" Im Meer verhalten sich die Menschen weniger kontrolliert. Sie glauben, sie dürften alles: Beim illegalen Fischen, beim Handeln mit Korallen oder Schwämmen. Und Antiquitäten sind besonders attraktiv - wenn man so etwas findet, ist es schwer, es einfach liegen zu lassen. "
An Land muss man eben erst den Boden aufgraben, um an Tontöpfe oder ein paar Münzen aus früheren Jahrhunderten zu kommen. Unter Wasser liegen Wracks und ihre Ladung für Taucher praktisch offen da. Ob Amphoren aus einem antiken Handelsschiff oder ein havariertes U-Boot aus dem zweiten Weltkrieg, oft sind die Zeugnisse aus der Vergangenheit nur von einer Schicht Sand oder festgewachsenen Muscheln bedeckt.
Und der Tauchsport liegt im Trend. Tauch-Reviere sind ein wichtiger Faktor im Wettbewerb der Touristenzentren. So wurde in Griechenland vor zwei Jahren ein Gesetz verabschiedet, das Tauchern freien Zugang zu allen Küsten sichert. Andererseits hat das Parlament vor fünf Jahren archäologische Fundstellen unter Wasser unter Schutz gestellt: ein typischer, ungelöster Interessenskonflikt.
Auch die Unesco setzt sich für die Erhaltung des Kulturerbes in Binnenseen und Weltmeeren ein. Aber die entsprechende Schutz-Konvention hat bisher noch kein Land ratifiziert. Dr. Hanz Günter Martin von der Deguwa, der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Unterwasser-Archäologie, kennt die Ursache:
" Dass die Konvention vorsieht, dass die Flaggenstaaten der Schiffe, die unter Wassergrabungen machen, verantwortlich sind. Das würde also heißen, wenn ein amerikanisches Schatzsucherschiff im Mittelmeer Schatzräuberei begeht, wäre Amerika haftbar zu machen, der Staat Amerika. Das ist eine bittere Pille, die nicht jeder schlucken will. "
Die Länder müssen also eigene Lösungen finden. In Portugal hat die konsequente Überwachung der Schutzvorschriften das illegale Schatz-Tauchen praktisch beendet. In Kroatien hat man einige Wracks an der Küste mit riesigen Stahlkäfigen bedeckt: So bleiben sie wenigstens sichtbar - und unter Aufsicht dürfen Sporttaucher auch hinein. Nicht elegant, aber praktisch, meint Peter Winterstein von der Deguwa:
" Das ist eine Möglichkeit. Genauso wie wir durch unsere Zusammenarbeit mit dem Verband Deutscher Sporttaucher und der Kommission für Unterwasserarchäologie in Deutschland auch so Konzepte der Aufklärung und des denkmalgerechten Tauchens entwickelt haben, da wird eine Aufklärung für die Taucher gemacht, wie sie sich zu verhalten haben, wenn sie unter Wasser jetzt auf eine Fundstelle stoßen. "
Neuerdings zieht es Unterwasserarchäologen jedoch in tiefere Gewässer. Die Erkenntnis setzt sich durch, dass man schon in der Antike quer über das Mittelmeer segelte - nicht nur an den Küsten entlang, wie es lange schien. Zur Forschung in der Tiefsee bracht man aber andere Arbeitsmittel: in 40 Metern Tiefe können Taucher gut arbeiten. In 80 Metern können sie noch Fotos von einem Wrack schießen. Aber wo Funde einige hundert Meter unter dem Meeresspiegel liegen, sind spezielle U-Boote nötig. Die Grabräuberei ist dadurch stark eingeschränkt, doch auch für Archäologen ist es schwieriger, eine Ausgrabung in offenen Meer zu finanzieren.
In Griechenland arbeitet die Behörde für Unterwasserarchäologie seit einigen Jahren mit dem Griechischen Zentrum für Meeresforschung zusammen. Kürzlich fand ein Team in 500 Metern Tiefe im Ägäischen Meer ein Wrack - so tief wie nie zuvor: einen Handelssegler aus dem 3. Jahrhundert vor Christus, mit einer Fracht Amphoren beladen. Die Methodik der Meeresforscher hatte sich bewährt.
Für die Suche in der Tiefsee haben die Naturwissenschaftler zwei Geräte aus der Meeresgeologie kombiniert: Das "Seitenbandsonar" sendet akustische Wellen aus, die vom Meeresgrund reflektiert werden, so dass man die Bodenstruktur in der Tiefe erkennen kann. Die Niederfrequenz-Wellen des "Sedimentsonars" dagegen dringen in die unterseeischen Sedimente ein: Geologen erkennen daran den Aufbau der Erdschichten unter dem Meer. Diese Technik hat sich insbesondere bewährt, um ein Wrack von Felsgestein zu unterscheiden, erläutert der Geologe Dr. Dimitris Sakellariou:
" Mit dem Sedimentsonar können wir die Unterseite eines Objekts erkennen und feststellen, ob es bis unter den Meeresboden hinunterreicht. Oder wir messen die Dicke der oberen Sedimentschicht: Wenn wir ein viel versprechendes Objekt sehen, unter dem lose Sedimente liegen, kann es kein Fels sein. "
Ein Felsen würde ja tief in den Boden hineinreichen. Ob das Objekt tatsächlich ein versunkenes Schiff ist oder vielleicht ein zerrissenes Fischernetz, muss man dann per Augenschein klären. Die griechischen Meeresforscher können dafür ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge aussetzen, die mit Kameras ausgerüstet sind. Aber als sie auf 500 Meter Tiefe das antike Wrack entdeckten, ist der Ingenieur Angelos Mallios selbst in ein Tauchboot gestiegen - und hat gleich eine Archäologin mit hinunter genommen:
Ein normaler Archäologe kann mitfahren, er braucht nicht einmal ein Training dafür. Das Boot hat ein großes Glas-Fenster mit einem Blickwinkel von mehr als 280°. Sie können sehen, was unter Ihren Füßen ist, über Ihrem Kopf und hinter Ihnen. Es ist ein unglaubliches Panorama.
In dem kleinen Tauchboot herrscht normaler Luftdruck, erklärt der Konstrukteur. Der Pilot und ein Wissenschaftler haben darin Platz. Sie können Objekte auf dem Meeresboden mit Sand-Saugern freilegen und sie gegebenenfalls mit Greifarmen zur Analyse an die Oberfläche schaffen. Vor allem aber sehen sie den Fund "in situ", direkt vor Ort.
So hat Katerina Dellaporta zwischen Fischen und Krebsen die Schiffsladung Amphoren in Augenschein genommen, die vor rund 2200 Jahren im Meer versunken war. Und die Archäologin war begeistert:
" Zuerst kam es mir vor, als säße ich in einer Waschmaschine, mit all dem Schaum draußen. Aber ein Teil der Unterwasser-Landschaft zu sein, ist fantastisch. "