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In Frankreich bläst ein neuer Wind

Deutschland unterstützt Frankreich beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Frischen Wind in die Anti-Atomdebatte bringt auch Greenpeace, die vor allem auf Windkraft für die französische Republik setzt - finanziert aus Einsparungen bei der Atomkraft.

Von Suzanne Krause | 08.02.2013
    Wahrlich frischen Wind will die französische Sektion von Greenpeace einbringen: Die Umweltorganisation setzt in ihrem Energiewende-Szenario bis 2050 massiv auf den Ausbau vor allem der Windenergie. Und auf den Atomausstieg, sagt Cyrille Cormier, Autor des Energiewende-Papiers.

    "Unser Szenario zeigt: Die Energiewende ist ebenso technisch machbar wie auch wirtschaftlich wünschenswert. Wir liefern zudem erste Elemente für eine Neuankurbelung der Industrie – und nach solchen Ideen sucht das Land derzeit händeringend."

    Greenpeace rechnet vor: Mit den Geldern, die auch in Zukunft für den Atompark veranschlagt sind, ließen sich die erneuerbaren Energien massiv hochfahren, in diesem Sektor 40 Prozent zusätzliche Jobs schaffen. Die Umweltorganisation postuliert unter anderem, über das von der Regierung beschlossene umfangreiche thermische Wohnbau-Sanierungsprogramm hinaus auch die 50 Millionen Stromheizungen im Land zu verbannen. Ab 2030 Elektroautos mit Wechsel-Batterien einzusetzen – die leeren Batterien würden dann geladen, wenn viel Ökostrom fließt.

    Ob das Szenario in die aktuelle Energiewende-Debatte einfließen wird, ist allerdings fraglich: Greenpeace boykottiert die Teilnahme an den Veranstaltungen. Die Regierung sei noch zu atomfreundlich.

    Die öffentlichen Diskussionen sollen als Sockel dienen bei dem für kommenden Herbst geplanten neuen Energiegesetz. So debattieren nun Gewerkschaften, Industrie, Umweltvereine, Lokalpolitiker landauf, landab mit den Bürgern. Schon bei der Auftaktveranstaltung, kürzlich in Paris, war der Andrang übermächtig, berichtet Bruno Rebelle, der die landesweite Debatte im Regierungsauftrag vorbereitete:

    "Zwei Themen schälen sich heraus. Zum einen: Wie schaffen wir es, die Bürger für die Energiewende zu gewinnen? Der Energiekonsum, ob nun im Wohnungsbereich oder im Transportwesen, lässt sich nur senken, wenn die Bevölkerung mitzieht. Und zum anderen geht es darum, wer die Energiewende zahlt. Ich ziehe die Frage vor: Wie finanzieren wir das Ganze? Nun, die jährlichen Energieimporte kosten Frankreich 62 Milliarden Euro. Experten sagen, es sei möglich, ein Drittel des Energieverbrauchs einzusparen. Damit verfügt der Staat pro Jahr über 20 Milliarden Euro. Damit lässt sich einiges an Neuentwicklungen finanzieren."

    Mit 20 Milliarden Euro will auch Deutschland jährlich die erneuerbaren Energien unterstützen. Frankreich hat einiges aufzuholen: Der noch von Staatspräsident Nicolas Sarkozy für 2020 versprochene massive Ausbau im Bereich Windenergie wird bis dahin gerademal die Hälfte der Zielvorgabe erreichen. Doch beim gestrigen 14. Jahrestreffen der französischen Gewerkschaft für Erneuerbare Energien in Paris herrschte Aufbruchsstimmung. Ehrengast und Bundesumweltminister Peter Altmaier verkündete gemeinsam mit seiner Pariser Kollegin Delphine Batho die Gründung des deutsch-französischen Büros für Erneuerbare Energien.

    "Es geht darum, dass wir zum ersten Mal einen ernsthaften Dialog zwischen Frankreich und Deutschland führen über die Energiewende oder wie man hier sagt, la transition énergétique. Es gibt ein enormes Interesse, es gibt sehr viele Fragen. Ich glaube, dass wir hier eines der bedeutendsten Projekte der deutsch-französischen Kooperation haben der letzten Jahre und für die Zukunft. Und es gibt bei der französischen Regierung ein hohes Maß an Bereitschaft, mit Deutschland zusammenzuarbeiten, damit diese Energiewende gelingt."

    Erklärtes Ziel der bilateralen Initiative: aus Europa den Kontinent der Energiewende zu machen.

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