und der griechischen Tragödie.
Wir betreten das Halbrund des Teatro Olimpico und es verschlägt uns die Sprache. Unter einem gemalten Himmel hat man den Eindruck, im Freien zu sein und auf das Bühnenbild des "König Ödipus" von 1581 zu schauen.
Durch die drei Portale einer monumentalen Kulissenfassade bietet sich uns ein atemberaubender Blick. Wir schauen etwa 200 Meter weit in die Tiefe einer idealisierten Renaissance-Stadt – in einem Bühnenraum, der tatsächlich nur 12 Meter tief ist. Der Bühnenboden steigt an und die Häuser sind zentralperspektivisch nach hinten verkleinert - eine perfekte Illusion von Tiefe. Doch bezahlen konnten die Stadtherren ihre kühnen Architekturträume trotzdem nicht.
"Ab einem gewissen Moment ging das Geld aus und sie überlegten, dass man die römischen Statuen doch sehr gut von Bürgern der Akademie darstellen lassen könne. Wenn also ein Bürger als Statue dort stehen wollte, und das wollten viele, dann musste er dafür bezahlen."
1580 starb Andrea Palladio in Vicenza, ohne zu ahnen, welchen Einfluss seine Art zu bauen auf die Welt noch haben würde.