Bei Nacht strahlt die neue Luxemburger Philharmonie wie eine Lampe in ruhig wechselnden Farben. Bei Tag erhebt sie sich wie eine Erinnerung an ein antikes Heiligtum über dem tiefen Tal der Alzette, das ihre Kirchberger Anhöhe von der Altstadt trennt. Das neue Objekt am Europaplatz ist von weitem schon Blickfang. Beim Näherkommen nimmt es für sich ein durch die variablen Ansichten der streng einheitlichen, freilich aus einer fließenden Grundform sich erhebenden Fassade.
Der Raum, ist erst einmal das Innere erreicht, erweist sich als ein Traum.
Aus der Vogelperspektive mutet der Grundriss des elliptisch-zylindrischen Gebäudekörpers wie ein Fruchtkern an, der eine Muschelschale sprengt: 823 filigrane weiße Stahlsäulen, aufgestellt in Zweier-, Dreier oder Viererreihen, umgürten eine Wandelhalle und stützen das diskret gerundete Dach. In elliptischem Schwung umzingelt ein ansteigender, frei schwebender Umgang das für 1.300 bis 1.500 Besucher ausgelegte Grand Auditorium, das wie die Cella eines griechischen Tempels im Zentrum liegt.
Der Bühne für die Interpreten, gleich einer Chor-Apsis nach Osten hin "orientiert" und optisch vom Orgelprospekt geprägt, korrespondiert eine erhöhte rückwärtige Tribüne. Auch hier waltet, wie in der Anlage des Ganzen, modifizierte Symmetrie. Das Parkett weist die "Schuhschachtelform" des klassischen Konzertsaals auf. Allerdings wurde die rechteckige Strenge durch acht leicht versetzt angeordnete Logentürme aufgelockert.
Die luzide Architektur hatte ihren Preis. Während die Philharmonie Dortmund 2002 mit einem ähnlichen Platzangebot für knapp 50 Millionen Euro schlicht und schmucklos in ein bereits bebautes Häuserviertel gezirkelt wurde, benötigt die etwas größer ausgelegte Elbphilharmonie in Hamburg wohl mehr als 200. Frank Gehrys "Disney Concert Hall" in Los Angeles wuchs sich von 100 auf 272 Mio. Dollar aus. Da nimmt sich die Kostensteigerung im wohlhabenden Luxemburg von den veranschlagten 78 auf 114 Millionen Euro vergleichsweise moderat aus – zumal neben dem Grand Auditorium in den seitwärtigen "Muscheln" ein Kammermusiksaal untergebracht sowie in der Tiefe unter dem Gesamt-Areal ausreichend Parkplätze geschaffen wurden.
Die Königinnen der benachbarten Länder stellten sich ebenso wie Bundespräsident Horst Köhler zur Inauguration der neuen Luxemburger Philharmonie ein, die nach der Gattin des amtierenden Staatsoberhaupts Grand-Duchesse Joséphine-Charlotte benannt wurde. Doch vor den mehr oder minder gekrönten und gesalbten Häuptern war das luxemburgische Staatsvolk an der Reihe: aus sämtlichen Jugendmusikschulen des Ländchens wurden die standfesten Flöten- und Klarinetten-Eleven ausgewählt. 230 von ihnen wurden in den Intervallen zwischen den schlanken hohen Säulen postiert und zu einer vorbereiteten Massen-Improvisation angeleitet.
Eine imposante Klangkaskade erhob sich und umbrandete den inneren Tempel, in dem dann – wiederum mit Riesenbesetzung – die akustischen Möglichkeiten der hellhörigen Halle vom Streicheln eines Birkenzweigs bis zum infernalischen Tutti-Spektakel ausgereizt wurden.
Die Möglichkeiten akustischer Kunst auszuloten unterließ Krzysztof Penderecki bei seiner 8. Symphonie. Das Werk, ein locker gefügter Zyklus, basiert auf dichterischer Beschwörung vergangener Naturschönheit – Gedichten von Goethe, Achim von Arnim, Eichendorff etc. Der Dirigent Bramwell Tovey deutete mit der um hundert Jahre zu spät gekommenen Penderecki-Uraufführung ebenso wie der Philharmonie-Direktor Matthias Naske an, dass den Ohren in Luxemburg nicht der gleiche Modernitätsgrad zugemessen wird wie den Augen. Überhaupt scheint man sich des denkbar breitesten Ansatzes zu befleißigen, um Jung und Alt in das neue Etablissement zu locken, nicht nur den begrenzten Markt der Inländer zu bedienen, sondern das Einzugsgebiet möglichst bis Trier und Saarbrücken, Nancy und Liège zu weiten und überhaupt so etwas wie Strahlkraft in Europa zu entwickeln.
Der Raum, ist erst einmal das Innere erreicht, erweist sich als ein Traum.
Aus der Vogelperspektive mutet der Grundriss des elliptisch-zylindrischen Gebäudekörpers wie ein Fruchtkern an, der eine Muschelschale sprengt: 823 filigrane weiße Stahlsäulen, aufgestellt in Zweier-, Dreier oder Viererreihen, umgürten eine Wandelhalle und stützen das diskret gerundete Dach. In elliptischem Schwung umzingelt ein ansteigender, frei schwebender Umgang das für 1.300 bis 1.500 Besucher ausgelegte Grand Auditorium, das wie die Cella eines griechischen Tempels im Zentrum liegt.
Der Bühne für die Interpreten, gleich einer Chor-Apsis nach Osten hin "orientiert" und optisch vom Orgelprospekt geprägt, korrespondiert eine erhöhte rückwärtige Tribüne. Auch hier waltet, wie in der Anlage des Ganzen, modifizierte Symmetrie. Das Parkett weist die "Schuhschachtelform" des klassischen Konzertsaals auf. Allerdings wurde die rechteckige Strenge durch acht leicht versetzt angeordnete Logentürme aufgelockert.
Die luzide Architektur hatte ihren Preis. Während die Philharmonie Dortmund 2002 mit einem ähnlichen Platzangebot für knapp 50 Millionen Euro schlicht und schmucklos in ein bereits bebautes Häuserviertel gezirkelt wurde, benötigt die etwas größer ausgelegte Elbphilharmonie in Hamburg wohl mehr als 200. Frank Gehrys "Disney Concert Hall" in Los Angeles wuchs sich von 100 auf 272 Mio. Dollar aus. Da nimmt sich die Kostensteigerung im wohlhabenden Luxemburg von den veranschlagten 78 auf 114 Millionen Euro vergleichsweise moderat aus – zumal neben dem Grand Auditorium in den seitwärtigen "Muscheln" ein Kammermusiksaal untergebracht sowie in der Tiefe unter dem Gesamt-Areal ausreichend Parkplätze geschaffen wurden.
Die Königinnen der benachbarten Länder stellten sich ebenso wie Bundespräsident Horst Köhler zur Inauguration der neuen Luxemburger Philharmonie ein, die nach der Gattin des amtierenden Staatsoberhaupts Grand-Duchesse Joséphine-Charlotte benannt wurde. Doch vor den mehr oder minder gekrönten und gesalbten Häuptern war das luxemburgische Staatsvolk an der Reihe: aus sämtlichen Jugendmusikschulen des Ländchens wurden die standfesten Flöten- und Klarinetten-Eleven ausgewählt. 230 von ihnen wurden in den Intervallen zwischen den schlanken hohen Säulen postiert und zu einer vorbereiteten Massen-Improvisation angeleitet.
Eine imposante Klangkaskade erhob sich und umbrandete den inneren Tempel, in dem dann – wiederum mit Riesenbesetzung – die akustischen Möglichkeiten der hellhörigen Halle vom Streicheln eines Birkenzweigs bis zum infernalischen Tutti-Spektakel ausgereizt wurden.
Die Möglichkeiten akustischer Kunst auszuloten unterließ Krzysztof Penderecki bei seiner 8. Symphonie. Das Werk, ein locker gefügter Zyklus, basiert auf dichterischer Beschwörung vergangener Naturschönheit – Gedichten von Goethe, Achim von Arnim, Eichendorff etc. Der Dirigent Bramwell Tovey deutete mit der um hundert Jahre zu spät gekommenen Penderecki-Uraufführung ebenso wie der Philharmonie-Direktor Matthias Naske an, dass den Ohren in Luxemburg nicht der gleiche Modernitätsgrad zugemessen wird wie den Augen. Überhaupt scheint man sich des denkbar breitesten Ansatzes zu befleißigen, um Jung und Alt in das neue Etablissement zu locken, nicht nur den begrenzten Markt der Inländer zu bedienen, sondern das Einzugsgebiet möglichst bis Trier und Saarbrücken, Nancy und Liège zu weiten und überhaupt so etwas wie Strahlkraft in Europa zu entwickeln.