Donnerstag, 18. April 2024

Archiv

UNO-Prognose
In Indien werden bis Jahresmitte mehr Menschen leben als in China

Indien löst derzeit China als bevölkerungsreichstes Land der Welt ab. Das zeigt eine neue Prognose der Vereinten Nationen. Bis spätestens Mitte dieses Jahres wird Indien China überholt haben, heißt es. Ein konkretes Datum wurde nicht genannt.

19.04.2023
    Indien, Kalkutta: Viele Menschen und Verkäufer stehen dicht nebeneinander auf einem Markt.
    Indien wird China als bevölkerungsreichstes Land ablösen. (picture alliance/AP Photo/Bikas Das)
    Nach Angaben der Vereinten Nationen leben in beiden Ländern derzeit mehr als 1,4 Milliarden Menschen. Noch vor Kurzem ging man davon aus, dass Indien China erst später in diesem Jahrzehnt überholen wird. Allerdings sei Chinas Bevölkerung im vergangenen Jahr erstmals seit sechs Jahrzehnten geschrumpft, heißt es in dem aktuellen Weltbevölkerungsbericht. Der Rückgang der Geburtenrate hatte die Entwicklung beschleunigt. Das Bevölkerungswachstum Indiens hingegen dürfte angesichts seiner überwiegend jungen Bevölkerung noch mehrere Jahrzehnte andauern. Chinesinnen haben demnach durchschnittlich 1,18 Kinder, Frauen in Indien zwei. Doch auch in Indien war die Geburtenrate in den vergangenen Jahrzehnten laut Daten der Weltbank gesunken: 1960 betrug sie noch fünf Geburten pro Frau.
    Indien hatte seit 1952 die Menschen dazu aufgerufen, kleine Familien zu haben. Eine klar vorgeschriebene Politik wie Chinas "Ein-Kind-Politik" gab es in dem Land jedoch nie. Die umstrittene Geburtenkontrolle in China wurde von 1979 bis 2016 praktiziert.

    Chinas Kurswechsel in der Familienpolitik

    Nun versucht die chinesische Regierung gegenzusteuern und Familien zu ermutigen, wieder mehr Kinder zu bekommen. Allerdings scheinen hohe Kosten für Wohnraum, Bildung und Gesundheitsversorgung sowie die schwindende Bereitschaft zur Heirat Gründe für den Bevölkerungsschwund zu sein. Nur ein Kind zu haben, ist in China heute die soziale Norm.

    Chinas Gesellschaft wird älter

    So wird in China die Gesellschaft zunehmend älter - wie in westlichen Ländern. Jeder fünfte Chinese ist heute älter als 60 Jahre. In Indien hingegen ist noch die Hälfte der Bevölkerung jünger als 30 Jahre. Indische Politiker haben diese Tatsache immer wieder als "demografische Dividende" bezeichnet, als Booster für die Wirtschaft und als Chance, die Lebensumstände von Millionen zu verbessern. Aber noch gibt es für die vielen Menschen zu wenige Jobs - und die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen gilt als eine der größten Herausforderung für die Regierung von Premierminister Modi.

    Wachsende Weltbevölkerung

    Derzeit leben nach Berechnung der Vereinten Nationen mehr als acht Milliarden Menschen auf der Erde, Tendenz steigend. Die Exekutivdirektorin des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen UNFPA, Kanem, warnte allerdings vor einer Diskussion über zu viel oder zu wenig Menschen auf der Welt. Diese verschleiere die eigentlichen Probleme. Die Bevölkerungsgröße sei nicht der entscheidende Faktor für Umweltzerstörung und Ressourcenverbrauch. Dem Bericht zufolge ist etwa zehn Prozent der Weltbevölkerung für die Hälfte des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Dagegen habe das Konsumverhalten von 5,5 Milliarden Menschen, die unter der Armutsgrenze von zehn Dollar pro Tag lebten, kaum Auswirkungen auf die globale Umweltzerstörung.
    Diese Nachricht wurde am 19.04.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.