Dem Ulmer Museum haben wir - seit Mitte der 1990er Jahre - eine ganze Reihe superber Ausstellungen zu verdanken. Die Direktorin Brigitte Reinhardt kümmerte sich dabei vor allem um amerikanische (und weibliche!) Kunst der Nachkriegs-Moderne; besonders ihre Eva-Hesse-Ausstellung, die die als Kind von deutsch-jüdischen Flüchtlingen in den USA aufgewachsene Hesse in Deutschland bekannt machte, ist lange in Erinnerung geblieben.
Dann aber kam der 11.September.2001 - und neben den politischen Verwerfungen, die er auslöste, hatte er auch zunächst unbemerkte, verwaltungstechnische Auswirkungen. Zu ihnen gehörte, dass die Fracht- und Versicherungssummen für Kunstwerke, die über den Atlantik transportiert werden sollten, ins Unermessliche stiegen. Ein eher kleines Haus wie das Ulmer Museum konnte sich viele Extravaganzen nun nicht mehr leisten - mit der unschönen Folge, dass die Ulmer in den überregionalen Feuilletons immer weniger vorkamen.
Es gab zwar im Museum schon seit 1999 die "Stiftungssammlung Kurt Fried", eine exquisite Sammlung moderner Kunst, die einen eigenen, lichtbetonten Anbau an das sowieso schon sympathisch verwinkelte Museum erhielt (das aus vielen verschiedenen, zum Teil noch mittelalterlichen, miteinander verzahnten Gebäuden besteht). Es gab auch, als Quasi-Konkurrenz, das Ulmer Stadthaus auf dem Münsterplatz, das eigene Ausstellungen zur Gegenwartskunst veranstaltet. Aber die Wechselausstellungen, die die publizistische Aufmerksamkeit sichern, die liefen Ulm nun als zweite oder dritte Station an - die Schlagzeilen bekamen also die anderen. Auch die augenblickliche Ulmer Vorzeige-Ausstellung über die amouröse und künstlerische Beziehung zwischen Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely war zuerst in Basel zu sehen. In Ulm ist sie zwar nicht schlechter geworden, aber die Feuilletons diskutieren längst ganz anderes.
Für die Ulmer Museumsleiterin Brigitte Reinhardt heißt das: sich auf die Pflege und den Ausbau der Bestände zu konzentrieren (und die sind beträchtlich!) - und trotzdem möglichst oft eine hochkarätige Ausstellung zur Gegenwartskunst zu veranstalten. Man kann in Ulm also wunderbare Dinge sehen, und in dieser Breite ist das für eine mittlere Großstadt absolut ungewöhnlich: von der Archäologie bis zur klassischen Moderne der 50iger, 60iger, 70iger Jahre, also der Sammlung Fried, ist Ulm ein Lernfeld für jeden Kunstbegeisterten. Man kann hier den prähistorischen "Löwenmenschen" erkunden, die älteste erhaltene Mensch-Tier-Skulptur überhaupt; es gibt eine hochkarätige Sammlung spätmittelalterlicher Kunst mit zahlreichen Steinskulpturen, aus denen die des Ulmer Bildhauers Hans Multscher herausragen - Multscher suchte, jenseits vorgegebener Bildprogramme, die Individualität, und die Figur seines "lächelnden Knappen" ist eine der ersten nördlich der Alpen, die einen starken Gefühlsausdruck zeigt.
Von dort geht man weiter zur "Wunderkammer" des Ulmer Kaufmanns Christoph Weickmann aus dem 17.Jahrhundert, die einige der ältesten erhaltenen Kunst-Objekte aus Schwarzafrika beherbergt. Es gibt eine eigene Abteilung für die Zünfte und die Stadtgeschichte, sogar für Spielzeug - und seit neuestem auch eine für die 1968 geschlossene Ulmer "Hochschule für Gestaltung", die von der Küchenuhr bis zum Plattenspieler-Design, von ihrer Farbenlehre bis zu ihrer Architektur-Philosophie ausführlich und interaktiv-multimedial vorgestellt wird. Das HfG-Archiv gehört übrigens zum Museum. Und im Untergeschoß zeigt man neueste Funde zur Stadtarchäologie - gleich neben dem Museum wurde die letzten vier Jahre nämlich gebuddelt, um eine achtspurige Verkehrsachse mit einem neuen Kunsthaus zu bebauen, der privaten "Kunsthalle Weishaupt". Was man dabei unterirdisch fand, hat man gleich ausgestellt; und das kubische Weishaupt-Museum mit seinem Schwerpunkt auf Pop-Art, Farbfeldmalerei und konkreter Kunst ist durch einen Steg mit dem Ulmer Museum verbunden.
Der Sammler Siegfried Weishaupt will zunächst nur Ausstellungen aus eigenen Beständen zusammenstellen. Aber es deutet sich an, dass Brigitte Reinhardt im Haupthaus jene Themen weiterspinnen wird, die Weishaupt nebenan aufmacht - und dass umgekehrt Weishaupt die Anregungen aufnimmt, die die ausstellungspolitisch weitaus erfahreneren Ulmer Museumsleute zu bieten haben. Wenn, ja wenn diese Zusammenarbeit fruchtbar wird, dann könnte dieses kompakte Ulmer Museumszentrum wieder zu der Wunderkammer werden, die es vor dem 11. September einmal war.
Dann aber kam der 11.September.2001 - und neben den politischen Verwerfungen, die er auslöste, hatte er auch zunächst unbemerkte, verwaltungstechnische Auswirkungen. Zu ihnen gehörte, dass die Fracht- und Versicherungssummen für Kunstwerke, die über den Atlantik transportiert werden sollten, ins Unermessliche stiegen. Ein eher kleines Haus wie das Ulmer Museum konnte sich viele Extravaganzen nun nicht mehr leisten - mit der unschönen Folge, dass die Ulmer in den überregionalen Feuilletons immer weniger vorkamen.
Es gab zwar im Museum schon seit 1999 die "Stiftungssammlung Kurt Fried", eine exquisite Sammlung moderner Kunst, die einen eigenen, lichtbetonten Anbau an das sowieso schon sympathisch verwinkelte Museum erhielt (das aus vielen verschiedenen, zum Teil noch mittelalterlichen, miteinander verzahnten Gebäuden besteht). Es gab auch, als Quasi-Konkurrenz, das Ulmer Stadthaus auf dem Münsterplatz, das eigene Ausstellungen zur Gegenwartskunst veranstaltet. Aber die Wechselausstellungen, die die publizistische Aufmerksamkeit sichern, die liefen Ulm nun als zweite oder dritte Station an - die Schlagzeilen bekamen also die anderen. Auch die augenblickliche Ulmer Vorzeige-Ausstellung über die amouröse und künstlerische Beziehung zwischen Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely war zuerst in Basel zu sehen. In Ulm ist sie zwar nicht schlechter geworden, aber die Feuilletons diskutieren längst ganz anderes.
Für die Ulmer Museumsleiterin Brigitte Reinhardt heißt das: sich auf die Pflege und den Ausbau der Bestände zu konzentrieren (und die sind beträchtlich!) - und trotzdem möglichst oft eine hochkarätige Ausstellung zur Gegenwartskunst zu veranstalten. Man kann in Ulm also wunderbare Dinge sehen, und in dieser Breite ist das für eine mittlere Großstadt absolut ungewöhnlich: von der Archäologie bis zur klassischen Moderne der 50iger, 60iger, 70iger Jahre, also der Sammlung Fried, ist Ulm ein Lernfeld für jeden Kunstbegeisterten. Man kann hier den prähistorischen "Löwenmenschen" erkunden, die älteste erhaltene Mensch-Tier-Skulptur überhaupt; es gibt eine hochkarätige Sammlung spätmittelalterlicher Kunst mit zahlreichen Steinskulpturen, aus denen die des Ulmer Bildhauers Hans Multscher herausragen - Multscher suchte, jenseits vorgegebener Bildprogramme, die Individualität, und die Figur seines "lächelnden Knappen" ist eine der ersten nördlich der Alpen, die einen starken Gefühlsausdruck zeigt.
Von dort geht man weiter zur "Wunderkammer" des Ulmer Kaufmanns Christoph Weickmann aus dem 17.Jahrhundert, die einige der ältesten erhaltenen Kunst-Objekte aus Schwarzafrika beherbergt. Es gibt eine eigene Abteilung für die Zünfte und die Stadtgeschichte, sogar für Spielzeug - und seit neuestem auch eine für die 1968 geschlossene Ulmer "Hochschule für Gestaltung", die von der Küchenuhr bis zum Plattenspieler-Design, von ihrer Farbenlehre bis zu ihrer Architektur-Philosophie ausführlich und interaktiv-multimedial vorgestellt wird. Das HfG-Archiv gehört übrigens zum Museum. Und im Untergeschoß zeigt man neueste Funde zur Stadtarchäologie - gleich neben dem Museum wurde die letzten vier Jahre nämlich gebuddelt, um eine achtspurige Verkehrsachse mit einem neuen Kunsthaus zu bebauen, der privaten "Kunsthalle Weishaupt". Was man dabei unterirdisch fand, hat man gleich ausgestellt; und das kubische Weishaupt-Museum mit seinem Schwerpunkt auf Pop-Art, Farbfeldmalerei und konkreter Kunst ist durch einen Steg mit dem Ulmer Museum verbunden.
Der Sammler Siegfried Weishaupt will zunächst nur Ausstellungen aus eigenen Beständen zusammenstellen. Aber es deutet sich an, dass Brigitte Reinhardt im Haupthaus jene Themen weiterspinnen wird, die Weishaupt nebenan aufmacht - und dass umgekehrt Weishaupt die Anregungen aufnimmt, die die ausstellungspolitisch weitaus erfahreneren Ulmer Museumsleute zu bieten haben. Wenn, ja wenn diese Zusammenarbeit fruchtbar wird, dann könnte dieses kompakte Ulmer Museumszentrum wieder zu der Wunderkammer werden, die es vor dem 11. September einmal war.